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Welt-Innovationsindex
China ist längst keine Copycat mehr

Immer wieder wird China vorgeworfen, bereits vorhandene Ideen zu kopieren. Aber vor allem im Vergleich zu anderen Entwicklungsländern holt das Land bei Innovationen schnell auf. Das zeigt ein Index, erhoben von einer UN-Organisation für geistiges Eigentum.

Von Hans-Jürgen Maurus | 15.06.2017
    Chinesische Näherinnen in einer Textilfabrik in China
    Die Kopiernation China verbessert ihre Innovationspolitik. (picture alliance/dpa/Imaginechina, Xie Zhengyi)
    Im neusten Bericht der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO) über die innovativsten Länder der Welt heißt es einmal mehr: Die Volksrepublik China ist auf dem Vormarsch, bestätigt WIPO-Experte Sacha Wunsch: "China ist letztes Jahr in die Top 25 reingerutscht. Die anderen nächstgelegenen Entwicklungsländer sind 40, 50, 60 oder 70 im Ranking - das heißt, wir haben es mit einem Quantensprung zu tun und dieses Jahr noch einmal verstärkt, von Platz 25 auf 22."
    Doch wie ist der Quantensprung der Chinesen zu erklären - ist China auf dem Weg von einer Kopiernation zum Hightech-Staat? "Das Kopieren, oder wie wir Ökonomen es nennen, der Technologietransfer, hat China auch besonders stark geholfen bei diesem Fortschritt. Und kopieren ist hier nicht etwas Schlechtes, sondern alle anderen Länder inklusive Deutschland zu einem früheren Zeitpunkt lernen von anderen Ländern. Was der zweite wichtige Punkt für China ist: dass die Regierung und der Privatsektor dieses Ziel nun stetig seit gut zehn Jahren verfolgen. Diese Stetigkeit in der Innovationspolitik vermissen wir in vielen anderen Ländern."
    Deutschland unter den Top Ten
    Und wer sind die Topnationen im Weltinnovationsbericht 2017? Der Spitzenreiter hält Platz eins seit sieben Jahren: "Nummer eins ist die Schweiz, gefolgt von Schweden, den Niederlanden, den USA und Großbritannien. Was ebenfalls nennenswert ist, dass Deutschland dieses Jahr auf Platz neun vorgerückt ist, also somit stabil in den Top zehn. Und was auch relativ interessant ist, ist, dass in den Top zehn sieben Europäer sind."
    Deutschland verbessert sich also, doch wo gibt es noch Schwächen? WIPO-Autor Sacha Wunsch nennt zwei Faktoren: "Der eine ist ein klassisches 'Reiches-Land-Problem'. Wir haben zu wenig Investitionen für die Zukunft. Wenn ich einen noch wichtigen Punkt nennen darf: Wie kann man in Deutschland die zunehmend bessere Unternehmensgründungskultur endlich ummünzen in tatsächliche Resultate? Also wir haben jetzt das Klima in Deutschland endlich da, insbesondere in Berlin und anderen Ländern, wo Unternehmensgründungen passieren, aber die werden nicht genügend unterstützt. Es fehlt immer noch Zugang zu Wagniskapital, was länger geht als ein bis zwei Jahre. Da muss jetzt was passieren und dann wird Deutschland auch in die Top fünf vorstoßen in den nächsten Jahren."
    Für Innovation gibt es viele Indikatoren
    Doch wie wird Innovation eigentlich gemessen? Im WIPO sind 81 Variablen enthalten: "Innovation sollte man unseres Erachtens nicht mit einer Variablen messen, zum Beispiel nur Forschung und Entwicklungsausgaben. Um Innovation zu betreiben, bedarf es vieler Indikatoren. Das geht von einer guten Schulausbildung über die notwendige Präsenz von Forschern, aber auch hin, was wir 'Outputs' nennen. Also das, was rauskommt aus Innovationen, also Patente, neue Unternehmensgründungen und neue Produkte."
    Die WIPO hat neben China auch bereits Indien im Visier. Indien liegt zwar derzeit auf Rang 60, doch die Regierung in Neu Delhi unternimmt erhebliche Anstrengungen, im Bereich Innovation einen neuen strategischen Ansatz zu finden.