Donnerstag, 25. April 2024

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'Wenn die Personalkosten explodieren kann man Insolvenz anmelden'

Zagatta: In Frankfurt sind wir jetzt mit dem Lufthansasprecher, Thomas Jachnow, verbunden. Herr Jachnow, offenbar ist es ja nicht ganz so schlimm gekommen, wie man es gestern noch erwartet hat. Wie stellt sich denn der Streik aus Ihrer Sicht im Moment dar?

16.01.2003
    Jachnow: Ich möchte das gar nicht herunterspielen oder verharmlosen. Das war ein Schlag ins Kontor, gerade für unsere Fluggäste. Wir haben, das ist der aktuellste Stand, rund 32 Flüge von sieben Flughäfen in Deutschland streichen müssen. Betroffen sind darunter auch sechs Flüge ins Ausland, Amsterdam, Warschau und London Heathrow. Das ist schon sehr unangenehm, nicht nur für unsere Kunden, sondern auch wirtschaftlich für uns. Also so gesehen, hat es schon gewirkt. Für uns besteht weiterhin überhaupt gar keine Veranlassung für Verdi, Streiks in diesem Ausmaße durchzuführen. Sie wissen, im Dezember waren wir schon einmal Opfer eines Verdi-Streikes. Da ging es um die Gehälter im Öffentlichen Dienst mit Hauptschwerpunkt der Flughäfen. Also mittlerweile wird es dann schon knapp, denn dem Luftverkehr und der Lufthansa geht es nicht so gut, wie vielleicht allgemein angenommen wird.

    Zagatta: Aber wäre es da nicht naheliegend, dass Sie sich, was die Gehaltsforderungen anbetrifft, doch etwas bewegen? Eben ist ja diese Gerechtigkeitslücke angesprochen worden. Also den Piloten der Lufthansa sind ja die Gehälter ganz gewaltig erhöht worden. Wieso soll sich das Bodenpersonal denn so bescheiden?

    Jachnow: Wir sprechen hier über zwei Dinge. Zum einen widerspreche ich der Behauptung, dass die Lufthansa sich nicht bewegt. Als Arbeitgeber haben wir ein vernünftiges Angebot abgegeben. Vorgestern haben wir dieses erweitern und weiter diskutieren wollen. Dieses Thema wollen wir am Verhandlungstisch zu einem Ende bringen. Meiner Meinung nach ist es die Gewerkschaft Verdi, die sich nicht bewegt. Ich habe noch nichts davon gehört, dass die von ihrer wahnsinnigen 9-Prozent-Forderung plus Ergebnisbeteiligung abgerückt sind. Das ist das eine Thema. Das andere Thema ist das Thema der Nehmermentalität. Wir haben vor zwei Jahren einen harten Kampf mit den Piloten ausgestanden. Wenn jede Berufsgruppe nachzieht und ähnlich viel haben will, dann kann Lufthansa bald den Laden dicht machen. Wir konnten an unserem Partner United Airlines sehen, was passiert, wenn die Personalkosten explodieren. Da kann man Insolvenz anmelden und den Laden dicht machen. Da wollen wir nicht hin. Gemeinsam mit den Mitarbeitern haben wir die stärkste Krise des Unternehmens vor zwei Jahren bis heute gemeistert. Wir stehen eigentlich im internationalen Wettbewerb gut da. Doch wenn ich mir die allgemeine Wirtschaftslage in Deutschland anschaue, da gibt es noch einen drohenden Irak-Krieg, dann stehen wir hier auf dünnen Füßen. Wenn wir jetzt in den Personalkosten überdimensioniert nachschlagen, und wir sprechen hier über 52.000 Personen, deren Gehälter sich verändern sollen, dann hat das unmittelbaren Einfluss auf das Wachstum des Unternehmens und auf die Arbeitsplätze.

    Zagatta: Wie geht es weiter? Wann wird weiter verhandelt?

    Jachnow: Ich denke, man wird sich in den nächsten Tagen wieder an den Verhandlungstisch setzen.

    Zagatta: Wann wird sich der Flugverkehr wieder normalisieren? Können Sie da etwas voraussagen?

    Jachnow: Ich sehe, dass an verschiedenen Flughäfen die Arbeit wieder aufgenommen wurde. Ich gehe davon aus, dass sich die Situation im Laufe des Mittags wieder einpendelt. Neben diesen Streichungen haben wir vereinzelt auch Verspätungen, aber das lässt sich alles wieder aufholen.

    Zagatta: Vielen Dank, Herr Jachnow!

    Link: Interview als RealAudio