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Wenn das Geld ausbleibt

Bisher kann deutschlandweit noch nicht von einer Kreditklemme im Zuge der Wirtschaftskrise gesprochen werden. Doch gerade kleine oder mittelständische Unternehmen haben oftmals Probleme, Kredite von Banken zu leihen. Sollten die Finanzunternehmen dies nicht bald ändern, möchte die Politik Maßnahmen ergreifen, die dazu führen, dass Unternehmen mit ausreichend Kapitel versorgt werden.

Von Brigitte Scholtes und Wolfram Stahl | 17.07.2009
    Das Blockhaus wächst Stamm um Stamm. Es soll zu einem richtigen Wohnhaus werden, mit der Grundfläche eines Einfamilienhauses. Auf dem Bauplatz im brandenburgischen Fredersdorf werden die Kiefernstämme geschält, geglättet und zurecht gesägt. Das gesamte Blockhaus wird quasi einmal komplett aufgebaut, bevor es nummeriert an die eigentliche Baustelle verfrachtet wird. Fünf Zimmermannsleute und Firmenchef Mike Mätzing arbeiten in sengender Hitze.

    "Für mich ist ausschlaggebend, dass ich ein Musterhaus hinstelle, sodass die Leute sehen: Welche Möglichkeiten gibt es noch im Holzbau - das heißt, im Holzhausbau."

    Sein Musterhaus will Mätzing an der Hauptverkehrsstraße von und nach Berlin aufbauen. Der Zimmermannsmeister ist sich sicher, dass das mehr als nur eine verrückte Idee ist, sondern im ländlichen Brandenburg zu einem gefragten Haustyp werden könnte. Der Rohbau in der Größe eines Einfamilienhauses, aus Kiefer oder Fichte, kostet rund 100.000 Euro.

    "Das ist was Ungewöhnliches. Leute, die sich für so ein Holzhaus entscheiden, die wollen halt eine vernünftige Raumatmosphäre. Hier in diesen Häusern werden nur nachwachsende Rohstoffe verarbeitet. Wer es mag, kann sogar Reetdacheindeckung beziehungsweise eine Holzschindeldacheindeckung haben, sodass wir außer Fensterglas eigentlich nur nachwachsende Rohstoffe haben an dem Haus."

    Seine Geschäftsidee präsentierte der Zimmermann auch bei Banken, wo man ihn etwas verdutzt anschaute. Dabei wollte Mätzing nur einen bescheidenen Kredit von 11.000 Euro, damit er die erste Holzlieferung bezahlen konnte. Aber:

    "Schon bei den ersten Gesprächen habe ich Zurückhaltung diesbezüglich gemerkt. Sicherlich ist es nicht positiv dieses Gebaren der Banken, sondern eher negativ. Es ist halt nur so, dass die Banken jetzt auch in Zeiten der Wirtschaftskrise eben halt vorsichtiger sind mit der Kreditvergabe. Wenn ich 1994 einen Kredit haben wollte, war das natürlich wesentlich einfacher als heute."

    Das ganze Baugewerbe werde ziemlich zweiflerisch beäugt, meint Mätzing. Seriöse Handwerksbetriebe leiden gegenwärtig nicht nur darunter, dass Zahlungen von Kunden des Öfteren unpünktlich eingehen, sondern auch, dass viele Banken nur noch zögerlich Kredite für solche Liquiditätsengpässe geben. Dies verlange, im Vergleich zu früher, noch konservativeres Wirtschaften, erklärt Marcel Zack, Chef eines Berliner Dachdeckerbetriebs mit 23 Beschäftigten.

    "In unserem Metier ist es halt so. Wir müssen halt eben gucken, dass wir so viel Geld zusammenhalten, dass wir auch gewisse kleine Sachen auch überbrücken können. Wenn mal ein Kunde nicht bezahlt, dass wir halt nicht sagen: Oh, wir müssen jetzt zumachen die Firma; dass wir halt immer irgendwo eine Reserve dafür haben, um das Geld dafür auch zu benutzen."

    Marcel Zack profitiert zwar gegenwärtig von öffentlichen Aufträgen aus dem Konjunkturpaket II, aber das geschwundene Vertrauen der Banken konterkariere andererseits wiederum die staatlichen Konjunkturprogramme. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und auch Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg haben das Problem zumindest erkannt.

    "Gesamtwirtschaftlich haben wir bisher noch keine Kreditklemme; das stelle ich an den Anfang, weil es viele Missverständnisse gibt. Aber das Bild ist sehr vielschichtig: Einzelne Branchen haben Schwierigkeiten, die Automobilindustrie, Zulieferer, Werften, Elektroindustrie, Maschinenbau, ganz kleine Unternehmen und große Unternehmen. Und es kann sich die Situation verschärfen."

    "Man ist von dem Begriff Kreditklemme eher in die Befürchtung einer und in Teilen auch vorherrschenden Liquiditätsklemme gekommen. Ich finde, das ist eine wichtige und zunehmend auch an Bedeutung gewinnende Unterscheidung, weil hier doch tatsächlich auch eine Diskrepanz zu sehen ist. Es wurde von einigen sogar gesagt, dass man eher eine umgekehrte Kreditklemme befürchtet, dahin gehend, als ein Rückgang in der Nachfrage nach Krediten in diesem Jahr zu befürchten sein könnte."

    Ein scholastischer Disput geradezu - oder etwas deftiger ausgedrückt: ein Streit um des Kaisers Bart, wie es Mario Ohoven, der Präsident des Bundesverbandes mittelständischer Unternehmen ausdrückt. Diese Diskussion gehe aber an den tatsächlichen Problemen vorbei. Wer sich unter den Schutzschirm des Staates ducke, dürfe die Wirtschaft nicht im Regen stehen lassen, lautet Ohovens Kritik.

    "Die Bundesregierung muss deshalb die Banken notfalls mit gesetzlichem Nachdruck dazu bringen, ihre Kernaufgabe zu erfüllen, nämlich den Mittelstand mit Krediten zu versorgen. Denn die Banken tragen nicht zuletzt eine gesamtwirtschaftspolitische Verantwortung."

    Auch viele Maschinenbauunternehmen spüren dieser Tage ein Liquiditätsproblem: Einer Umfrage des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbauer zufolge klagt ein Viertel der Befragten, dass der Zugang zu Krediten im laufenden Jahr schwieriger geworden sei, als noch vor einem Jahr. Auch aus anderen Branchen wird über lange und mühsame Verhandlungen berichtet, manchmal zu lange für das ein oder andere Unternehmen, das um einen Liquiditätskredit nachsucht.

    Deutliche Worte kamen kürzlich auch aus der Automobilindustrie. Probleme hätten in diesem Bereich vor allem die Zulieferer, so Matthias Wissmann - Präsident des Branchenverbandes VDA:

    "Ich habe guten Grund, Ihnen nach Dutzenden von Gesprächen mit Unternehmern zu sagen: Wer behauptet, hier gäbe es kein Problem, hat die Wahrheit nicht getroffen."

    Die Klagen aus der Chemieindustrie klingen zwar noch verhalten, aber auch deren Verbandspräsident Ulrich Lehner mahnt:

    "Ich kann für die chemische Industrie sagen, dass wir generell keine Kreditklemme sehen, allerdings in Einzelfällen Schwierigkeiten bei der Beschaffung von finanziellen Mitteln, und das betrifft dann insbesondere auch die Waren- und Exportversicherungen."

    Diese Warenkreditversicherungen sichern die Unternehmen gegen etwaige Zahlungsausfälle ihrer Kunden ab. Gesellschaften wie Euler Hermes, Atradius oder Coface aber haben in den letzten Monaten ihre Prämien zum Teil um 50 Prozent und mehr erhöht - eine weitere Belastung für deren Unternehmenskunden, die ja derzeit ohnehin über weniger Liquidität als zu normalen Zeiten verfügen. Das trifft vor allem die kleineren Unternehmen, denn die großen verfügen noch über andere Mittel der Geldbeschaffung, erklärt Ulrich Schürenkrämer von der Deutschen Bank. Er ist Mitglied der Geschäftsleitung Firmenkunden Deutschland:

    ""Das mag damit zusammenhängen, das gerade kleinere Unternehmen sehr stark auch durch Banken refinanziert werden. Im Prinzip ist es gerade die Gruppe zwischen 20 und 50 Millionen Umsatz, die am stärksten in der Refinanzierung ihrer Bilanzsumme auf Banken vertraut und natürlich jetzt durch diese Situation einfach aufmerksam wird, wie sieht es aus mit der Kreditversorgung."

    Die Kreditvergabe der Banken anzuregen, war in den letzten Monaten auch erklärtes Ziel der Europäischen Zentralbank. Schon seit Herbst vorigen Jahres versucht sie immer wieder, den Banken zusätzliches Geld, also liquide Mittel zuzuführen, damit die ihrem täglichen Geschäft nachgehen können. Das sollte auch dazu dienen, ihnen die Kreditvergabe an Unternehmen zu erleichtern. Doch direkten Einfluss darauf hat die Notenbank nicht, erklärt Michael Schubert, Volkswirt der Commerzbank:

    "Das grundsätzliche Problem der EZB ist, dass sie eigentlich die Pferde zur Tränke bringen kann, aber saufen müssen sie selber. Die EZB kann Liquidität zur Verfügung stellen, aber damit ist noch längst nicht gesichert, dass auch der Rubel rollt, die Kreditvergabe zunimmt."

    Und so waren die Banken in den letzten Wochen erneut in die Kritik geraten. Denn sie hatten sich zwar 442 Milliarden Euro bei der EZB zu einem Zinssatz von einem Prozent gesichert, einen erheblichen Teil dieses Geldes aber gleich wieder bei der EZB angelegt, statt es in den Wirtschaftskreislauf zu schleusen. Diese Kritik hält Volkswirt Schubert allerdings für nicht ganz berechtigt:

    "Die EZB hat Geld für ein Jahr zur Verfügung gestellt. Wenn wir uns jetzt zum Beispiel die Hausbaukredite in Deutschland angucken, das sind meistens zehnjährige Kredite. Die haben also eine ganz andere Laufzeit. Damit geht natürlich jede Geschäftsbank ein Risiko ein und man orientiert sich normalerweise bei solchen langfristigen Krediten an Geschäften, die eine ähnliche Laufzeit haben, und refinanzieren sich über diese Geschäfte. Insofern vergleicht man ein wenig Äpfel mit Birnen. Die Fristentransformation, die hier durchgeführt wird, ist gefährlich für die Banken, deswegen zögern sie auch, alles weiterzugeben."

    Die Kreditinstitute fühlen sich ungerecht behandelt. Auf der einen Seite wird ihnen vorgeworfen, sie hätten mit einer laxen Kreditvergabe die Finanzkrise mit ausgelöst. Auf der anderen sollen sie genau das Gleiche jetzt wieder tun: Nämlich die Standards lockern, so meint Hans-Ulrich Massenberg vom Bundesverband deutscher Banken.

    "Die Banken müssen gerade in der jetzigen Situation darauf achten, dass aus den Krediten von heute nicht die Abschreibungen von morgen werden. Die Kreditvergabestandards haben sich bezogen auf die Bonitätsdimension nicht geändert. Allerdings befinden sich heute mehr Kreditnachfrager in schlechteren Ratingklassen und teilweise sogar unter der Mindestbonitätsgrenze, zum Beispiel aufgrund fehlender Aufträge oder aufgrund negativer Zukunftserwartungen. Die meisten Experten gehen zurzeit aber davon aus, dass die sich abschwächende Dynamik der Kreditvergabe der Banken, vor allem daran liegt, dass weniger Kredite nachgefragt werden. Allerdings ist sicher auch richtig, dass Banken bei der Kreditvergabe vorsichtiger geworden sind"

    Stichwort: "Basel II": ein Terminus, der alle EU-weit geltenden Eigenkapitalvorschriften für Kreditinstitute zusammenfasst und seit Anfang 2007 vorschreibt, dass höhere Kreditrisiken mit mehr Eigenkapital zu unterlegen sind.

    Sprich: Banken müssen mehr Kapital vorhalten, damit sie Ausfälle besser abfedern können. Hans-Joachim Massenberg, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken:

    "Was sich im Moment bei den Banken abspielt, ist natürlich, dass die Bonität der Kunden genauer angeschaut wird, dass die Kreditvergabestandards angezogen sind. Das ist sicherlich richtig, aber das ist eben auch eine ganz normale zyklische Reaktion, die wir auch aus früheren Konjunkturzyklen kennen, und die jetzt nicht besonders dramatische Züge annimmt, auch das, was es bisher an Zinssenkung gegeben hat, ist anders, als es teilweise von der Politik dargestellt wird, weitergegeben worden, ist gerade auch an die Fondskunden weitergegeben worden."

    Zyklen hin, Regeln her. Um an das für seine Firma dringend benötigte Geld zu kommen, hat sich Zimmermannsmeister Mike Mätzing aus Brandenburg anders beholfen. Sein Unternehmensberater hat ihn auf die Internetplattform Smava aufmerksam gemacht. Weil ihm die Banken den Kredit für die Holzstämme seines Blockhauses verweigerten oder nur zu äußerst teuren Konditionen gewähren wollten, besorgte sich Mätzing seinen Geschäftskredit über die Internetplattform.

    "Deshalb fiel die Entscheidung für die Firma Smava, zumal ich mich da nicht bis auf das Hemd ausziehen muss, was Unterlagen und so weiter angeht. Sicherlich werde ich auch da durchleuchtet, das heißt SCHUFA-Anfrage gemacht, also das, was ich bei der Bank auch alles machen muss. Nur sind diverse andere Sachen nicht gefordert und man fühlt sich nicht unbedingt als Verbrecher."

    Bei Smava kennt keiner die richtigen Namen der Kreditnehmer. Einer nennt sich beispielsweise "Blech". Nomen est omen - für einen Schlosser. Er ist 53 Jahre alt, kommt aus Bayern und sucht einen Kredit über 25.000 Euro. Das Geld soll in Betriebsmittel fließen. Smava sei eine Art Ebay für Kredite, sagt Unternehmensgründer Alexander Artopé.

    "Anstatt eben wie bei Ebay, Sachen oder Trödel zu verkaufen, kann man bei Smava Geld leihen oder verleihen."

    Auf der Internetplattform beschreiben Kreditnehmer wie "Blech", was sie mit dem Geld vorhaben. Blech benötigt den Betriebsmittelkredit für fünf Jahre und ist bereit dafür 7,3 Prozent Zinsen zu zahlen.

    "Ein Anleger, der das Projekt sympathisch findet, kann sein Geld bei diesem Kreditnehmer anlegen und im Ergebnis haben beide etwas davon. Der Kreditnehmer bekommt einen günstigen Kredit und der Anleger eine bessere Rendite, als wenn er das Geld als Festgeld anlegt. Und er weiß auch, wofür er das Geld hergegeben hat."

    Finanzieren, was einem selber wichtig erscheint, anstatt einer anonymen Geldanlage. Kredite "von Mensch zu Mensch" lautet der entsprechende Firmenslogan. Alexander Artopé hat die kleine Berliner Internetfirma Smava vor knapp zwei Jahren gegründet.

    "Bei Smava kann man einen Kredit ab 1000 Euro aufnehmen, bis zu insgesamt 25.000 Euro. Als Anleger kann man 250 Euro bis zu insgesamt 100.000 Euro anlegen."

    Diese Form der Geldvermittlung erfreue sich auch bei Mittelständlern einer immer größeren Beliebtheit, sagt der 39-Jährige. Über 11,5 Millionen Euro an Krediten konnten seinen Angaben zufolge seit der Gründung von Smava vermittelt werden.

    "Wir haben über 4000 Anleger, die unsere Kreditnehmer unterstützen."

    Alexander Artopé sagt, dass die Ausfallquote bei den Krediten bisher bloß bei einem Prozent liege. Da die Kreditvermittlung ein Geldgeschäft ist, erfordern die Gesetze die Beteiligung einer Bank. Die Bonität der Kreditnehmer wird von Smava geprüft und allen potenziellen Anlegern offengelegt.

    "Für die Abwicklung der Kreditgeschäfte und des gesamten Zahlungsverkehrs arbeiten wir mit der Bank für Investment und Wertpapiere zusammen, für die Risikoprüfung arbeiten wir mit der SCHUFA zusammen."

    Das Geschäft ist für beide Seiten lohnenswert. Kreditnehmer kommen relativ einfach an die von ihnen benötigten Summen und die Anleger erhalten gute Renditen. Die Zinssätze bewegen sich in der Regel zwischen sieben und zehn Prozent. Transparenz ist eine wesentliche Voraussetzung für das gesamte Geschäft.

    "Zum eine prüfen wir die Bonität und die Identität der Kreditnehmer sehr genau - und zum anderen haben die Anleger auch die Möglichkeit, bei dem Kreditnehmer genau nachzufragen, was mit dem Geld passiert. Es findet sich immer ein Anleger, der sagt: Das finde ich sympathisch und ich kriege ja auch einen guten Zins dafür."

    Alles ist übersichtlich und alles Allen bekannt. Das demokratische Geldgeschäft sei ein wesentliches Prinzip von Smava, meint Alexander Artopé. Durch die Finanzkrise hat die Plattform enormen Zulauf bekommen - allein im letzten Vierteljahr waren es 30 Prozent mehr Abschlüsse als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Vor allem Freiberufler und Selbstständige würden Kredite nachfragen, die sie bei Banken nicht mehr bekämen, erklärt Geschäftsführer Artopé.

    "Umgekehrt schenken uns auch immer mehr Anleger ihr Vertrauen, gerade in Zeiten der Finanzkrise. Hintergrund und Motivation ist hier meistens die Tatsache, dass man bei Smava sieht, wohin das Geld geht. Das heißt, ich gebe es einer anderen Person und es verschwindet nicht in irgendwelchen undurchsichtigen Finanztransaktionen."

    Weil mit Krediten von Mensch zu Mensch natürlich nicht das gesamte Wirtschaftsleben am Laufen gehalten werden kann, müssen zur Belebung des Geldmarktes andere Maßnahmen ergriffen werden.

    Wie aber sollen die Banken dazu bewegt werden, ihr Geschäftsgebaren wieder zu ändern? An der Liquidität der Geldhäuser - siehe Milliardenkredit der Europäischen Zentralbank - kann es nicht liegen. Trotzdem läuft das Geldgeschäft nur zögerlich an, beklagt auch Finanzminister Peer Steinbrück.

    "Die Banken betreiben im Augenblick eine Politik, wo sie höhere Risikoprämien auf die jeweiligen Kredite legen und dies wird eventuell überkompensiert durch die Zinssenkungen. Die Frage ist, was wirkt schneller. Aber mir ist sehr drangelegen, dass die Banken, das Geld, das sie haben, nicht ins Handelsgeschäft, in den Handel mit Wertpapieren, Aktien, Rentenpapiere legen, sondern ins Kreditgeschäft, damit die Konjunktur über dieses Kreditgeschäft in Gang kommt."

    Seine Kavallerie hat Finanzminister Steinbrück schon einmal in Stellung gebracht. Dieses Mal gilt seine Drohung den Banken: Wenn das Kreditgeschäft nicht bald in Gang komme, dann werde man prüfen, ob nicht auch die staatseigene KFW und die Bundesbank an die Unternehmen direkt Kredite vergeben könnten, quasi als Geschäftsbanken. Dies wäre im Zusammenhang mit der Wirtschafts- und Finanzkrise ein weiterer Vorgang, den es so noch nie gegeben hat. Dazu KFW Vorstandschef Ulrich Schröder:

    "Unsere Leistung, die wir im Augenblick erbringen, ist, dass wir den Hausbanken, die sich schwertun, Kredite zu vergeben, das Angebot machen, mit ins Risiko zu gehen, eine sogenannte Haftungsentlastung auszusprechen: bis zu 90 Prozent in Einzelfällen. Und das ist schon, wie wir glauben, ein großer Beitrag um eine mögliche Kreditklemme zu verhindern. Ob wir darüber hinaus weitergehende Aufgaben erfüllen müssen, das wird sich zeigen, wenn man den weiteren Verlauf der Krise sieht. Wir haben in dem neuen Konjunkturprogramm eine gewisse Öffnungsklausel enthalten, in der Hinsicht, dass wir uns an Finanzierungen, die mehrere Banken bereitstellen, als eine dieser Banken direkt beteiligen können. Und es ist durchaus denkbar, dass dieses Geschäftsfeld sich ausweitet in den nächsten Monaten."

    Ob es eine Kreditklemme geben wird, die ihren Namen verdient, ist aber noch keineswegs sicher. Das hängt auch stark von der weiteren Wirtschaftsentwicklung ab. Vor allem die starken Schwankungen des Wirtschaftszyklus in den vergangenen Jahren hätten die Unternehmen, aber eben auch die Banken verunsichert, meint Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank:

    "Man darf nicht daran vorbeireden, dass in einer solchen Phase, wo die Risikobereitschaft, nicht nur der Banken, sondern eigentlich aller Akteure im Wirtschaftsleben geringer geworden ist - vielleicht gegenüber dem Normalzustand auch etwas zu gering ist, wie sie vor der Krise gegenüber dem Normalzustand eben zu stark gewesen ist -, dass diese Situation gegenwärtig vorherrscht und dass es erfahrungsgemäß einige Zeit, durchaus zwei, drei Jahre benötigt, um diese Risikobereitschaft wieder auf Normalität zurückzuführen."