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Weltmeisterschaft auf dem Ramschtisch

Bisher sind erschreckend wenig Tickets für die Fußballweltmeisterschaft in Südafrika verkauft worden. Damit die Stadien nicht ganz leer sind, werden Eintrittskarten und Flüge zu Schleuderpreisen verkauft - auf Kosten der Steuerzahler.

Von Thomas Kistner | 30.04.2010
    Die Not wird immer größer in Südafrika, ein den globalen Erwartungen entsprechendes WM-Turnier zu organisieren. Fans aus aller Welt bleiben weg. Statt der kalkulierten 450.000 WM-Gäste dürften es nur 200.000 werden. Jetzt locken die Veranstalter am Kap sogar Fußballfans aus afrikanischen Teilnehmernationen mit enormen Vergünstigungen ins Land, die zu Lasten der Steuerzahler gehen dürften. So erhielt eine deutsch-südafrikanische Agentur, die 250 Buchungen für WM-Schlachtenbummler aus Ghana vorliegen hatte, den Stornierungsauftrag einer großen Fanvereinigung aus Accra. Zur Begründung schrieb die "Black Stars Supporters Union", dass Südafrikas Regierung nach kurzfristigen Verhandlungen 2600 ghanaischen Fans den WM-Trip sponsern werde, inklusive Flug und Hotels. Ähnliches vermeldet eine französische Agentur: Für Algeriens Fußballverband soll sie 4000 Fans betreuen, die zu stark reduzierten Konditionen ans Kap jetten dürfen.

    Staatliche Benefizaktionen sind grotesk - und neu in der Milliardenindustrie Fußball. Doch Südafrika ächzt unter der Preistreiberei des Weltverbandes FIFA. Die Profitgier der Fußballmarketender hat die Transport- und Hotelwirtschaft gelähmt, nun brechen alle Dämme. Inlandsflüge, vormals 900 Dollar teuer, werden nun ab 30 Euro pro Strecke angeboten, Hunderttausende WM-Tickets in Supermärkten für je elf Euro verhökert. Es rumort unter den offiziellen Ticketagenten, die sich mit 30.000 Dollar ins Geschäft einkaufen mussten, sie erwägen Klagen. Wegen der befürchteten FIFA-internen Debatten, heißt es in Fußballkreisen, soll der FIFA-Kongress vor WM-Beginn in Südafrika auf einen halben Tag verkürzt werden.

    Desaströs ist auch die deutsche Ticketbilanz, obwohl just der DFB die Südafrikaner seit Jahren bei der Organisation hilft. Er hat nur 3500 der 21.000 Tickets abgesetzt, die ihm für seine drei Gruppenspiele zustehen. Überhaupt sollen nur 35.000 WM-Karten an deutsche Käufer gegangen sein; gerechnet wird mit vier Tickets pro Tourist. Dünner noch ist die Nachfrage aus den afrikanischen Teilnehmernationen Ghana, Algerien, Elfenbeinküste, Kamerun und Nigeria. Insgesamt sollen hier nur 12.000 Tickets verkauft worden sein. Während die FIFA behauptet, das WM-Endspiel sei längst ausverkauft, erklärte jüngst eine deutsche Agentur: "Wir haben diese Woche problemlos 25 Tickets fürs Finale organisiert." Und zwar über Argentinien.

    Die FIFA steht unter massivem Druck, der WM über ein paar Tausend afrikanische Gäste Flair zu verleihen. Wer dafür zahlt, kann ihr egal sein kann. Das gilt auch für die WM-Tickets, die nun verschleudert oder gar am Ende verschenkt werden. Die Kartenerlöse verbleiben sowieso in Südafrika, dieses Riesendefizit darf der Steuerzahler mit übernehmen.