Dienstag, 16. April 2024

Archiv

Welterbe
"Australien muss mehr für das Barrier Reef tun"

Das größte Korallenriff der Welt, das Great Barrier Reef, liegt vor der Küste Australiens. Es könnte morgen vom Unesco-Komitee auf die Liste des gefährdeten Welterbes gesetzt werden. Das alleine wird jedoch nicht reichen, um die stark gefährdeten Korallenbestände zu bewahren, sagte Günter Mitlacher, Leiter internationale Biodiversitätspolitik bei der Naturschutzorganisation WWF.

Günter Mitlacher im Gespräch mit Britta Fecke | 30.06.2015
    Luftaufnahme des Great Barrier Reef.
    Die Hälfte der Korallenbestände des Great Barrier Reefs sind in den letzten 30 Jahren bereits zerstört worden. (imago/Oceanphoto)
    Britta Fecke: Allein 30 Wal- und Delfinarten, unzählige Hai-Arten und verschiedene Meeresschildkröten leben im Great Barrier Reef vor der Küste Australiens, dem größten Korallenriff der Welt. Wir haben an dieser Stelle schon häufiger über die Gefährdung des Riffs durch den Klimawandel berichtet. Doch höhere Wassertemperatur als auch UV-Strahlung sind nur zwei Faktoren, die das empfindliche Ökosystem stören Mehrere Naturschutzorganisationen beklagen den schlechten Zustand des Riffs. Es ist schon seit 1981 als Weltnaturerbe bei der UNESCO anerkannt, aber dessen ungeachtet unternimmt die australische Regierung kaum etwas zum Schutz dieser außergewöhnlichen Korallenlandschaft.
    Seit Sonntag tagt das UNECO-Welterbe-Komitee in Bonn. Morgen will dieses Komitee voraussichtlich entscheiden, ob das weltgrößte Korallenriff auf die List der gefährdeten Welterbe gesetzt - Ich bin jetzt verbunden mit Günter Mitlacher. Er ist Leiter der internationalen Biodiversitätspolitik bei der Naturschutzorganisation WWF. Herr Mitlacher, was gefährdet denn das Riff?
    Günter Mitlacher: Guten Tag, Frau Fecke. Hier ist Mitlacher direkt von dem Konferenzzentrum. - Das Riff gefährdet eigentlich die schleichende Verschmutzung seit den letzten 30 Jahren Seit 1981, als das Riff erklärt wurde, da war es noch sozusagen in Ordnung, würde man sagen, ökologisch in einem guten Zustand, und seitdem hat die Qualität dieses Schutzgebietes dauernd abgenommen.
    Fecke: Woran liegt das?
    Mitlacher: Naja. In den letzten 30 Jahren hat man gemerkt, dass diese Küstenentwicklung mit Bebauung, mit intensiver Landwirtschaft dazu geführt hat, dass immer mehr Schadstoffe in diese Lagune zwischen der Küste und dem Riff hineingeschwemmt wurde, und diese Schadstoffe lagern sich auch auf den Korallen ab und dadurch können die Korallen nicht mehr wachsen und sterben ab.
    Fecke: Gibt es auch mechanische Beeinflussung, also nicht nur den Eintrag von den Pestiziden beziehungsweise der Überdüngung durch die Landwirtschaft, sondern auch mechanische Beschädigungen.
    Zyklone und Schiffsschrauben schädigen Korallen
    Mitlacher: Ja. In den letzten Jahren wurde vor allem auch der Schiffsverkehr intensiviert zwischen den Häfen und der Küste und den Handelsgebieten in Asien, und dadurch wurden immer mehr Schiffe und immer größere Schiffe durch diese engen Fahrrinnen des Riffs manövriert. Die Schiffsschrauben haben dann das Sediment aufgewirbelt und auch dieses feine Sediment hat sich dann auf den Korallen abgelagert und dadurch wurden die Korallen auch geschädigt. Hinzu kamen in den letzten Jahren vermehrt Zyklone, die wahrscheinlich durch den Klimawandel verursacht wurden, die dann massiv eigentlich zu einer mechanischen Zerstörung bestimmter Riffgebiete geführt haben.
    Fecke: Welche Auswirkung hat das auf die Artenvielfalt dieses Ökosystems?
    Mitlacher: Na ja. Das Riff ist eigentlich ja nicht nur für die Korallen, sondern es ist für die vielen Arten, die Sie erwähnt haben, und da gibt es natürlich Millionen und Milliarden unterschiedliche Arten, die dort vorkommen. Es ist eigentlich ein Lebensraum, der so eine Biodiversität hat, wie wir sie uns gar nicht vorstellen können. Und dieser schleichende Prozess verhindert eigentlich, dass sich diese Arten immer weiter regenerieren und das System an sich nach und nach immer weiter geschädigt wird. Wenn Sie sich vorstellen, dass in den letzten 30 Jahren etwa 50 Prozent der gesamten Korallenbestände quasi weg sind, dann kann man sich ja vorstellen, in den nächsten Jahren, wenn das so weitergeht, sage ich mal, in den nächsten Jahren hätten wir dann kein Riff mehr. Das wäre sehr, sehr bedauerlich.
    Fecke: Seit 1981 steht ja dieses Riff nun als Weltnaturerbe bei der UNESCO Der Zustand hat sich trotzdem verschlechtert. Was bringt denn dann überhaupt die Auszeichnung als Weltnaturerbe, wenn nicht den Schutz des Gebietes?
    Mitlacher: Ja, das ist eine sehr gute Frage, und der WWF beschäftigt sich ja schon sehr lange mit dieser Frage, wie kann man diese Konvention wirklich nutzen, um diese Gebiete zu schützen. Wir haben in den letzten Jahren sehr massiven Druck auf die australische Regierung ausgeübt, dass sie mehr tut für den Schutz dieses riesigen Korallenriffs, und das hat jetzt auch seine Früchte hier in Bonn gezeigt. Die australische Regierung ist bereit, hier mehr zu tun, mehr Geld bereitzustellen. Sie hat einen Nachhaltigkeitsplan auf den Tisch gelegt. Allerdings ist das halt ein Plan, ist ein Stück Papier und noch keine Realität, noch keine Wirklichkeit, und da hoffen wir, dass dieses Komitee, was morgen tagt und die Entscheidung treffen wird, im Sinne des Riffes entscheidet und die australische Regierung sozusagen ermahnt, hier mehr zu tun.
    Fecke: Vielen Dank für diese Einschätzung - Günter Mitlacher war das, Leiter internationale Biodiversitätspolitik beim WWF.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.