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Weltklimagipfel
Was wird aus den Kohlekraftwerken?

Am Eröffnungstag haben noch die Staats- und Regierungschefs das Bild beim Pariser Klimagipfel bestimmt. Nun geht es dort um die konkrete und teilweise auch recht trockene Verhandlungsarbeit, um Ursachen, ums Geld - und um Übeltäter. Ein besonderer Übeltäter, der dabei identifiziert wurde, ist die Kohlekraft.

Von Georg Ehring | 01.12.2015
    Staats- und Regierungschefs beim Gruppenfoto für den Pariser Weltklimagipfel
    Staats- und Regierungschefs beim Gruppenfoto für den Pariser Weltklimagipfel (picture-alliance / dpa)
    Dekarbonisierung ist ein neues Stichwort in der Klimapolitik, die reichen Industriestaaten der G7 haben es in diesem Jahr geprägt: Im Laufe dieses Jahrhunderts soll die Nutzung von Kohle und anderen fossilen Rohstoffen auslaufen, sonst ist die Erderwärmung nicht unter zwei Grad zu begrenzen. Doch die Energiepolitik vieler Länder läuft in eine andere Richtung, warnen heute die im Climate Action Tracker zusammengeschlossenen Forschungsgruppen. Sie haben untersucht, wo in der Welt noch Kohlekraftwerke gebaut und geplant werden und kommen auf insgesamt über 2400 Baustellen. Die meisten davon in Indien, in der Türkei und nach wie vor in China, aber auch einige EU-Länder setzen auf die Kohle, zum Beispiel Polen. Wenn diese Pläne komplett umgesetzt würden, wäre die Erderwärmung definitiv nicht mehr auf zwei Grad zu begrenzen, sagt Niklas Höhne von New Climate Institute.
    "Alle Szenarien sagen durchgehend, dass der Elektrizitätssektor bis zum Jahr 2050 komplett CO2-frei sein soll. Also in 35 Jahren. Ein Kohlekraftwerk hat eine Lebensdauer von ungefähr 40 Jahren und das bedeutet, wenn wir jetzt Kohlekraftwerke bauen, dass das absolut inkompatibel ist mit dem zwei-Grad-Ziel."
    Kohlekraftwerke auch teurer als vermutet
    Viele Entwicklungsländer sehen aber nach wie vor gute Gründe für den Einsatz der Kohle. Besonders viele Kraftwerke entstehen derzeit in Indien und Premierminister Narendra Modi hält dies mit Hinweis auf den gewaltigen Nachholbedarf in der Entwicklung seines Landes auch für richtig.
    "Wir brauchen nach wie vor konventionelle Energie. Wir sollten sie sauber erzeugen und nicht etwa ihre Nutzung beenden."
    Kohlekraftwerke schädigen nicht nur das Klima, sie seien auch viel teurer als vermutet, hält Niklas Höhne dem entgegen. Um das Klima zu schonen, müssten die hohen Investitionskosten auf eine Laufzeit umgelegt werden, die kürzer ist als die 40 Jahre, die hierfür normalerweise kalkuliert werden. Und die Idee einer sauberen Nutzung, etwa durch Speicherung von Kohlendioxid in der Erde, lasse sich nicht so einfach umsetzen.
    "Man hat es ausprobiert und es ist sehr viel komplizierter geworden als man sich das vorgestellt hat. Die Pilotanlagen, die man gemacht hat, waren nicht so erfolgreich und die meisten davon sind eingestellt worden."
    Streit um Finanzierung von Klimaschutz
    Wenn die ärmeren Länder in der Welt ihren Strom überwiegend aus Solar- und Windenergie beziehen sollen, dann ist müssen die Industrieländer dabei helfen, so die Forderung aus dem Süden. Und ein Geldfluss ist in der Tat in Gang gekommen: Deutschland kündigte heute an, bis 2020 drei Milliarden Euro in den Ausbau erneuerbarer Energien in Afrika zu investieren, Frankreich will zwei Milliarden beisteuern.
    Die Finanzierung von Klimaschutz in Entwicklungsländern ist ein Streitpunkt auf dem Gipfel in Paris.100 Milliarden US-Dollar sollen ab 2020 pro Jahr hierfür bereitgestellt werden, doch dabei geht es nicht ausschließlich um eine CO2-freie Stromversorgung, sagt Jan Kowalzig von der Hilfsorganisation Oxfam.
    "Konkret geht es darum, diesen Ländern dabei zu helfen, mit den Folgen klarzukommen – dass die Ernten nicht fortgespült werden, dass die Wasserversorgung funktioniert, dass drohende Unwetter vorher erkannt werden und die Menschen sich in Sicherheit bringen können – all diese Dinge. Und zum anderen geht es darum, dass diese Länder, die einen großen Nachholbedarf in der Entwicklung haben, diese Entwicklung auch klimafreundlich gestalten können."
    Bisher ist nur ein Teil des Geldes zusammengekommen und das Eintreffen oder Ausbleiben weiterer Zusagen könnte über das Ergebnis des Pariser Gipfels entscheiden.