Donnerstag, 28. März 2024

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Welten und Gegenwelten

Ihre Biografien sind wenig bekannt und trotzdem haben sie ihren festen Platz in der Kunst. Sie stehen für unterschiedliche Epochen, für den unterschiedlichen Umgang mit der Kunst und für das unterschiedliche Leben mit ihr: die Malerinnen Angelika Kauffmann und Gabriele Münter sowie die Goldschmiedin Sonja Mataré. Drei eindrucksvolle Persönlichkeiten abseits des Rampenlichts.

Von Berit Hempel | 04.04.2015
    Die Kustodin Bettina Werche (M) erläutert am 29.04.2014 im Römischen Haus in Weimar (Thüringen) Details zum Porträt der Herzogin Anna Amalia (1739-1807), das vom 30. April an wieder hier zu sehen ist. Das Gemälde von Angelika Kauffmann (1741-1807) galt jahrzehntelang als verschollen und kehrte 2013 nach Weimar zurück. Das Bildnis von 1788/89 gehörte 1797 zur ersten Ausstattung des Römischen Hauses im Park an der Ilm.
    Das Portät der Herzogin Anna Amalia (1739-1807) von Angelika Kauffmann (1741-1807), galt jahrzehntelang als verschollen und kehrte 2013 nach Weimar zurück. (picture-alliance / dpa / Michael Reichel)
    GABRIELE MÜNTER
    Die Malerin bei Youtube
    Isabelle Jansen, Kuratorin und Geschäftsführerin der Gabriele Münter- und Johannes Eichner Stiftung.
    Eine ausführliche Linkliste und weiterführende Informationen finden Sie bei: FemBiographie: Gabriele Münter und bei Wikipedia
    Isabelle Jansen möchte einen von Bayerns Schätzen bewahren: Isabelle Jansen erstellt in mühsamer Detektivarbeit das Gesamtverzeichnis der Gemälde von Gabriele Münter. Weiterlesen
    Auszüge aus dem Manuskript der Langen Nacht:
    Bis zum Ersten Weltkrieg hin wird Gabriele Münter immer wieder fotografieren.
    Doch die Malerei steht im Vordergrund und Gabriele Münter möchte lernen:
    Zitat Gabriele Münter: "Ich war schon 24 Jahre, als ich nach München kam und in der Schule des Künstlerinnen-Vereins (da die Akademie den Frauen noch verschlossen war) regelrecht zu arbeiten begann. In der modernen "Phalanxschule" wurde ein Jahr später Kandinsky mein Lehrer, der es bald aufgab mir etwas beibringen zu wollen, da ich - wie er sagte -alles von Natur hatte."
    Zitat Wassily Kandinsky: "Du bist hoffnungslos als Schüler. Man kann Dir nichts beibringen. Alles was ich für Dich tun kann, ist Dein Talent zu hüten und zu pflegen, als guter Gärtner, nichts Falsches dazu kommen zu lassen - Du kannst nur das machen, was in Dir gewachsen ist."
    Da war dann ein neues künstlerisches Erlebnis, wie Kandinsky, ganz anders als die anderen Lehrer -eingehend, gründlich erklärte und mich ansah, wie einen bewusst strebenden Menschen, der sich Aufgaben und Ziele stecken kann. Das war mir neu und machte Eindruck.
    ISABELLE JANSEN: "Kandinsky hat von Anfang an die Begabung von Münter erkannt und gefördert. Das hat sie immer sehr geschätzt, dass er sie als gleichwertige Künstlerin gesehen hat. Und das war für sie auch ein neues Erlebnis als sie in die Malklasse von Kandinsky kam, also vorher die Lehrer, das waren diese klassischen Lehrer-Schüler-Verhältnisse und bei Kandinsky, das war sofort ganz anders. Und sie hatte wirklich den Eindruck, dass sie da viel lernen konnte."
    Auch privat kamen sich die 25-jährige Frau und der elf Jahre ältere Mann bald näher:
    Kandinsky radelt gerne mit mir in die Gegend. Wir versuchten mal gegenseitig die Lenkstange zu umfassen und plumpsten hin - und standen wieder auf. Es hatte nichts gemacht. Einmal machte die ganze Gesellschaft einen Ausflug an den Walchensee. Die Natur wirkte lösend auf mich, auf dem Rückweg tanzte und sang ich auf der Landstraße und merkte, dass das Kandinsky Eindruck machte, und benahm mich wieder zivil und ruhig.
    ISABELLE JANSEN: "Sie waren inoffiziell verlobt. Kandinsky hat mit seiner Phalanxklasse immer, haben sie Ausflüge gemacht. Im Sommer waren sie immer ein paar Wochen unterwegs und da haben sie sich verlobt. Also schon 1903, Kandinsky und Münter haben sich in Kallmütz verlobt. War schwierig, weil Kandinsky mit seiner Cousine verheiratet war. Sie sind zusammen 1896 nach München gekommen und das war natürlich, als diese Beziehung zwischen Kandinsky und Münter anfing. Auch diese Anziehung, das war sehr schwierig für Kandinsky, für Kandinsky und Münter natürlich auch. Deshalb sind sie auf Reisen gegangen auch, 1904, sie fahren nach Holland und sie fahren nach Tunesien und diese Reisen dauern bis 1908, wo sie sich dann entscheiden, sesshaft zu werden. Kandinsky hat diese ganzen Jahre gebraucht vielleicht, um Abstand zu nehmen von seiner Frau und später hat Münter auch geschrieben, dass eigentlich diese Ehe zwischen Kandinsky und seiner Cousine eher eine Vernunftsehe gewesen ist. Das soll nie die große Liebe gewesen sein und die Anja soll gesagt haben, wenn Du die richtige Frau triffst, dann Du bekommst deine Freiheit wieder."
    ISABELLE JANSEN: "Das waren zwei sehr unterschiedliche Persönlichkeiten, zwei starke Persönlichkeiten. Kandinsky war der Theoretiker und er war elf Jahre älter als Münter, als sie sich getroffen haben, standen aber ziemlich am Anfang ihrer malerischen Laufbahn. Das haben sie gemeinsam am Anfang."
    Stefanie Schröder
    Gabriele Münter
    Im Bann des Blauen Reiters.
    Romanbiografie.
    2014 Herder, Freiburg
    Er ist ihr Lehrer, sie seine Schülerin: Zu Beginn des 20. Jahrhunderts treffen die junge Gabriele Münter und Wassily Kandinsky in München aufeinander. Sie wird seine Geliebte, seine Gefährtin, seine Muse, sie ist an seiner Seite, als er 1911 zusammen mit Franz Marc die Künstlervereinigung "Der Blaue Reiter" gründet. Fünfzehn Jahre bleibt sie bei ihm - gegen den Willen ihrer Familie, die ihr Zusammenleben mit dem verheirateten Künstler nicht billigt. Während des Ersten Weltkriegs kehrt Kandinsky nach Russland zurück - und heiratet dort eine andere. Es wird lange dauern, bis Gabriele Münter darüber hinwegkommt. Erst 1927 kann sie wieder richtig malen. Eine faszinierende Biografie, das Porträt einer Frau im Zwiespalt zwischen Selbstverwirklichung und Konvention.
    Karoline Hille
    Gabriele Münter
    Die Künstlerin mit der Zauberhand.
    2012 DuMont Buchverlag
    Was war das für eine Frau, die um 1900 mit der Kamera das ferne Amerika bereiste und als eine der ersten Künstlerinnen die Fotografie in den Werkprozess mit einbezog? In jungen Jahren war sie aufgebrochen in eine Männerdomäne, war ein "Malweib" geworden und hatte mit einem verheirateten Mann zusammengelebt. Gabriele Münter (1877-1962), Malerin, Zeichnerin, Grafikerin und Fotografin, zählt zu den Pionierinnen der frühen Moderne. Die Künstlerin hat um 1908 in Murnau die expressive Malerei maßgeblich mitentwickelt, war Mitbegründerin der Neuen Künstlervereinigung München und des Blauen Reiter. In Skandinavien feierte sie ab 1916 mit kühlen "großstädtischen" Gemälden Erfolge und schuf in den 1920er Jahren einzigartige Porträtzeichnungen. Das Spätwerk ist gekennzeichnet von einem kühnen Expressionismus und abstrakten Impressionen. 1955 nahm sie als eine von wenigen Frauen an der ersten documenta teil. Das vielgestaltige Oeuvre von Gabriele Münter basiert auf der Linie als unverwechselbarer Ausdrucksform. Sie war die Künstlerin mit der "Zauberhand". Der reich bebilderte Band würdigt dieses Künstlerinnenleben. Eine der bekanntesten deutschen Künstlerinnen Die bewegende Lebensgeschichte einer Malerin Zum 50. Todesjahr 2012
    Gisela Kleine
    Gabriele Münter und Wassily Kandinsky
    Biografie eines Paares.
    1994 Insel Verlag
    Die Begegnung der weltoffenen, jungen Malerin mit dem durch slawische Empfindungstiefe und östliche Religiosität belasteten Russen vollzog sich vor dem Hintergrund der Münchner Kunstszene um die Jahrhundertwende. Hier stieß Kandinsky im Verlauf seiner spannungsreichen "Gewissensehe" mit Münter zur gegenstandslosen Kunst vor, während seine eigenwillige Partnerin im Kreis des "Blauen Reiter" ihre Formensprache beibehielt. Das Buch bezeugt die autobiografische Verankerung der Bilder und schlägt einen Bogen vom Jugendstil bis zur heutigen Hochschätzung der Klassischen Moderne.
    Gabriele Münter 2016
    Kalender
    2015 Weingarten
    Gabriele Münter gehörte zum Kreis der Künstler des Blauen Reiter, der zwischen 1909 und 1913 in München und Murnau aktiv war. Ihre farbenfrohen Bilder begeistern in den letzten Jahren eine zunehmende Zahl von Kunstfreunden.
    SONJA MATARÉ
    Auszug aus dem Manuskript der Langen Nacht:
    Sonja Mataré, Goldschmiedin, Tochter und Nachlassverwalterin des Bildhauers Ewald Mataré, geboren 1929. Sie hütet das Werk ihres Vaters und lebt an einem quasi öffentlichen Ort, neben dem Atelier ihres Vaters, in dem die Jacke noch so an dem Haken hängt, als käme er jeden Moment zurück.
    Der Ort: Das Atelier von Ewald Mataré, der 1965 starb, und das immer noch existiert.
    SONJA MATARÉ: "Ich bin immer furchtbar gerne hier. Das ist wunderschön. Es ist immer, nach all den Jahrzehnten trotzdem noch immer eine besondere Wärme strahlt das für mich aus. Eine Geborgenheit kann man fast sagen, jaja. Das ist seine Jacke noch LACHT. Die muss da einfach hängen. Die tut es noch. - Haben sie die noch mal angehabt? - Ich? Nein, das kommt nicht in Frage!"
    Der Auslöser der Geschichte: Ewald Mataré. Kunstprofessor, Lehrer von Joseph Beuys, Bildhauer, Zeichner und Aquarellist der Klassischen Moderne. Seine liebsten Motive: Tiere, insbesondere Kühe und Pferde.
    Zitat Ewald Mataré: Ich möchte die Natur so lange kneten und biegen und pressen, bis sie ganz darin verschwunden ist.
    Ein altes Haus in Büderich, unterhalb einer Einflugschneise, mit verwunschenem, gepflegten Garten, Holzzaun drumherum und einem großen hellen Atelierraum, der fast noch so ist wie zu Lebzeiten von Ewald Mataré, anfangs gemeinsam gehütet von Mutter und Tochter, später nur noch von Sonja Mataré:
    SONJA MATARÉ: "Natürlich ist nicht alles so, wie es war, denn wir mussten Schränke haben, wo wir Sachen ordnen. Natürlich gab es nie so einen Bücherschrank hier. Aber so ist es mehr oder weniger wie Vater es zurückgelassen hat. Dieser alte Tisch mit dem all drauf. Wissen Sie, man muss ja auch räumen, man kann das ja gar nicht alles so lassen. Mein Vater wollte das auch gar nicht. Das ist seine Hobelbank, die er als Zwölfjähriger von seiner Mutter bekam. Als mein Vater starb, da war das hier. Das steht noch genauso wie er es hinterlassen hat. Nur dass es in Ton war und wir haben es gießen lassen. Und das war so der erste Entwurf. Und da er meistens kurz vor dem vollendeten Entwurf meine Mutter holte und sagte, komm doch mal gucken. Deswegen wussten wir, als er gestorben war, was er gemeint hatte."
    Ewald Mataré wird 1932 an die Düsseldorfer Kunstakademie berufen. Mutter Hanna und Tochter Sonja, gerade drei Jahre alt, folgen ihm in den Ortsteil Büderich.
    SONJA MATARÉ: "Dann fand meine Mutter dieses Gebäude. Das war ein leer stehendes großes Gebäude, eine ehemalige Schnaps- oder Essigbrennerei von dem Bauern nebenan, stand leer. Und meine Mutter hat ihn drauf aufmerksam gemacht und das gehörte noch einem Architekten oder Bauunternehmer in Düsseldorf und dann konnten wir das mieten und dann hat Vater ganz glücklich hier ein bisschen die Fenster verändert. und Vater hat hier gearbeitet. Aber dieses Gebäude hat so viele verschiedene Benutzungen schon gehabt, das kann man so schnell gar nicht alles aufzählen."
    Sieben Monate nach der Berufung an die Kunstakademie schmeißen die Nationalsozialisten Ewald Mataré schon wieder raus.
    SONJA MATARÉ: "Er wurde dann ja wieder entlassen von der Akademie und war dann aber glücklich dann eben hier diese Arbeitsmöglichkeit zu haben."
    Ewald Mataré arbeitet wieder als freier Künstler - so gut es geht.
    Die Tochter Sonja geht in die Lehre:
    SONJA MATARÉ: "Meine Eltern hatten ja vor, mir vorzuschlagen, dass ich Goldschmiedin werden würde, das wäre für mich gut. Ich habe immer viel mit so kleinen Sachen gearbeitet. Und da kam ich auf die Kunstschule in Krefeld, die damals Meisterschule des deutschen Handwerks hieß, weil man da auch seine Meisterprüfung machen konnte. Und da bin ich nach ¾ Jahren, nach zwei Semestern, war dann der Pfingstangriff, der Krefeld ganz zerstörte."
    Der Krieg wütet. Die Schule von Sonja wird zerstört, sie reist an den Chiemsee, um bei einer der Goldschmiedin Sigrid Keetmann in die Lehre zu gehen.
    Der Vater wappnet sich indessen für den Notfall und notiert am 15. Juli 1943 in sein Tagebuch:
    Zitat Ewald Mataré: Zu Hause habe ich einen großen Teil meiner Arbeiten in Kisten unter dem Atelier befindlichen öffentlichen Luftschutzkeller gebracht, um sie bei einem eventuellen Brand meines Arbeitsraumes, mit dem ja jede Nacht zu rechnen ist, wenigstens vor Feuer geschützt sind, dort unter aber, jeden Tag und Nacht zugänglich vor Diebstahl keineswegs sicher sind. Aber dann ist mir Stehlen noch lieber als verbrennen.
    Ein paar Flaschen Cognac und etwas Silber (Essbesteck) habe ich im Garten vergraben.
    Hanna und Sonja fuhren über Wiesbaden mit mir auf dem Wege nach dem Chiemsee zu Frau Keetmann, die Goldschmiedin ist, und so vielleicht für Sonjas weitere Ausbildung infrage kommt, als ja in Krefeld Sonjas Schule vernichtet ist.
    Sonja Mataré hat Glück, Sigrid Keetmann nimmt die junge Frau in die Lehre.
    Deutsche Nationalbibliothek: Sonja Mataré
    Ewald Mataré
    Aquarelle.
    Hrsg.: Freundeskreis Museum Kurhaus und Koekkoek-Haus Kleve e. V.
    2015 Wienand Verlag
    In erster Linie als Bildhauer bekannt, entwickelte Ewald Mataré (1887 1965) seine Skulpturen aus der intensiven Auseinandersetzung mit dem Material, dessen Eigenschaften und Widerstand Stimuli seines plastischen Schaffensprozesses waren. Ganz anders das Aquarell, dem in Matarés facettenreichem Oeuvre eine besondere Bedeutung zukommt. Hier steht neben wenigen Tierdarstellungen und Porträts vor allem die Landschaft im Mittelpunkt, erfasst in verhaltenem Kolorit mit leichter, transparenter Farbigkeit. Das vorliegende Werkverzeichnis vereint nahezu 300 Blätter in einem eindrucksvollen Band. Neben dem großzügigen Bildteil, einer umfassenden Biografie sowie zahlreichen Tagebuchauszügen wird das Standardwerk durch ein Kapitel über Matarés Künstlerpostkarten ergänzt. Der Band schließt eine große Lücke in der Erforschung des Mataréschen Gesamtwerks.
    Ewald Mataré
    Die Berliner Jahre. Katalog zur Ausstellung im Kurhaus Kleve, 2015.
    Hrsg.: Ewald Mataré-Sammlung, Kleve. Herausgegeben von Museum Kurhaus Kleve.
    2015 Wienand Verlag
    Ewald Mataré (1887-1965), dessen Kunst von den Nationalsozialisten als entartet deklariert wurde, zählt zu den wichtigsten Protagonisten der Klassischen Moderne und Nachkriegszeit in Deutschland. Mit seinen Tierplastiken dem Markenzeichen seines bildhauerischen Schaffens machte sich der Künstler einen Namen. Weniger bekannt ist sein Frühwerk, das von 1907 bis in die 1920er-Jahre entstand und auch Gemälde umfasst. Als Meisterschüler von Arthur Kampf und Lovis Corinth absolvierte er an der Berliner Kunstakademie eine traditionelle Ausbildung, bevor er über den Holzschnitt schließlich zur Plastik fand. Der vorliegende Band stellt erstmals die nahezu unbekannten Werke aus jener Zeit vor. Gemälde, Grafiken und Plastiken werden im Kontext mit Arbeiten seiner Künstlerkollegen dargestellt.
    Ewald Mataré
    Im Einklang mit der Natur. Katalog zur Ausstellung in der Altana Kulturstiftung, Sinclair-Haus, Bad Homburg, 2011/2012.
    Hrsg. v. Andrea Firmenich u. Johannes Janssen
    2011 Wienand Verlag
    Ewald Mataré (1887 - 1965) zählt zu den wegweisenden Protagonisten der Klassischen Moderne. Ohne seinen Einfluss ist das Werk vieler zeitgenössischer Künstler, darunter der berühmte Grenzgänger Joseph Beuys, undenkbar. Eine zentrale Rolle für Matarés Kunst spielt die Natur, deren vitale Formen 1920 einen radikalen künstlerischen Neuanfang auslösen. Ein Leben lang setzt sich der Künstler nun intensiv mit Landschaft und Tierdarstellungen auseinander. Das schwarz-weiß gefleckte Fell der Kuh beispielsweise gab die entscheidende Inspiration für viele klare, geometrische Strukturen in seinen Kompositionen. In dem farbprächtigen Band vertiefen wissenschaftliche Texte anschaulich dieses wichtige und wirkungsvolle Thema im künstlerischen Schaffen Matarés
    ANGELIKA KAUFFMANN
    Bettina Baumgärtel, Kunsthistorikerin am Museum Kunstpalast in Düsseldorf, Gründerin und Leiterin des AKRP -des Angelika Kauffmann Research Projects.
    Das Angelika Kauffmann Research Project - AKRP ist ein interdisziplinäres Forschungsprojekt von länderübergreifender, interkultureller Bedeutung. Es wurde 1990 unter der Leitung von Dr. Bettina Baumgärtel eingerichtet und ist das Resultat ihrer langjährigen Forschungsarbeit zum Leben und Werk der Künstlerin Angelika Kauffmann (1741-1807).
    Angelika Kauffmann Museum
    Eine ausführliche Linkliste und weiterführende Informationen finden Sie bei: Fembio:. Angelika Kauffmann
    Künstler in Rom: Angelika Kauffmann
    Giuseppe Carlo Zucchi: Memorie istoriche Maria Angelica Kauffman-Zucchi, Venezia 1787 (beendet Juli 1788); ders., Bd. 1, Rom 1788 u. Bd. 2, Rom 1790 (Handschrift im Archiv Vorarlberger Landesmuseum Bregenz). Es handelt sich um die erste Biographie noch zu Lebzeiten, teils abweichend von G. G de Rossi von 1810/11. Sie wurde erstmals 1998 im Katalog der Retrospektive Angelika Kauffmann ausgewertet, 1999 wurde sie von H. Swozilek herausgegeben. Mehr
    Auszug aus dem Manuskript der Langen Nacht:
    Eine Frau, die rund 50 Jahre berufstätig war, mehr als 2.000 Zeichnungen, Druckgrafiken und Ölgemälde anfertigt, davon allein rund 500 Porträts.
    Am 30.10.1741 wird Maria Anna Angelika Catharina Kauffmann in Chur in der Schweiz geboren. Ihr Vater ist von Beruf Maler, erstellt Porträts und Fresken.
    Angelika Kauffmann lernt Lesen und Schreiben, beherrscht schon als Kind Deutsch, Italienisch, Englisch und Französisch. Neben dem Maltalent besitzt sie auch noch das Talent, gut Singen zu können, sodass sie gezwungen ist, sich zwischen Malerei und Gesang zu entscheiden.
    BETTINA BAUMGÄRTEL: "Man muss sich das so vorstellen, dass sie im Grunde das Glück hatte, in diese Künstlerfamilien hinein geboren worden zu sein, und das ist eben eine ganz wesentliche Voraussetzung dafür, dass es überhaupt in dieser Zeit eine Chance gab für Mädchen, Kontakt zu bekommen zur Kunst und ihr Talent entdecken zu lassen. Und ihr Vater war eben mehr als mittelmäßiger Künstler tätig und er hat sie angeleitet. Schon als ganz kleines Kind hat sie angefangen zu zeichnen. Ihr Vater hat ihr all diese Kupferstiche gezeigt und sie konnte kopieren. Also er hat sie durchaus ernst genommen und er hat gemerkt, ach da ist tatsächlich was dahinter. Und nun hatte sie eine zweite günstige Situation. Sie war nämlich Einzelkind. Wäre vielleicht ein Bruder da gewesen, man weiß nicht ob der Vater nicht einen anderen Schwerpunkt gesetzt hätte. Als der Vater gemerkt hat, dass sie Talent hat, hat er ihr verschiedenen Aufgaben gegeben."
    Der Biograf Giuseppe Carlo Zucchi berichtet, dass der Vater seine Tochter mit ins Arbeitszimmer nahm, er ließ sie zeichnen, schrittweise führte er sie von den einfachen und kleinen Dingen zu den großen und zusammengesetzten, vom Kontur, Umriss zur Skizze, zu den Kupferstichen und auch zu den Reliefs, immer ihren Kenntnissen und ihrem Alter angemessen.
    BETTINA BAUMGÄRTEL: "Man kennt das früheste Werk, das sich in Innsbruck befindet, ein kleines Selbstbildnis als Sängerin in ihrem, man sagt 13. Lebensjahr. Es ist sehr früh, dass sie zeigt, sie versteht, Figuren darzustellen, Volumina zu entwickeln. Sie hat schon großes Talent dafür eben ihre eigene Person auf der Leinwand darzustellen, dass man nicht sagt, ach das ist aber furchtbar steif, das wird aber nichts. Da zeigt sie schon so ein Talent, dass der Vater sagt, gut, die nächste Möglichkeit, die sich ergibt, versuche ich auch Dir einen Auftrag zu vermitteln und mit der Zeit stellte sich heraus, dass sie sogar talentierter war als ihr Vater. Und nun kommt wieder ein entscheidender Punkt, der nichts selbstverständlich ist: In vielen Zusammenhängen, Künstlerfamilien, dass Künstlerinnen als Töchter von Künstlervätern aufwachsen oder als Ehefrau von einem Künstler usw. und selber auch künstlerisch begabt waren, mussten sie quasi ihr Talent unter den Scheffel stellen, sie mussten zuarbeiten, aber sie blieben quasi mehr oder weniger namenlos. Und der Mann, der Ehemann, der Vater, sie signierten. Und bei Kauffmann ergab sich das glücklicherweise so, dass der Vater erkannt hat, sie hat mehr Talent und es gibt das Wunderkind-Phänomen. In dem Alter als Wunderkind so quasi wie Mozart in der Zeit genau zur gleichen Zeit durch die Lande zu ziehen und zu sagen, wollt ihr euch nicht portraitieren lassen von diesem Wunderkind, war natürlich sehr klug und hat Geld eingebracht. Und das hat er, ich sage es jetzt einmal etwas schnöde, das hat er voll vermarktet."
    Vater und Tochter ziehen umher und suchten Aufträge: Porträts von Adeligen und Wandmalereien, auch in Italien
    BETTINA BAUMGÄRTEL. "Sie hat gewisser Weise Routine entwickelt, auch durch die vielen Aufträge. Und ihr Vater hat sich immer mehr in den Hintergrund gestellt als Künstler, aber er hat quasi die Geschäfte gemacht. Und das war auch ganz wichtig, weil im Grunde als Frau war man nicht im vollen Umfang rechtsfähig. Man hatte keine Unterschriftsberechtigung, was weiß ich. Da gab es ganz klare Vorschriften, dass Frauen nicht die gleiche Geschäftsfähigkeit hatten wie Männer. Und insofern war das durch viele Jahre hindurch, in denen sie künstlerisch tätig war, war durchaus wichtig, dass sie einen Vater an ihrer Seite hatte, der quasi für sie das Rechtliche regelte und das Geschäftliche regelte."
    Angelika Kauffmann bildet sich künstlerisch weiter, reist durch Italien, kopiert die Alten Meister.
    Biograf Giuseppe Carlo Zucchi: Da es noch nicht ihrer Jugend und ihrem Geschlecht angemessen war, in einem öffentlichen Ort zu dem auch andere Zutritt hatten, zu studieren, wurde ihr in der königlichen Galerie ein eigener Raum zugewiesen, in den ihr die Werke gebracht wurden, die sie zeichnen oder in Farben kopieren wollte.
    Obwohl ihr Geschlecht sie von Studien am nackten lebenden Modell ausschloss, deren sich das andere Geschlecht mit dem größten Vorteil befleißigte, machte sie diesen Mangel wett, indem sie nach den genauesten Skulpturen zeichnete und die Werke und die Werke der besten Künstler studierte.
    BETTINA BAUMGÄRTEL: "Sie hat täglich gearbeitet, sie hat trotzdem ganz viele Kontakte gepflegt. Sie hat ein Salon-Leben geführt, viele Freunde eingeladen, viel Kunst geschaut. Es muss eine sehr fleißige Frau gewesen sein."
    Biograf Giuseppe Carlo Zucchi: Jung wie sie war und in den Jahren, in dem der Körper viel zum Wachstum braucht, ertrug sie den Hunger und die Übung des langen Fastens obgleich von zartem Körperbau - war sie von gesunder und kräftiger Konstitution, und es fehlten ihr die ganzen Unbequemlichkeiten, die ihrem Geschlecht eigen sind. Wenn sie in den Gasthof zurückkehrte, nahm sie gegen Abend ihr Essen ein. Ihr Eifer aber war nicht bis zum neuen Tag erlahmt, denn nach einigen Unterbrechungen, entweder durch Musik oder Lektüre, kehrte sie sogar, bevor sie sich zur Ruhe begab, für eine oder zwei Stunden zurück zur Zeichnung.
    Mittlerweile ist ihr der Vater ihr nach London gefolgt und unterstützt seine Tochter, die auch seinen Lebensunterhalt bestreitet und nach dem Desaster mit der ersten Ehe unverheiratet geblieben ist.
    Sie trug einen stattlichen Besitz zusammen, konnte sich selbst erhalten und ihrem Vater eine würdige Gefährtin sein, indem sie einer ordentlichen Vorsorge gegen Unglücksfälle und Bedürfnisse sicher sein konnte, welche ihnen im Laufe der Zeit zustoßen sollten
    BETTINA BAUMGÄRTEL: "Als ihr Vater dann aber recht alt und sehr krank war hat er sich mehr aus einer väterlichen Fürsorge heraus dafür stark gemacht, dass sie doch noch ein zweites Mal vermählt. Und sie hat sich dann schließlich und endlich darauf eingelassen und ich würde sagen, das war nach allem, was man an Quellen kennt, war es eine gute Freundschaftsehe."
    Angelika Kauffmann heiratet den Venezianer Antonio Zucchi, Bruder ihres Biografen und ebenfalls Maler.
    BETTINA BAUMGÄRTEL: "Es war eine ungewöhnliche Ehe, weil da die Rollen umgekehrt waren. Aber es hat gut funktioniert. Und sie kannte Antonio Zucchi, den sie dann heiratete schon lange vorher durch gemeinsame künstlerische Arbeit und es war ein vertrauensvolles Verhältnis, aber er war um einiges älter. Das war mehr ebenso der treue väterliche Freund und er hat sie sehr loyal begleitet und hat ihr quasi zugearbeitet. Und das ist das Ungewöhnliche dieser Ehe und überhaupt im 18. Jahrhundert gewesen, dass sich eigentlich vieles im Leben von Angelika Kauffmann konträr zu den Konventionen ausgestaltet hat."
    Konträr zu den Konventionen handelt sie auch, als sie einen Ehevertrag aufsetzt.
    BETTINA BAUMGÄRTEL: "Da lässt sie ganz selbst bewusst hereinschreiben, mein mühselig erarbeitetes Geld soll auch weiterhin zu meiner Verfügung stehen und Antonio Zucchi musste unterschreiben, dass er keinen Anspruch auf ihren Lohn, ihr Vermögen, ihre Werte, ihre Kunstsammlung und was sie alles besessen hat, denn sie war durchaus vermögend in der Zeit, dass er darauf keinen Anspruch erhebt. Und das hat er auch schön unterschrieben. 47´43 45´06 Sie war diejenige, die das Geld reingebracht hat, sie war diejenige, die den Job machte. Sie war die tüchtige Geschäftsfrau und er hat ihr die Leinwände vorbereitet. Er hat sich zurückgenommen in seiner künstlerischen Arbeit und war dann kaum mehr tätig, hat noch ein paar nette Veduten gezeichnet, aber mehr weiß man gar nicht, kennt man nicht und wird wohl auch gar nicht so gewesen sein. Und er hat sich zurückgenommen und hat dann dafür gesorgt, dass ihr der Rücken freigehalten wird und hat dann die vielen Gäste, die vielen Leute, die Promis sozusagen, die unbedingt mal in ihrem Atelier gucken wollten, ein bisschen vom Hals gehalten."
    Angelika Kauffmann.
    Blütezeit London
    Förderverein "Freunde Angelika Kauffmann Museum Schwarzenberg".
    Katalog zur Ausstellung.
    2014 Bucher, Hohenems
    Nach Lehr- und Wanderjahren in Italien kann Angelika Kauffmann 1766, erst 25 Jahre alt, in London ihr erstes Atelier einrichten. Schon eine Woche nach ihrer Ankunft in London besucht sie den berühmten Maler Sir Joshua Reynolds. Der einflussreiche Kollege und die junge Künstlerin porträtieren sich gegenseitig. Als 1768 die Royal Academy of Arts gegründet wird und Reynolds ihr Präsident wird, sind Angelika Kauffmann und die Stilllebenmalerin Mary Moser die einzigen weiblichen Gründungsmitglieder. Aufträge aus dem Königshaus und dem englischen Adel begründen Kauffmanns Karriere in England. Auch auf dem Gebiet der Historienmalerei verbucht Kauffmann erste Erfolge. Der Katalog zur Ausstellung "Angelika Kauffmann. Blütezeit London" widmet sich mit zwei Beiträgen Leben und Werk der heute weitgehend vergessenen Malerin Mary Moser. Außerdem enthält der Band zahlreiche Abbildungen und Erläuterungen zur Ausstellung.
    Angelika Kauffmann.
    Heimat Schwarzenberg
    Von: Förderverein A. Kauffmann Museum.
    2013 Bucher, Hohenems
    Gabriele Katz
    Angelika Kauffmann
    Künstlerin und Geschäftsfrau.
    2012 Belser
    Die einzige aktuelle Monografie zu der international erfolgreichen Ausnahmekünstlerin.
    Ein Lesevergnügen: Das Leben einer außergewöhnlichen (Karriere-) Frau, mitreißend erzählt.
    Bebildert mit zahlreichen Werkbeispielen "Wunderkind", "ein Weib von ungeheurem Talent", "die wohl kultivierteste Frau in Europa" so lauten nur einige Urteile der Zeitgenossen über Angelika Kauffmann (1741 1807). Italien London Rom: Die Tochter eines Wandermalers aus Vorarlberg stieg einem Kometen gleich in die höchsten Sphären des Kunstbetriebes auf. Souverän setzte sie sich über die Einschränkungen hinweg, die auch das aufgeklärte Zeitalter einer Künstlerin auferlegte. Sie zeichnete männliche Aktfiguren und malte großformatige Historienbilder, lebte selbstbestimmt und verdiente ein Vermögen. Die Inszenierung ihrer Person war Teil des Erfolges: Im Selbst- und Rollenporträt spielte sie souverän mit dem eigenen Bild. Gabriele Katz interpretiert diese Selbstbildnisse als Schlüssel der ungewöhnlichen Biografie einer bis heute faszinierenden Frau und Künstlerin.