Mittwoch, 24. April 2024

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Welcher Forscher bekommt was?

Die Mitgliederversammlung der Deutschen Forschungsgemeinschaft gibt sich gerne vornehm zurückhaltend. Angesichts des Gerangels um die deutschen Elite-Hochschulen ist das jetzt vorbei. Erstmals hat man öffentlich Kritik an der Vertagung des Thema Finanzierung von Spitzenforschung geäußert. Die deutschen Forscher sind nicht mehr gewillt, sich zwischen Bund und Ländern zerreiben zu lassen.

Live-Schaltung mit Armin Himmelrath | 08.07.2004
    Honecker: Armin Himmelrath bei der heutigen Jahrespresskonferenz der DFG. Die Kritik wurde gestern bereits geäußert, was gab es heute noch zu hören?

    Himmelrath: Das Nachbeben dieser Kritik war heute noch zu spüren. Für die altwürdige Forschungsgemeinschaft ist es ein Novum, dass sich die Mitgliederversammlung so massiv in politische Diskussionsprozesse einmischt. Als Verteidiger der deutschen Hochschulen trat DFG-Präsident Winnacker auf. Er kommentierte die Verschiebung des Elite-Programms.

    Winnacker: Ich bedauere das ganz außerordentlich, hat sich die DFG doch von Anfang an für dieses Programm eingesetzt. Für die Universitäten muss unserer Ansicht nach dringend etwas gemacht werden. Nehmen Sie nur die Situation der Berliner Universitäten: In einem Kraftakt sondergleichen mussten sie zum 30. Juni Strukturpläne vorlegen, die den Verlust von insgesamt 128 Professuren, knapp 1000 Arbeitsplätzen und 130 Millionen Euro vorsehen.

    Himmelrath: Bundesweit summieren sich die Fehlbeträge auf rund drei Milliarden Euro pro Jahr. Damit kann man natürlich keine Elite entstehen lassen. Deshalb das massive Plädoyer für ein schnelles Förderprogramm in Sachen Elite.

    Honecker: Wir haben am Montag darüber berichtet. Im Rahmen der Bund-Länder-Kommission wollten sich eigentlich Bund und Länder darauf einigen, wie dieses Spitzenförderprogramm abgewickelt werden kann. 1,9 Milliarden Euro soll es ja mehr geben. Aber man hat sich auf Anfang November vertagt. Wie sieht die DFG den neuen Zeitplan?

    Himmelrath: Die DFG sagt ganz klar, Anfang November, wenn die Bund-Länder-Kommission ist der letztmögliche Zeitpunkt, der überhaupt noch denkbar ist, wenn die Förderung 2006 anlaufen soll. Da hat die DFG heute einen überraschenden Vorschlag gemacht. Sie hat gesagt: Wir machen das, wir wickeln dieses Verfahren ab.

    Winnacker: Wir haben uns in den Gesprächen mit Vertretern von Bund und Ländern dazu bereit erklärt, unseren Gremien die Durchführung des gesamten Förderprogramms zu empfehlen. Die Anträge sollen bei der DFG eingehen, begutachtet werden, im Rahmen einer Bewertung entscheidungsreif gemacht werden.

    Himmelrath: Da bringt sich jemand ganz massiv in Stellung. Aber das bringt natürlich auch Tempo in die Debatte. Nach dem Motto: Die Förderstrukturen sind vorhanden heißt das, wir können entscheiden, wohin das Geld verteilt werden soll. Die andere Seite ist allerdings, die Bundesländer, die diese gemeinsame Regelung bisher blockieren, werden sagen, wenn die DFG das macht, dann haben wir gar nicht den Zeitdruck, der bisher bestand. Von daher könnte dieser Vorstoß der DFG auch kontraproduktiv wirken.

    Honecker: Es geht natürlich heute auch um die grundsätzliche Frage, wie es mit der Finanzierung der deutschen Forschung bestellt ist?

    Himmelrath: 1,3 Milliarden Euro verteilt die DFG dieses Jahr an die deutschen Forscher. Es gibt noch einmal ein großes Paket, das wird von der Max-Planck-Gesellschaft verteilt, das sind knapp eine Milliarde Euro. Der Bund hat beiden Organisationen zugesagt, dass im nächsten Jahr der Etat um drei Prozent steigen wird. Darüber sind die sehr froh. Das bedeutet zweierlei: Einmal, dass die DFG ihre Bewilligungsquote halbwegs halten kann - die liegt bei bisher etwa 36 Prozent. Auf der anderen Seite steigen natürlich auch die beantragten Summen jedes Jahr. Deshalb ist die drei-Prozent-Regel das Minimum, was die DFG braucht, um mithalten zu können. Ein zweiter negativer Aspekt ist, es gibt ja die EU-Absicht, in Europa etwa drei Prozent des Bruttoinlandprodukts für Forschung auszugeben. Und das ist mit solch einer Erhöhung wie jetzt vereinbart wurde, nicht zu erreichen.