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Wenn Jobs unter den Hammer kommen

Heutzutage ruft man Handwerker nicht mehr nur an - man findet ihn oder sie online. Mehrere Portale bieten die Möglichkeit, für die gewünschte Arbeit ein seriöses Angebot einzuholen und sich für das beste zu entscheiden. Doch der Dienstleistungswettbewerb im Netz hat nicht nur Vorteile.

Von Armin Himmelrath | 06.04.2012
    Eine Altbauwohnung in der Bonner Innenstadt. Katrin Müller ist gerade vor ein paar Wochen mit ihrem Freund hier eingezogen.

    "Ich hab in Freiburg studiert und bin jetzt neu nach Bonn gekommen und hatte eben nicht so viel Zeit und auch nicht die Muße, eine 80-Quadratmeter-Wohnung mit hohen Decken und Stuck zu streichen. Und deshalb ist die Entscheidung eigentlich ziemlich früh gefallen, dass wir uns einen Handwerker holen."

    Doch wie einen guten Maler finden in einer Stadt, in der sie sich noch nicht so richtig auskennt? Die junge Ärztin setzte auf's Internet: Auf der Seite "myhammer.de" veröffentlichte sie eine Beschreibung ihres Renovierungsauftrags.

    "Man muss sich da erstmal anmelden – das ist natürlich umsonst. Mit Passwort und Benutzername und allem Drum und Dran, und dann geht das eigentlich ziemlich schnell, dass man kurz beschreiben soll, wie die Verhältnisse sind: Also, wie groß die Wohnung ist und was man genau machen möchte, ob man noch tapezieren möchte und was weiß ich. Also, möglichst genau beschreiben praktisch – und dann einfach abwarten. Und man kann sagen, ich möchte das jetzt für eine Woche laufen lassen oder für einen Monat, und dann trudeln so die Angebote langsam ein."

    Auch Marieluise Borsch schaut sich regelmäßig auf dem Internetportal für Handwerker-Dienstleistungen um. Doch sie will nicht etwa ihre Wohnung renovieren lassen, sondern selber Hand anlegen: Zusammen mit ihrem Mann Dirk hat Marieluise Borsch einen kleinen Malerbetrieb in Alfter bei Bonn. Vier Angestellte und einen Azubi haben sie, und Marieluise Borsch kümmert sich darum, vom Küchentisch aus neue Aufträge an Land zu ziehen – über das Internet.

    "Man schaut halt jeden Tag rein: Was tut sich dort gerade? Welche Anfragen werden gestellt? Hat man in dem Zeitraum Kapazitäten? Man gibt Angebote ab, spricht auch mit den Kunden, und ja – da kommt dann halt schon Einiges bei herum."

    So stieß sie auch auf die Suchanzeige von Katrin Müller – und rechnete aus, zu welchen Konditionen ihr Mann den Auftrag übernehmen könnte.

    Ein Angebot, das die Bonner Ärztin überzeugte.

    "Er war nicht einer der Allerbilligsten, wir hatten auch noch günstigere Angebote – aber auch wesentlich teurere. Und diese Familie Borsch hatte eben über 300, glaube ich, positive Bewertungen. Und das hat uns dann eigentlich schon überzeugt, weil wir dachten: Wenn so viele Leute zufrieden waren mit ihm, dann wird das auch in Ordnung sein. Also, wir konnten uns da einreihen, es hat alles super geklappt, es ging schnell und unkompliziert, so, wie wir es wollten. Und deswegen haben wir uns für ihn entschieden, wegen dieser Bewertungen."

    Zuverlässig", "freundlich und flexibel", "sehr zufriedenstellend" – so hatten andere Kunden den Malermeister Borsch beurteilt. Und diese im Internet nachlesbaren Bewertungen, sagt Katrin Müller, seien in ihre Entscheidung genauso eingeflossen wie der Preisvorschlag. Der lag im unteren Mittelfeld. Die Spannbreite der Angebote war erstaunlich groß: Das billigste lag bei 1200 Euro das teuerste bei rund 3000 – und erst das Internet habe ihr den umfassenden Vergleich ermöglicht, sagt Katrin Müller. Ein Klick, und schon war der Auftrag erteilt. Preisverhandlungen waren nicht mehr nötig, Marieluise Borsch hatte mit ihrem Angebot bereits einen Festpreis angegeben.

    Seit sechs Jahren nutzt das Malerunternehmen Borsch schon das Internet zur Auftragsakquise. Und Marieluise Borsch bestätigt die Einschätzung ihrer Kundin: Der Preis alleine ist nicht entscheidend, um Erfolg zu haben. Mindestens ebenso wichtig sei die Präsentation des eigenen Angebots, sagt Marieluise Borsch.

    "Also, was haben wir da reingeschrieben? Also, so kurze Informationen über unsere Firma. Wir haben Bilder eingestellt, wir haben Dokumente hochgeladen, zum Beispiel, welche Weiterbildungsseminare wir besuchen, was wir halt für Tätigkeiten ausführen. Myhammer selber nutzen wir tagtäglich – und das zwei bis drei Stunden pro Tag Minimum."

    Rund die Hälfte des gesamten Umsatzes macht die kleine Firma mittlerweile mit Auftragsauktionen im Netz. Und das sei unglaublich bequem.

    "Man ist halt immer im Gespräch. Man hat die Angebote, die direkt Einem im Grunde an den Tisch gebracht werden. Man braucht keine hohen Werbungskosten zu investieren. Man braucht nicht immer unbedingt rausfahren. Ja, man hat halt so viele Vorteile durch dieses Internet: Zum Beispiel bei myhammer, da hat man auch dieses Bewertungsportal. Und dann sehen halt die Kunden schon anhand der Bewertungen, wie so eine Firma arbeitet. Und ich meine, wenn man jetzt mal so eine Anzeige in – zum Beispiel – den Gelben Seiten rechnet, die mal eben locker 8-10.000 Euro kosten kann, und hat dann aber das Branchenbuch von myhammer da gegenüber – also, das ist schon ein Vorteil."

    Die Auftragssuche über das Internetportal ist im Vergleich zu klassischen Werbemaßnahmen deutlich preiswerter für die Malerfirma.

    "Wir zahlen im Monat einen Beitrag für diese Basis-Mitgliedschaft in Höhe von 71-Euro-nochwas, und ansonsten zahlt man halt lediglich dann Gebühren, wenn man einen Auftrag auch erhält."

    Kommt ein Auftrag zustande, bekommt die Auktionsplattform vier Prozent Provision. Für die Betreiber ist das ein lohnendes Geschäft. Im Jahr 2010 machte "myhammer" einen Netto-Umsatz von 15,6 Millionen Euro – ein Plus von 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die Versteigerung der Arbeitskraft ist ein schnell wachsender Markt, sagt Niels Genzmer, Sprecher von "myhammer".

    "Wir haben uns mal den Handwerkermarkt in Deutschland angeguckt, und das ist ja, was viele, glaube ich, gar nicht wissen, ein riesiger Markt, der umfasst fast 500 Milliarden Euro. Meines Wissens gibt es überhaupt nur eine Branche, die noch größer ist, das ist die Gesundheitsbranche. Dann haben wir uns angeguckt: Welcher Bereich ist denn da für myhammer relevant? Das sind im Wesentlichen Privat-Auftraggeber, die auch für die Handwerker viel lukrativer sind, weil sie viel eher zahlen als zum Beispiel die öffentliche Hand – das macht ungefähr einen Anteil von 300 Milliarden aus. Wenn Sie jetzt sehen, dass wir vielleicht geschätzt einen mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrag pro Jahr vermitteln, dann können Sie sich ausrechnen, wie viel Potenzial da noch ist. Also, wir sind noch nicht mal bei einem Prozent des Marktes. Also mit anderen Worten: Da gibt's fast keine Grenzen."

    Niels Genzmers Optimismus rührt auch daher, dass aktuelle Umfragen den Kunden-Trend zur Online-Auftragsvergabe bestätigen. 42 Prozent der privaten Haushalte schauen demnach zuerst ins Internet, wenn sie einen Klempner, Dachdecker oder Gärtner brauchen. Rund 1,4 Millionen Kunden sind bei "myhammer" registriert, 600.000 Arbeitsaufträge werden dort pro Jahr ins Netz gestellt, aktuell laufen Ausschreibungen im Gesamtvolumen von 100 Millionen Euro. Und das sind nur die Zahlen des Marktführers: Hinzu kommen weitere Anbieter wie "blauarbeit" oder "handwerkerauktion". Wie hoch die Umsätze der Branche insgesamt sind, lässt sich nicht einmal schätzen. 2005, bei der Gründung der Plattform, hatte "myhammer" noch alleine auf den Preiskampf der Handwerker gesetzt. Niels Genzmer:

    "Myhammer ist in der Tat gestartet vor knapp sieben Jahren als Rückwärtsauktion. Das ging also so: Jemand beschreibt einen durchzuführenden Auftrag, beispielsweise: Ich möchte eine Zwei-Zimmer-Wohnung gemalt haben. Und dann kamen Anbieter und haben sich gegenseitig unterboten, und der günstigste hat gewonnen. Das haben wir aber sehr schnell geändert, weil wir festgestellt haben: Die Leute möchten nicht gewissermaßen gezwungen sein, den günstigsten zu nehmen."

    Wer heute als Handwerker mitbieten will, muss nachweisen, dass er die gewünschten Arbeiten auch ausführen kann und darf – weil er Mitglied der Handwerkskammer ist. Qualitätssicherung durch Qualifikationsnachweise, das sei heute die Politik des Unternehmens.

    "Sie können sehen, ob jemand einen Meisterbrief hat. Sie können sehen, wie er bewertet wurde von den bisherigen Kunden. Und Sie können auch sehen, für was er bewertet wurde – was hat das gekostet? Was sagt der Kunde? Wann ist dieser Auftrag durchgeführt worden? Und wo? Und all diese Faktoren ergeben ein Gesamtbild, nach dem ich mir den Handwerker – ganz wichtig: frei – aussuchen kann."

    Marieluise Borsch vom gleichnamigen Malerunternehmen glaubt, dass vor allem kleine Betriebe vom Marketing über das Internet profitieren können. So sei zum Beispiel das Einzugsgebiet für Aufträge größer geworden. Sogar Anfragen aus Frankreich und den Niederlanden habe sie schon erhalten – aber nicht angenommen, weil dann die Anreisekosten zu hoch gewesen wären. Und wer glaube, dass nur die digital natives im Netz unterwegs seien, also die jungen Leute, die schon mit dem Internet groß geworden sind, der liege völlig falsch.

    "Ich hab immer gedacht, das ist eher was für junge Leute, und habe aber festgestellt, dass die Rentner das genauso nutzen. Und deshalb, wie gesagt, der Kundenkreis ist vom Student bis zum Rentner über den Arbeiter – alles vertreten eigentlich."

    Ist die Versteigerung der Arbeitskraft über das Internet also ein Erfolgsmodell, das sich in Zukunft in immer mehr Branchen durchsetzen wird? Hilmar Schneider ist Arbeitsmarktökonom und Direktor des Instituts zur Zukunft der Arbeit in Bonn.

    "Zunächst mal ist es eine Entwicklung, die sich die gewachsene Informationstransparenz in Märkten zunutze macht. Das ist ja eigentlich eine sehr positive Geschichte. Märkte funktionieren dann besonders gut, wenn die relevanten Informationen für alle Beteiligten sichtbar und transparent sind. Damit werden Effizienzreserven mobilisiert, das kann auch einen Qualitätswettbewerb induzieren – und das ist eigentlich das, was wir uns von einem Markt wünschen."

    Und genau das leistet ein Preisvergleich im Internet, wie er auf zahlreichen Webseiten angeboten wird – von Handwerksleistungen bis zum Zahnersatz, von der Auto-Inspektion bis zur Hochzeitsplanung. Früher mussten die Kunden sich mühsam durch Kleinanzeigen und andere Informationsquellen arbeiten – heute stellen sie ihre Anforderungen ins Netz und warten auf Angebote. Hilmar Schneider:

    "Ein Markt, der intransparent ist, eröffnet immer auch Möglichkeiten, Informationsvorsprünge zum eigenen Vorteil zu nutzen. Und damit entstehen dann letzten Endes Gewinne, die nichts mit der Leistung, die da erbracht werden soll, zu tun hat, sondern schlicht und ergreifend mit dem Informationsvorsprung."

    Weil dieser Vorsprung kleiner wird, sinken die Preise für die Kunden, und das Geschäft für die Anbieter wird angekurbelt. Was der Bonner Wirtschaftsforscher deshalb mit Wohlwollen betrachtet, treibt dem Gewerkschafter jedoch Sorgenfalten auf die Stirn. Andreas Meyer-Laube ist Landesvorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Nordrhein-Westfalen.

    "Es hat schon eine neue Qualität, weil durch Internet-Portale natürlich die Zahl der Anbieter, die Zahl der Nachfrager erheblich steigt. Wir kennen das ja auch aus dem Handel: Wenn Sie ein gebrauchtes Auto suchen, können Sie sozusagen die Preismaschine über das Internet in Gang bringen und da lohnt sich ja auch 50 Kilometer Anreise. Bei der Arbeit sieht es so aus, dass unsere Hauptsorge ist, dass Arbeit abqualifiziert wird; dass nur noch über den niedrigsten Preis Entscheidungen getroffen werden."

    Preisdrückerei durch einen ruinösen Bieter-Wettbewerb – das befürchtet der Gewerkschafter vor allem. Und er warnt davor, dass auch die Kunden langfristig Nachteile haben könnten.

    "Das ist auf die Dauer wahrscheinlich für die Verbraucher nicht günstig, weil sie die Qualität nicht beurteilen können oder kaum beurteilen können; und wenn Sie schlechte Arbeit gemacht bekommen, dann ist auch der niedrige Preis die Arbeit nicht wert. Auf der anderen Seite haben natürlich alle Beteiligten die Schwierigkeit, wirklich gute Arbeit auch zu akzeptierten und guten Löhnen zu verkaufen. Insofern entgrenzen wir da so ein bisschen den Markt, der eigentlich tradiert handwerklich organisiert ist."

    Das seien nur theoretische Sorgen, der Markt werde sich letztlich selber regeln, widerspricht Wirtschaftsforscher Hilmar Schneider – und verstärkt damit nur wieder die Befürchtungen des Gewerkschafters Andreas Meyer-Laube.

    "Wenn jemand Leistungen anbietet, die nicht kostendeckend sind, kann man davon nicht leben und dann wird es auch diese Leistungen nicht mehr geben. Insofern funktioniert das hier genau so, wie ein Markt funktionieren soll."

    "Die größten Risiken entstehen da, wo sie tradiert auch schon im Wettbewerb entstehen: Nämlich, dass man versucht, über Lohndrückerei, über Niedriglöhne bestimmte Aufträge zu bekommen. Und damit natürlich eine gesicherte Existenz durch Arbeit immer weniger möglich wird."

    Auch Michael Urban versteigert seine Arbeitskraft im Netz, auch er nutzt den Preis als Verkaufsargument. Einen Einkommensrückgang, sagt der Kölner Zahnarzt, habe er noch nicht feststellen können. Nahezu zwei Drittel seines Umsatzes macht er schon über das Internet, denn auch für Zahnersatz gibt es Angebotsbörsen, etwa unter dem Namen "zahngebot.de": Patienten laden ihren Heil- und Kostenplan für Zahnersatz im Internet hoch und lassen sich dann Behandlungsangebote von Ärzten schicken. Ein lukratives Feld sei das für ihn, sagt Michael Urban – wenn er richtig kalkuliert:

    "Ich muss ja ausrechnen, was mich die Arbeit kostet, und muss halt eben dann mein Honorar drauf rechnen, und dann kann ich sagen: Okay, für dieses Honorar arbeite ich noch – oder halt eben: Ich lasse es sein. Arbeiten, die uninteressant sind, da gehe ich erst gar nicht rein. Und wenn ich schon sehe, dass Kollegen extrem günstig drauf geboten haben, habe ich auch kein Interesse da dran – denn: Es wird zum Teil auch Arbeit in China gefertigt. Wobei es dann auch dabeisteht: Chinaarbeit. Und gut, da kriegen Sie auch die Kronen für 60 Euro oder 50 Euro. Aber solche Arbeiten laufen bei mir nicht durchs Labor und auch nicht durch die Praxis."

    Zahnersatz aus seinem eigenen Labor, garantiert hergestellt in Deutschland, könne er gegenüber der kassenärztlichen Regelleistung deutlich preiswerter anbieten, sagt Michael Urban: So fallen etwa bei einer Brücke statt 1500 Euro Eigenbeteiligung nur rund 750 Euro für die Patienten an. Wie er es schafft, bei diesem Preis dennoch auf seine Kosten zu kommen?

    "Ich verdiene zwar an jeder Arbeit weniger, aber bedingt dadurch, dass ich ausgelastet bin und halt eben keine Leer- und Freizeiten in der Praxis habe, rechnet sich dieses Modell."

    Was also selbst aus Sicht des Zahnarztes perfekt läuft, birgt nach Ansicht von Arbeitsmarktökonom Hilmar Schneider jedoch auch Risiken.

    "Das große Problem bei diesen Internet-Auktionen ist sicherlich die Qualitätskontrolle. Im Internet versucht man sich hier zu helfen, indem man im Grunde so Anbieter-Bewertungen einführt. Aber das wird aus meiner Sicht so lange nicht funktionieren, wie es möglich ist, dass man solche Bewertungen in der Anonymität und ohne zur Rechenschaft gezogen werden zu können, durchführen darf. Alles, was wir sehen in dem Zusammenhang, läuft darauf hinaus, dass sich da Menschen austoben, die sich aus irgendwelchen Gründen Gehör verschaffen wollen und die auch ohne mit der Wimper zu zucken den größten Unfug da platzieren. Und solche Bewertungsportale, die sind völliger Nonsens, die sind völlig nutzlos."

    Ein hartes Urteil. Doch auch Marieluise Borsch vom Malerbetrieb im rheinischen Alfter hat bereits erfahren, wie schwierig es ist, von den Kunden immer wieder gute Bewertungen zu bekommen. Dabei sei die fachliche Qualität der Arbeit nur der eine Aspekt.

    "Ja, das ist gar nicht so einfach. Man muss halt immer hinterher sein. Selbst wenn die Arbeiten von unseren Mitarbeitern ausgeführt werden, dann muss mein Mann im Anschluss hinfahren und muss wirklich gucken, nachschauen, ist es auch wirklich gut gelaufen. Das ist auch nicht unerheblich, ist mit Kosten verbunden, weil er halt extra hinfahren muss. Und ja, es ist nicht einfach, weil: Es gibt auch Kunden, die meinen, sie könnten einen mit so einer Bewertung unter Druck setzen und versuchen, im Nachhinein den Preis zu drücken. Wir haben auch schon öfters gesagt: Nun gut, wenn er meint, er muss 100 Euro sparen, dann soll er die sparen und ich hab meine Ruhe. Weil man halt sonst die Gefahr läuft, man könnte eine schlechte Bewertung bekommen."

    Für Hilmar Schneider ein klares Signal dafür, dass bei den Internet-Auktionen noch längst nicht alles rund läuft. Ohnehin sind Versteigerungsportale für Dienstleistungen in ihrer Reichweite beschränkt, sagt der Wirtschaftsforscher: Je komplexer eine Aufgabe ist, desto unsinniger werde es, ihre Erledigung über das Netz zu versteigern. Unternehmerischer Erfolg sei dann nicht mehr zu erwarten. In einem Artikel hat Hilmar Schneider sich kürzlich mit den Plänen des Informationstechnologie-Unternehmens IBM beschäftigt, in Zukunft Zulieferungen im Internet ausschreiben.

    Hilmar Schneider ist mehr als skeptisch, dass diese Idee funktioniert. IBM wolle die Produktionsprozesse für Software und technische Dienstleistungen in kleine und kleinste Einheiten aufteilen. Diese Art der Organisation von Unternehmen war unter der Bezeichnung Taylorismus, benannt nach ihrem Erfinder, im vergangenen Jahrhundert weit verbreitet. Heute jedoch, sagt Hilmar Schneider, gehe es darum, die Mitarbeiter in die Verantwortung mit einzubinden.

    "Das, was bei IBM jetzt gerade angedacht ist, ist im Prinzip der Versuch, den Taylorismus in eine Welt wieder zurückzubringen, wo Verantwortung des Arbeitnehmers für das Produkt mit dem Produktionsprozess eine völlig andere Rolle hat, als das noch vor zehn oder 20 Jahren der Fall war. Und wenn Sie mich fragen, dann würde ich sagen: Bei IBM hat man nicht verstanden, wo die Reise hingeht. Dieser Versuch, Entwicklungsprozesse, kreative Prozesse, in tayloristischer Manier so zu zerlegen, dass man sozusagen die kostengünstigste Form der Produktion findet, der wird scheitern."

    Schneiders Fazit: Gut beschreibbare Dienstleistungen würden mehr und mehr über Internetportale ausgeschrieben mit der Folge, dass die Gewinnspannen für die Anbieter kleiner werden. Anders, sagt der Arbeitsökonom, sei das bei kreativen Dienstleistungen – und wo da genau die Trennlinie verlaufe, müsse und werde sich im Wettbewerb entscheiden. Kundin Katrin Müller jedenfalls war mit ihren ersten Internet-Auktionserfahrungen so zufrieden, dass sie weiter auf diesen Weg der Kontaktaufnahme zu Handwerkern setzt.

    "Ich habe schon zwei andere Sachen eingestellt. Einmal eine Schimmelbeseitigung, da haben wir uns dann aber doch anders entschieden, dass wir es doch erst einmal selber machen. Und dann wollen wir unsere Küche hier aufbauen lassen, da müssen wir uns jetzt noch für einen Anbieter entscheiden."


    Schöne neue Arbeitswelt - Sendereihe zur Gegenwart und Zukunft unserer Jobs