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Weniger Geld für Strom aus erneuerbaren Energiequellen

In den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD haben sich die Parteien auf Reformen bei der Energiewende geeinigt. Besonders die Förderung der Windkraftanlagen soll reduziert werden.

Von Christel Blanke | 11.11.2013
    Die Unterhändler sind zufrieden: Wir sind weitgehend durchgekommen, sagte die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft am Wochenende. Und in der Tat. Nur wenige Punkte sind im Abschluss-Papier der AG Energie noch offen. Die haben es allerdings in sich. Da zum Beispiel die SPD-Forderung nach einer Senkung der Stromsteuer, um die Verbraucher zu entlasten. Das muss die große Verhandlungsrunde ebenso klären, wie die Frage, wie hoch der Anteil erneuerbarer Energien am Strommix 2030 sein soll. Die SPD fordert 75 Prozent, die Union nur 50 bis 55 Prozent. Bis 2020 soll der Ökostromanteil von jetzt etwa einem Viertel auf 40 Prozent steigen. Darin sind sich beide Seiten einig, so der zufriedene Geschäftsführende Bundesumweltminister Peter Altmaier, CDU:

    "Wir haben keine Ziele nach unten korrigiert. Aber durch einen verbindlichen Korridor machen wir es für alle Beteiligten möglich, sich in einem langfristigen Prozess auf die Veränderungen, die auf sie zukommen, einzustellen."

    Und Veränderungen wird es geben. Nicht bei der Fotovoltaik und auch nicht bei der Wasserkraft. Biogasanlagen sollen allerdings nur noch dann gefördert werden, wenn sie Rest- und Abfallstoffe verwerten, damit nicht noch mehr Mais dafür angebaut wird. Deutliche Änderungen gibt es bei Windanlagen. Auf See wird der Ausbau bis 2020 auf 6,5 Gigawatt beschränkt. An Land soll der Ausbau auf besonders günstige Standorte begrenzt werden. An sich eine gute Idee, sagt auch Grünen-Chefin Simone Peter. Im Süden und Westen, wo die großen Stromverbraucher sitzen, würde dann wahrscheinlich aber kein Windstrom mehr produziert:

    "Wenn wir dort auf die Bremse treten, bei der Windkraft, die sehr leistungsfähig ist, dann müssen wir die Stromnetze weiter ausbauen. Es ist viel sinnvoller, dort die erneuerbaren Energien auszubauen, wo auch die Verbraucherinnen und Verbraucher sitzen. Gerade die industriellen Verbraucherinnen und Verbraucher."

    Auch die Ausnahmen für die Industrie bei der Ökostromumlage sollen auf den Prüfstand. Wo genau und in welcher Höhe der Rotstift angesetzt werden soll, wurde nicht festgelegt. Ulrich Grillo, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, warnt vor Abwanderung und Arbeitsplatzverlust:

    "Im Übrigen müssen wir mal darüber reden, wie die Kosten entstehen. Wir reden ja nur über die Kostenverteilung. Wer bezahlt das? Wir müssen viel früher anpacken. Wir müssen das EEG grundsätzlich, das ganze System, überarbeiten, damit die Kosten, die jetzt explodieren, damit die reduziert werden. Und dann können wir darüber nachdenken, wie die verteilt werden sollen."

    Aus der Arbeitsgruppe Verbraucher kommt der Vorschlag, einkommensschwache Haushalte durch Prepaid-Karten für Strom vor Stromsperren zu schützen. Durch Vorauszahlungen soll verhindert werden, dass sich Schulden immer weiter auftürmen. Außerdem würden Verbraucher dann mehr darauf achten, wie viel Strom sie verbrauchen, meint SPD-Unterhändler Ulrich Kelber. Der Stromverbrauch soll künftig deutlicher im Mittelpunkt stehen. Ohne entscheidende Fortschritte bei der Energieeffizienz könne die Energiewende kein Erfolg werden, so Hannelore Kraft:

    "Wir schlagen hier vor, mehr zu investieren. In Beratung, energiesparende Produkte, Prozesstechnologie und auch in den Bereich Gebäudesanierung."

    Um Mieter nicht zu stark zu belasten, sollen künftig nur noch energetische und altengerechte Modernisierungen umlagefähig sein. Einkommensschwache Haushalte sollen beim Kauf energiesparender Kühlschränke oder Waschmaschinen unterstützt werden. Welche Rolle Gas- und Kohlekraftwerke künftig spielen, deren Betrieb sich immer weniger rechnet, ist noch nicht abschließend entschieden:

    "Durch den kontinuierlichen Aufwuchs der erneuerbaren brauchen wir auch in Zukunft hocheffiziente und flexible konventionelle Kraftwerke, um zu jeder Zeit ausreichenden Strom zur Verfügung zu haben."

    Zunächst soll das bestehende System der Netzreserve ausgebaut werden. Mittelfristig will die SPD hin zu Kapazitätsmärkten. Dabei würden Betreiber entlohnt, die ihre Kraftwerke für Notsituationen in Reserve halten. Die Union hält das für eine neue Subvention und will erst prüfen, ob es sinnvoll wäre. Wie zuvor schon die Arbeitsgruppe Umwelt hat sich auch die AG Energie auf ein Fracking-Moratorium festgelegt. Diese Fördermethode für Erdöl, das in tiefen Gesteinsformationen steckt, soll erst dann genehmigt werden, wenn Gefahren für Umwelt und Menschen ausgeschlossen werden können.