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Wellenkraftwerk "Oyster"
Effizienter Schwappen

Das Wellenkraftwerk "Oyster" war 2009 das erste, das Strom ins Netz einspeiste. Es funktioniert wie eine riesige geöffnete Muschel mit einem simplen, aber effizienten Mechanismus. Mithilfe eines neuen, in Aachen entwickelten Getriebes soll es nun noch effizienter werden.

Von Haluka Maier-Borst | 18.05.2015
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    Die Kraft der Wellen nutzen: Aachener Forscher arbeiten an einer Verbesserung des Wellenkraftwerks Oyster. (dpa picture alliance/ Christof Martin)
    Ein neuer Tag beginnt in einer Werkshalle der RWTH Aachen. Mehrere Maschinen vom Ausmaß ganzer Wohnungen finden hier Platz. Eines dieser Ungetüme gehört zum Projekt von Dominik Dießel und soll für das Meer gewappnet sein. Der Ingenieur baut nämlich mit am Wellenkraftwerk "Oyster" vor der schottischen Küste.
    Das Wellenkraftwerk Oyster ging schon 2009 in Betrieb und funktioniert wie eine riesige, geöffnete Muschel. Trifft die Welle auf die Muschel, bewegt sich dadurch die "Converter" genannte Muschelklappe und erzeugt Strom.
    Ein simpler und doch effektiver Mechanismus, der Oyster zum weltweit ersten Wellenkraftwerk machte, das Strom ins Netz einspeiste. Doch die Betreiber wollen die Anlage nun verbessern. Und so haben sie Dominic Dießel einen einfachen Auftrag gegeben: Öl statt Wasser soll durch das Hydraulikgetriebe, das Herz der Anlage gepumpt werden. Denn die Wartung des derzeitigen Systems ist kompliziert.
    "Das bisherige System bei der Oyster sieht so aus, dass eine Leitung von der Oyster, von deren Zylinder an Land geführt wird, um dort mithilfe einer Pelton-Turbine Generatoren anzutreiben. Dabei wird ein wasserhydraulisches System genutzt und das hat insgesamt ein paar Nachteile, die Leitung muss sehr groß sein und die Leitung ist sehr, sehr lang und muss extra durch den Erdboden gebohrt werden."
    Nach dem Umbau: 15 Prozent mehr Energie
    Geht einmal etwas kaputt, erschwert diese komplizierte Struktur die Reparatur. Öl-Hydraulikgetriebe dagegen können wesentlich kleiner und einfacher ausfallen. Das Modell, das Dießel plant, soll am Ende ein kompakter Kasten sein, der sich leicht am Wellenkraftwerk an- und abmontieren lässt. Und die verwendeten Bauteile sollen möglichst von der Stange kommen.
    "Man kann es so einrichten, dass man dann nur noch Standardkomponenten benutzt, die tausendfach, millionenfach genutzt werden in Baggern und Industriehydraulikanlagen und dementsprechend sehr erprobt sind."
    Dass die ganze Anlage einfacher und kompakter ist, hilft jedoch nicht nur bei Reparaturen. Auch für die Strömungsverhältnisse unterhalb der Wasseroberfläche ist das wichtig. Ist das Getriebe zu groß, dämpft es die Wellen ab, noch bevor sie am Converter des Kraftwerks, also der Muschelklappe ankommen. Die Folge ist, dass das Kraftwerk weniger Energie aus der Welle holt.
    Weil das neue Getriebemodell kleiner ist und weniger stört, soll das Kraftwerk nach dem Umbau bis zu 15 Prozent mehr Energie gewinnen. Bis es aber so weit ist, muss sich das neue Getriebe einigen Tests unterziehen.
    "Wir drehen jetzt gerade mit den Hydromotoren den Generator an, dass er dann bei 1.500 Umdrehungen läuft. Und das ist die Geschwindigkeit, die nötig ist, um dann den Generator mit dem elektrischen Netz zu verbinden."
    Für diese Tests braucht es einen Prüfstand, der ein kastenförmiges Ungetüm ist. 17 Tonnen schwer und in etwa so groß wie eine Zwei-Zimmer-Wohnung.
    Mit seiner Hilfe schaut Dominic Dießel, ob die Ölhydraulik auch dann noch funktioniert, wenn die Wellen förmlich gegen die Anlage donnern.
    Die ersten Ergebnisse der Prüftests sollen Mitte des Jahres feststehen. Und verläuft alles nach Plan, könnte für Dießel das Projekt mit einer Reise nach Schottland enden:
    "Wenn das System dann tatsächlich in Betrieb genommen wird - im Meer - wäre ich natürlich schon gerne dabei."