Dienstag, 19. März 2024

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Weltjugendtag bestürzt über Tod von Taizé-Gründer Frère Roger

Der Generalsekretär des Weltjugendtages, Prälat Heiner Koch, sagte im Deutschlandfunk, die Nachricht vom Tod des Taizé-Gründers sei mit großer Bestürzung aufgenommen worden. Frère Roger sei der katholischen Kirche immer tief verbunden gewesen. Sein Tod werde jedoch keinen Schatten auf den Weltjugendtag werfen, sondern zeigen, dass Tod und Auferstehung zusammen gehören, fügte Koch hinzu.

Moderation: Friedbert Meurer | 17.08.2005
    Friedbert Meurer: In Köln ist gestern Abend der Weltjugendtag mit einer Messe im Rhein-Energie-Stadion eröffnet worden. Alles sah aus wie ein fröhliches Happening. Da kam am späten Abend die Meldung aus Frankreich, dass der 90 Jahre alte Frère Roger, der Ordensgründer von Taizé, während einer Andacht von einer offenbar geistesgestörten Frau erstochen worden ist. So wie jetzt nach Köln sind in den letzten Jahrzehnten Zehntausende von Jugendlichen jährlich nach Taizé gepilgert, um dort in der Versöhnungskirche gemeinsam zu beten und zu feiern. Wie reagiert der Weltjugendtag? Am Telefon begrüße ich den Generalsekretär des Weltjugendtages Prälat, Heiner Koch. Herr Koch, wie bestürzt sind Sie über den Tod von Frère Roger?

    Heiner Koch: Wir waren sehr betroffen über den Tod und vor allen Dingen über die Art und Weise, wie es zu diesem Tod gekommen ist. Wir waren seit vielen Jahren mit der Gemeinschaft von Taizé verbunden. Die Gemeinschaft von Taizé hat nach dem ausdrücklichen Willen ihres Gründers, der jetzt gestorben ist, sich am Weltjugendtag auch in Köln beteiligt. Sie haben zwei geistliche Zentren übernommen, das Bonner Münster, die Zentralkirche in Bonn, und die Sankt Agnes Kirche in Köln, wo die Domwahlfahrt beginnt. Das sind für uns ganz wichtige Zentren. Wir waren immer eng mit ihnen verbunden. Viele Jugendliche sind eng mit ihnen verbunden. Ich bin gestern Abend noch eben zu den Brüdern von Taizé nach Sankt Agnes gefahren, und wir haben zusammen gebetet. Es ist aber auch von ihnen aus völlig klar, sie bleiben hier in Köln, sie werden ihre Gebete in ihren beiden geistlichen Zentren fortführen. Wir werden natürlich in den offiziellen Liturgien Frère Roger erwähnen und für ihn beten.

    Meurer: Würden Sie sagen, es fällt jetzt ein Schatten auf den Weltjugendtag, der ja gestern so fröhlich wie eine große Party begonnen hat?

    Koch: Zunächst glaube ich nicht, dass er wie eine Party begonnen hat, wenn man das erlebt hat bei den Gottesdiensten, wie unheimlich konzentriert und still es zur gleichen Zeit wurde. Es war so ein Wechsel zwischen Enthusiasmus und ganz großer Stille. Wir haben gestern Abend in allen drei Eröffnungsgottesdiensten - in Bonn allein mit 100.000 Menschen - schlagartig erlebt, wie Freude auch ganz still werden kann. Uns verbindet mit Frère Roger viele Gedanken, die er immer geäußert hat über die Freude und den Auferstehungsglauben. Ich glaube, gerade jetzt wird das eben nicht ein Schatten drauf werfen, sondern mitten in dieser traurigen Situation den Weltjugendtag noch mal auf das Wesentliche ein bisschen führen und sagen, Tod und Auferstehung gehören zusammen, und das ist beides ein Element des Weltjugendtages.

    Meurer: Man darf wohl davon ausgehen, dass viele der Jugendlichen, die jetzt in Köln sind, auch schon in Taizé gewesen sind, Sie auch. Was haben Sie dort erlebt?

    Koch: Für mich war das schon in meiner Studienzeit, als ich öfters in Taizé war, sehr prägend. Natürlich gibt es eine große Zahl von Jugendlichen, die mit Taizé verbunden ist. Es ist natürlich aber andrerseits eine geistliche Gemeinschaft. Hier gibt es viele geistliche Gemeinschaften von Jugendlichen, die ganz anders geprägt sind, was nicht daran hindert, dass wir alle solidarisch über diesen Tod jetzt betroffen sind.

    Meurer: Wie fällt Ihre erste Bilanz aus bisher nach faktisch zwei Tagen Weltjugendtag - Montag war Anreise und gestern die Eröffnungsmesse?

    Koch: Also in jedem Sinne erleichtert. Erleichtert erstens, weil es losgeht, die Spannung war so groß, und es musste jetzt anfangen, zweitens, weil es gelungen ist, in kürzester Zeit die Atmosphäre des Weltjugendtages zu erleben und aufzubauen. Das war natürlich bei den zentralen Gottesdiensten so. Allein wenn ich an den Bundespräsidenten denke, der so begeistert war und gesagt hat, so etwas hätte er überhaupt noch nicht erlebt. Wenn ich aber erlebe, wie die Stadt Köln heute morgen schon wieder brodelt, die Domwahlfahrt hat um sechs Uhr begonnen, die Stadt ist schon wieder zu, voller begeisterter Jugendlichen, wenn ich zur gleichen Zeit erlebe, dass die Polizei sagt, es gibt keine großen Vorkommnisse, wir verstehen das gar nicht, dass solche Menschenmassen in solcher Heiterkeit und Gelassenheit auch die Ordnungsprobleme hier lösen, wenn wir merken, dass inzwischen immer mehr zustoßen, die wir ja auch als Zielgruppe haben, die gar nichts damit zu tun haben, die einfach nur neugierig geworden sind und jetzt sich ein bisschen darauf anlassen, also ich bin erleichtert. Wir werden noch einige logistische Probleme in den Griff bekommen, wir stehen am Anfang. Vor allen bin ich froh, dass gestern die Sonne geschienen hat, dass es etwas wärmer wurde, das gibt mir für die nächsten Tage Hoffnung.

    Meurer: Gibt es noch praktische Probleme bei der Unterbringung oder Versorgung? Wir haben gehört, dass zum Beispiel am Montag Abend viele Jugendlich erst einmal noch gar nichts zu essen bekommen haben. Wie sieht es da aus?

    Koch: Also die ganze Nacht haben die Teamleiter zusammengesessen mit den Firmen, die das bewerkstelligen. Wir hoffen, dass wir das in den Griff bekommen. Es ist natürlich bei so einem Jugendtreffen genau am Montag das eingetreten, was nicht ganz zu planen ist. Es haben sich allein am Montag noch über 10.000 neu angemeldet, die vorher nicht angemeldet waren. Die mussten untergebracht werden. Da haben wir Stauraum genug, das war sicherlich gut zu meistern. Die Logistik in der Verpflegung muss hinterherkommen. Hier war sicherlich am Montag noch eine Schwachstelle. Wir hoffen aber, dass wir sie heute im Laufe des Tages geschlossen kriegen.

    Meurer: Also wer jetzt noch Lust hat zu kommen, der ist erwünscht?

    Koch: Bei den Jugendtagen ist der letzte Anmeldetag der 21. August nach dem Schlussgottesdienst. Jeder kann jederzeit kommen, auch auf das Marienfeld, da ist Platz genug, da ist Versorgung genug, also keine Zufahrtsprobleme.

    Meurer: Es gibt natürlich auch kritische Stimmen bei dieser Veranstaltung. Akzeptieren Sie, wenn es Gegenveranstaltungen gibt, zum Beispiel von Kirchenkritikern und Atheisten?

    Koch: Also ich habe in den letzten Wochen in Diskussionen, auch in Rundfunkdiskussionen mit ihnen gesessen, und es ist schön, dass jeder seine Meinung sagen kann, und es ist wirklich gut. Ich möchte nur eine Bitte haben, warum es manchmal von dieser Seite so eine Aggressivität bekommt, so ein Völlig-Dagegen-Sein. Ich respektiere mit hoher Wertschätzung einen Menschen, der sagt, ich bin überzeugter gläubiger Atheist, das heißt, glauben tut ja jeder, ich glaube eben, dass es keinen Gott gibt, ich glaube nicht, dass es ein Leben nach dem Tod gibtt, da habe ich hohen Respekt vor. Ich erwarte auch Respekt vor den anderen, dass er den anderen nicht denunziert oder lächerlich macht beziehungsweise die Gottesdienste stört.

    Meurer: Inwiefern sind die anderen aggressiv? Die sagen, wir machen das doch ganz friedlich und mit fantasievollen Aktionen.

    Koch: Schauen Sie mal ins Internet, wie da mit zentralen christlichen Glaubensgeheimnissen umgegangen wird oder wenn eine Prozession gemacht wird, in der das Kreuz verballhornt wird. Das hat schon Formen, die auch verletzten auch. Darum bitte ich nur. Sonst finde ich jede kritische Meinungsäußerung gut. Wir äußern sie ja auch, und im friedlichen demokratischen Miteinander geht das auch gut, herzlich willkommen, das ist kein Problem, angesichts der großen Zahlen, die wir auf die Beine bringen, ohnehin nicht.

    Meurer: Gibt es da reale Auseinandersetzungen auf der Domplatte, in der Stadt oder sonst wo?

    Koch: Nein, da haben wir schon für gesorgt. Wie gesagt, das Thema ist in den Tagen auch kein Thema. Das war ein Thema in den Wochen vorher, vor allen Dingen auch in den Medien in Gesprächen, das war auch gut so. Jetzt in den Tagen spielt es überhaupt keine Rolle.

    Meurer: Herzlichen Dank für das Gespräch.