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Weltweites Wachrütteln

Die Dokumentation "Monsanto, mit Gift und Genen", die der Fernsehsender Arte am 11. März sendete, bescherte dem deutsch-französischen Kanal große Resonanz. Drei Jahre arbeitete die französische Journalistin Marie-Monique Robin an dem Werk, in dem sie die Machenschaften des Chemie-Multis beleuchtet. Und sie ist weiterhin tagtäglich unterwegs, um die Bürger in Frankreich und in der Welt zu sensibilisieren.

Von Suzanne Krause | 25.04.2008
    Montagabend im Entrepot, einem Filmkunst-Kino in Paris, lädt der grüne Abgeordnete Yves Cochet zu einer Sondervorstellung des Monsanto-Dokumentarfilms mit anschließender Diskussion ein. 100 Zuschauer füllen den Saal bis auf den letzten Platz und lauschen gebannt Marie-Monique Robin:

    "Alle Informationen in meinem Film sind jedermann zugänglich, im Internet. Ich habe alles überprüft und Interviews gemacht. So ist dieser Film also auch das Zeugnis einer Ermittlung, und ich lade Sie ein, damit selbst nun weiterzumachen."

    Da geht es unter anderem um die Geschichte des Unkrautvernichtungsmittels Roundup und der Roundup-ready-Produkte. So nennt Monsanto sein Saatgut, das es mit Gentechnik resistent machte gegen das Herbizid. Und dieses Thema findet seit Mitte März in ganz Frankreich viel Publikum. Fast allabendlich, ob in einer großen Stadt, ob auf dem Land, zeigt Marie-Monique Robin ihr Werk. Regelmäßig ist der Saal übervoll, häufig dauern die Diskussionen bis spät in die Nacht:

    "Vor sechs Wochen wusste noch niemand in Frankreich, wer Monsanto wirklich ist, selbst die nicht, die sich hätten auskennen müssen. Das weiß ich, weil ich viele Leute befragte. Heute jedoch ist der Name des Unternehmens in aller Munde, die Zeitungen berichten, die Leute diskutieren beim Abendessen zuhause darüber. Und der Name Monsanto hat etwas leicht Geringschätziges bekommen."

    Zwar hat beispielsweise die Umweltorganisation Greenpeace den Gentech-Konzern schon in Kampagnen ins Visier genommen. Doch Robin zeigt erstmals, mit welchen Strategien Monsanto immer wieder vorgeht. Ihre globale Bilanz hat sie auch in Buchform veröffentlicht: ein Wälzer von 370 Seiten, der Anfang März in Frankreich herauskam und bislang mehr als 80.000 Mal verkauft wurde:

    "Demnächst fahre ich nach Kanada, nach Quebec, wo mein Film und mein Buch als nächstes herauskommen. Ein amerikanischer Verlag will das Buch in den Vereinigten Staaten, in Indien und in Großbritannien auflegen. Mit einem deutschen Verlag bin ich in Verhandlungen. Es wird eine Ausgabe in Portugiesisch geben, eine spanische, auch für Lateinamerika. Dazu eine japanische und eine italienische Fassung. Auch die skandinavischen Länder sind interessiert."

    Der Film lief schon in Belgien und in der Schweiz, Australien und Japan sollen ebenso folgen wie Spanien und Italien. Greenpeace international plant zehn Vorführungen in osteuropäischen Ländern wie Polen, Rumänien:

    "Jetzt warte ich ungeduldig darauf, dass der WDR, der meinen Film koproduzierte, ihn in Deutschland nochmals ausstrahlt. Warum sich das so verzögert, hat mir bislang niemand im Sender konkret mitgeteilt. Dabei sorgt das Werk in der ganzen Welt für Furore."

    Monsanto hüllt sich zu all dem in Schweigen und antwortet auf Journalistenanfrage: kein Kommentar.

    "Ich bin fuchsteufelswild", kommentiert ein Zuschauer im Pariser Kino nach der Vorführung, und erzählt, dass er seit Wochen in Blogs und Internetforen massiv mobil macht gegen Monsanto. Da ist er bei Weitem nicht der Einzige. Das freut nicht nur Marie-Monique Robin, sondern auch den grünen Abgeordneten Yves Cochet. Denn bis Anfang Mai soll in Frankreich das neue Gentechnikgesetz verabschiedet werden. Cochet kämpft dagegen, dass dabei dem Gensaatgut Tür und Tor geöffnet werden:

    "Wir denken, dass der Kampf noch nicht beendet ist. Und wir haben vor, während der französischen EU-Präsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte, Europa für dieses Thema wachzurütteln."