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Wertvoller Abfall

Im Müll steckt für die Kommunen jede Menge Geld, nämlich im Verkauf der Wertstoffe. Um diese buhlen sie mit den privaten Entsorgern. Mittwoch tagt der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat. Sie werden die Neuordnung des Abfallrechts beraten.

Von Tonia Koch | 07.02.2012
    Mit Müll lässt sich Geld verdienen und mit den werthaltigen Bestandteilen im Müll lassen sich Rohstoffe wie Holz, Öl oder Metalle ersetzen, die in Europa nicht im Überfluss vorhanden sind. Die Länder der Europäischen Union haben deshalb beschlossen, sich neue Ziele zu setzen. Zukünftig sollen 65 Prozent aller Siedlungsabfälle, darunter fallen Papier, Glas, biologische Abfälle, Verpackungen oder Elektroschrott recycelt werden. Für deutsche Haushalte sei das alles andere als eine Herausforderung, klagt der Präsident des Bundesverbandes der deutschen Entsorgungswirtschaft, Peter Kurth.

    "Dazu muss man wissen, dass wir heute schon 64 Prozent haben, das heißt, das Gesetz beschreibt den Status quo als Zielvorstellung für das Jahr 2020."

    Die 65 Prozent sind ein europäischer Mittelwert, ein Kompromiss, mit dem alle EU-Länder leben können. Und diese Vorgabe muss in nationales Recht übertragen werden. Die Bundesregierung ändert deshalb das Kreislaufwirtschaftsgesetz, das hierzulande die grundsätzlichen Regeln festlegt, nach denen Abfälle eingesammelt und verwertet werden. Und obwohl auf den ersten Blick alles klar scheint, streiten sich Bund und Länder darüber, wer denn das Geschäft mit dem Müll machen darf, die Kommunen oder die privaten Entsorgungsunternehmen. Um diese Kernfrage geht es morgen im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat.

    Dass es sich womöglich auszahlen kann, beim Wettlauf um den Müll frühzeitig am Start zu sein, rechnet das Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln vor: Im Jahr 2009 seien aus Müll Sekundärrohstoffe im Wert von 8,4 Milliarden Euro herausgelöst worden. In wenigen Jahren - bis 2015 - ließe sich die Produktion dieser Rohstoffe aus zweiter Hand mehr als verdoppeln, auf dann 18 Milliarden Euro. Diese Zukunftsvision im Blick, verwundert es nicht, dass die Kommunen sich ein Zugriffsrecht auf Wertstoffe aller Art sichern wollen. Bernd Selzner, Werkleiter des Saarbrücker Entsorgungsbetriebes.

    "Wir wollen die Wertstoffströme selbst in der Hand halten und auch die Erträge daraus erwirtschaften, damit wir den Bürgerinnen und Bürgern das wieder zurückgeben können."

    Ursprünglich verfolgte die schwarz-gelbe Bundesregierung die Idee, den Abfallmarkt weiter zu liberalisieren. Das heißt, der privaten Entsorgungswirtschaft sollten gewerbliche Sammlungen von Altpapier über Glas bis hin zu Metall und Plastik erleichtert werden. Das aber war mit den Bundesländern nicht zu machen. Die kommunalen Verbände übten mächtig Druck auf die Länder aus, damit diese der - aus ihrer Sicht -gesetzlich autorisierten Rosinenpickerei der Privaten einen Riegel vorschieben. Mit Erfolg, sagt der Geschäftsführer des EVS, des Entsorgungsverbandes Saar, Heribert Gisch.

    "Also, wir haben das Gesetz deutlich zugunsten der Öffentlich Rechtlichen und damit zugunsten der Bürger beeinflussen können."

    Vor allem die Regelungen, dass die Kommune Vorrang hat, wenn sie Sammlungen - etwa für Altpapier - selbst veranstalten möchte oder private Anbieter in die Schranken weisen darf, wenn diese durch ihr Engagement die öffentliche Gebührenstruktur ins Wanken bringen, eröffnet den Kommunen weitreichende Spielräume. Die kommunale Seite stapelt tief und spricht in diesem Zusammenhang lieber von Wahrung der Chancengleichheit. Heribert Gisch.

    "Wenn wir als Öffentlich-Rechtliche flächendeckend etwas anbieten müssen, dann müssen dies auch die Kriterien sein, denen sich der Private unterwirft. Es kann nicht sein, dass der Private sagt, wenn ich gerade einen guten Preis kriege, dann mache ich eine Sammlung, und wenn ich gerade keinen guten Preis kriege, dann muss der Öffentlich rechtliche den Mist wieder annehmen. Wenn wir Chancengleichheit wollen, dann müssen die Privaten nach den gleichen Kriterien behandelt werden. Da gibt es noch erheblichen Nachjustierungsbedarf, aber der Trend geht in die Richtung."

    Bei der morgigen Sitzung des Vermittlungsausschusses ist nicht damit zu rechnen, dass die Kommunen den Privaten weitreichende Zugeständnisse machen werden, dafür werden die Bundesländer sorgen. Und die Haltung der Länder wird auch ein zweites Gesetz beeinflussen, das noch dieses Jahr verabschiedet werden soll - das sogenannte Wertstoffgesetz. Es soll sich um all jene wertstoffhaltigen Abfälle kümmern, die trotz ausgeklügelter Erfassungssysteme noch immer in der Restmülltonne landen. Dazu zählen etwa ausgediente Handys, Kochtöpfe oder Plastikspielzeug. Die recyclingfähigen Mengen sind beträchtlich. Norbert Nöll, Pressesprecher des Dualen Systems Deutschland, einer Vergabestelle des Grünen Punktes.

    "Da gibt es wissenschaftliche Untersuchungen dazu, die sagen, dieses Potenzial liegt bei sieben bis acht Kilogramm pro Einwohner und Jahr."

    Die Länder wollen dieses Wertstoffaufkommen keinesfalls den privaten Entsorgern überlassen und haben deshalb bereits durchgesetzt, dass es nicht - wie von Bundesumweltminister Norbert Röttgen, CDU geplant - eine einheitliche Wertstofftonne für ganz Deutschland geben wird, sondern dass zukünftig eine Wertstoffsammlung durchgeführt werden soll. Wie diese Sammlung organisiert wird, darüber wollen in erster Linie Länder und Kommunen entscheiden. Heribert Gisch.

    "Zurecht haben die süddeutschen Bundesländer, die ja seit Jahren über ein engmaschiges Netz an Wertstoffhöfen verfügen, darauf hingewirkt, zu sagen, die Tonne ist gut und richtig, aber, sie darf nicht durch den Gesetzgeber als einzige Form festgelegt werden, sondern vergleichbare qualitative Erfassungssysteme sollen genau so die Möglichkeit haben und da wir im Saarland auf genau diese Form aufgrund der süddeutschen Erfahrungen gesetzt haben, sind wir sehr froh darüber, dass diese Variante jetzt vom Gesetzgeber ermöglicht werden soll."

    Der Vorteil der Wertstoffhöfe gegenüber der Tonne liege in der Sortenreinheit, so die Befürworter der Zentren. In Ormesheim einem von 20 EVS Wertstoffzentren im Saarland weist Conny Zimborsky den Kunden den Weg. Container mit Kühlschränken, daneben ein anderer mit Fernsehern und Computern.


    "Der steht nicht ganz eine Woche und ist zu Dreivierteln voll in etwa. Die ganze Breite der Telekommunikationsgeräte."

    Für die Gruppe 5, die Haushaltskleingeräte, ist ebenfalls ein Container aufgestellt. Er fülle sich, sagt der Abfallexperte des EVS, Ralph Kien, wenn auch nur langsam.

    "Eine Kaffeemaschine, ein Toaster und ein Staubsauger, da hätten sie schon Probleme, den in die Tonne zu bringen. Das ist auch Material, da gibt es im Moment noch kein Geld dafür oder sagen wir, nicht viel, weil, es ist auch viel mehr Plastik, wo die Entsorgung entsprechend Geld kostet; die werthaltigen Dinge, die muss man suchen, das ist auch von der Aufbereitung her viel aufwendiger."

    Die kommunalen Unternehmen halten nichts von verpflichtenden Regeln. Sie wollen sich nicht vorschreiben lassen, wie sie die zusätzlichen Wertstoffe, die noch immer im Restmüll landen einsammeln. Städte und Gemeinden sind in diesem Zusammenhang für individuelle Lösungen. Sie wehren sich nicht grundsätzlich gegen eine Wertstofftonne. In Großstädten mit größeren Wohneinheiten etwa, werde man sich nicht dagegen stemmen. In ländlichen Räumen könnte der Ausbau der bestehenden Bringsysteme, also der Wertstoffhöfe, ein erfolgversprechendes Modell sein, die Sammelquoten zu erhöhen. Wichtig sei es aber, auf freiwillige Lösungen zu setzten, sagt Bernd Selzner vom Saarbrücker Entsorgungsbetrieb.

    "Wir müssen unsere Bürgerinnen und Bürger mitnehmen. Das wäre das Schlimmste, was passieren würde, dass wir ein Konzept überstülpen, gegen den Willen der Bürger."

    Saarbrücken experimentiert mit einer Wertstofftonne, Hannover auch. Die Berliner sammeln in einer Tonne, die sie der Farbe wegen orange Box nennen und Leipzig stellt seinen Bürgern gelbe Tonnen plus vor die Tür. Das heißt, darin werden Verpackungen gesammelt sowie seit geraumer Zeit auch Töpfe, Pfannen, ausgediente Plastikschüsseln und kleinformatige Elektrogeräte, wie Bügeleisen, Toaster oder Handys. Dafür steht das Plus. Die Beispiele zeigen, im Moment herrscht deutschlandweit ein wildes Durcheinander. Das Wertstoffgesetz soll daher auch klären, welche Stoffe überhaupt in eine Wertstofftonne hineingehören und welche nicht.

    "Metall, Plastik. Mehr sieht man nicht, eine Stichsäge, wunderbar ... "

    Einig sind sich die Abfallexperten, dass auch künftig Textilien aus der Tonne draußen bleiben sollen. Herkömmliche Sortieranlagen wären mit den abgetragenen Jeans und Pullovern überfordert. Auch für Batterien, Holz und Gummi lautet die Empfehlung: Bitte nicht in die Wertstofftonne. Keine einheitliche Position gibt es bislang allerdings im Hinblick auf Elektrokleingeräte. Norbert Nöll, Vertreter des Dualen Systems Deutschland.

    "Weil, es gibt eine zu geringe Datenlage, um zu beurteilen, ob es sinnvoll wäre, die Elektrogeräte in der Wertstofftonne mit zu sammeln."

    Bislang kann der Verbraucher seinen defekten Toaster oder das Handy beim Händler zurückgeben, auch dann, wenn er kein neues Gerät kauft oder er bringt seine ausgedienten Elektrogeräte zu kommunalen Sammelstellen. Und wenn es nach den Vorstellungen des Umweltbundesamt geht, dann soll es bei einer getrennten Erfassung von Elektrokleingeräten bleiben. Das Amt möchte keine Rasierapparate, Handys oder Heizstrahler in der Wertstofftonne sehen. Für diese Position gäbe es gute Gründe, sagt Norbert Nöll.

    "Auch das hat wieder mit den Sortieranlagen zu tun. Weil das Material stark bewegt wird. Zum Beispiel in großen Siebtrommeln in anderen Maschinen, wo es dann auch schon mal einen halben Meter runter fällt auf's nächste Förderband. Elektrogeräte werden dabei zerstört und Schadstoffe freigesetzt, die dann andere Materialien kontaminieren."

    Aber sowohl die privaten als auch die kommunalen Entsorger haben ein Interesse am kleinformatigen Elektroschrott. Sowohl die Metalle, die sich darin finden - etwa Kupfer oder Gold - als auch die Metallgehäuse können auf den Sekundärrohstoffmärkten, auf denen mit Materialien aus zweiter Hand gehandelt wird, verkauft werden. Elektroschrott, ob klein oder groß, verspricht Erlöse und deshalb beeilt sich die private Entsorgungswirtschaft zu betonen, dass es kein Problem, darstelle, die kleinformatigen Elektroteile gemeinsam mit anderen Materialien in einer Wertstofftonne zu sammeln. Peter Kurth, Vertreter der Entsorgungswirtschaft.

    "Das geht ausgezeichnet. Die Pilotprojekte, die wir verfolgt haben, haben im Regelfall Elektrokleingeräte mit erfasst. Und dies ist auch der Wert der Sekundärrohstoffe, über den wir reden, der am interessantesten ist. Wir gehen heute davon aus, dass doch noch die Mehrheit der Elektrokleingeräte, die im Haushalt als Abfall anfallen, nicht über die Sammelstellen wieder in den Kreislaufwirtschaftsprozess eingegliedert wird, sondern dass sie in der Verbrennungsanlage landen."

    Testergebnisse der in Saarbrücken aufgestellten Wertstofftonnen belegen, dass der Verbraucher seinen Elektroschrott in die Tonne packt, wenn ihm der Entsorger die Möglichkeit gibt und ihm eine Wertstofftonne vor die Tür stellt.

    Ein Bürger:

    #"Man kann doch nicht wegen jeder Kleinigkeit auf den Wertstoffhof fahren, da hat man die Tonne und kann es gleich reinmachen."

    Unumstritten ist, dass es effizienter ist, Wertstoffe einzusammeln, statt die Bürger zu bitten, wertstoffhaltige Gegenstände an Sammelstellen wieder abzuliefern.

    Bernd Selzner, Werkleiter des städtischen Entsorgungsbetriebes, bestätigt die Überlegenheit des kundenfreundlichen Holsystems.

    "Wir können sagen, dass zwischen 30 bis 40 Prozent, teilweise sogar 45 Prozent bei der letzten Sammlung Elektrokleingeräte sind."

    Insgesamt 2,2 Tonnen Wertstoffe hat die letzte Sammlung in einem der Saarbrücker Testgebiete erbracht. Sie werden in der Sortieranlage überwiegend von Hand verlesen. Achim Kiefer:

    "Das ist keine Anlage, die neu konzipiert worden ist und Stand der Technik ist, sondern es ist ein einfaches Sortierband. Wir haben einen Magnetabscheider, den setzten wir aber nicht ein, weil er erstens die Elektroteile nicht vom Altmetall trennt und die Elektroteile sind zu groß, die müssen wir wieder ins Detail sortieren."

    Vieles war unter einem großen Berg verschüttet und auf den ersten Blick auch für Betriebsleiter Achim Kiefer nicht zu erkennen.

    "Eine Mikrowelle, da ist auch ein Flachbildschirm sehe ich gerade. Laufwerk vom Computer, Kabel ... "

    Die größeren Geräte lassen sich problemlos aussortieren. Für die Kleinteile lohnt sich jedoch - zumindest beim derzeitigen Automatisierungsgrad der Sortieranlage - der Aufwand nicht.

    "Es sind ja auch noch Wertstoffe, aber die werden im Moment nicht sortiert, weil sie zu klein sind. Der Anteil beträgt 30 Prozent, es ist von Anlieferung zu Anlieferung verschieden."

    Ob die Anlagen entsprechend weiter entwickelt werden können und ob sich die Kommunen oder eher noch die private Wirtschaft bereit finden werden in eine technische Perfektion von Sortieranlagen zu investieren, wird neben den gesetzlichen Rahmenbedingungen von der Entwicklung der Preise auf den Sekundärrohstoffmärkten abhängen. Aber eines sei sicher, das Sammeln und Verwerten koste zunächst einmal Geld, bevor daran gedacht werden kann, etwas damit zu verdienen. Die Infrastruktur müsse bereitgestellt werden: Gefäße, Müllautos, Sortieranlagen, Verarbeitungssysteme und Personal. Diese Einschätzung vertritt das Duale Systems in Deutschland, das über langjährige Erfahrungen mit dem Einsammeln und Verwerten von werthaltigen Verpackungsmaterialien verfügt. Norbert Nöll.

    "Natürlich verkaufen auch wir Wertstoffe, die wir aus dem gelben Sack oder der gelben Tonne erzeugen. Das betrifft zum Beispiel Metalle, Weißblech und Aluminium für die sie gute Preise auf dem Markt erzielen, wenn sie diese in ordentlicher Qualität liefern können. Das betrifft auch Kunststoffe, die wir sortenrein zur Verfügung stellen, sodass es auf dem Markt dafür einen Preis gibt. Aber diese Erlöse decken bei Weitem nicht die Kosten, die die Infrastruktur erzeugt, und das wird auch bei der Wertstofftonne nicht anders sein."

    Trotzdem buhlen sowohl die privaten Entsorger als auch die Kommunen um das Geschäft mit den Wertstoffen. Immer mehr Städte und Gemeinden gehen dazu über, den Restmüll zu wiegen. Die Restmülltonnen werden mit elektronischen Chips versehen, der Müll gewogen und die Bürgerinnen und Bürger zahlen nach Gewicht. Das hat zur Folge, dass die Sortierfreude der Bürger steigt, um Geld zu sparen. Städte und Gemeinden tun also gut daran, alternative Erfassungssysteme zusätzlich anzubieten. Eine Wertstofftonne, die den Nutzer nichts kostet, sei der richtige Weg, sagt Bernd Selzner vom Saarbrücker Entsorgungsbetrieb.

    "Wir müssen für jede Restmülltonne beim Entsorgungsverband ca. 220 Euro bezahlen. Und alles, was wir aus dieser Restmüllmenge herausnehmen können, rechnet sich für uns. Es ist auch so, dass die Preise sehr volatil sind, das heißt, sie schwanken sehr, sodass es für uns zurzeit ein Nullsummenspiel ist. Die Rohstoffe werden aber knapper werden, das kann man überall verfolgen und wir wollen von der Strategie her schon am Start sein, wenn es darum geht, Erlöse einzufahren."

    Das Sammeln von Wertstoffen ist jedoch nur eine Seite der Medaille. Das Verwerten die andere. Und im Hinblick auf die Verpackungsmaterialien, die in Deutschland überwiegend in gelben Säcken oder gelben Tonnen eingesammelt werden, sieht es anders als bei Glas, Papier und Metall düster aus. Nicht aus jedem Joghurtbecher wird eine Parkbank. Die stoffliche Verwertung lag nach Angaben des Umweltbundesamtes im Jahr 2009 bei 41 Prozent. Über die Hälfte der eingesammelten Kunststoffe wird als Ersatzbrennstoff genutzt, das heißt zum Beispiel in den Brennöfen der Zementindustrie oder landet in Müllverbrennungsanlagen. Und der Trend geht klar in Richtung Verbrennung. Schuld an dieser Situation seien eindeutig die Kommunen, die zu hohe Verbrennungskapazitäten aufgebaut hätten, argumentiert der Verband der privaten Entsorger, Peter Kurth.

    "Wir haben eine Überkapazität von einigen Millionen Tonnen was dazu führt, dass Verbrennung einfach zu preiswert wird. Und damit kommt dann qualitativ vernünftiges Recycling nicht mehr mit."

    Die Kommunen kontern den Vorwurf aus den Reihen der Privaten, sie hätten lediglich ein Interesse daran, ihre überwiegend im öffentlichen Besitz befindlichen Müllverbrennungskapazitäten auszulasten mit dem Hinweis, dass die Privaten es auch nicht besser machten. In der Tat muss der Präsident der Privaten Entsorger zugeben, dass an dieser Argumentation was dran ist.

    "Richtig ist, wenn sie sagen, dass sie für eine Tonne Müllverbrennung nur 40-45 Euro zahlen, während qualitativ hochwertiges Recycling bei 70 bis 80 Euro liegt, dann gehen in der Tat Mengen in die Verbrennung, die wir eigentlich stofflich verwerten wollen und wo es aus ökologischen und ökonomischen Gründen auch sinnvoll wäre, diese zu recyceln. Aber dazu müssen auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen und das ist eben im Moment nicht der Fall."

    Völlig offen ist im Moment ebenfalls wie denn eine Wertstofftonne respektive eine Wertstoffsammlung künftig finanziert werden soll. Bislang werden zwei Modelle diskutiert. Konzept A verfolgt die Ausweitung der sogenannten Produktverantwortung. Das heißt, damit ein Joghurtbecher mit einem grünen Punkt versehen werden kann, beantragt der Hersteller gegen ein entsprechendes Entgelt eine Lizenz. Und die Idee ist nun, die Produktverantwortung über die Verpackungen hinaus auf Töpfe, Pfannen, Schraubenzieher auszudehnen. Damit würde in erster Linie der Hersteller und in zweiter Linie der Verbraucher zur Kasse gebeten, der die Entsorgung über den Kaufpreis mitfinanziert. Konzept A wäre ganz nach dem Geschmack der Privatwirtschaft Norbert Nöll Vertreter des Dualen Systems.

    "Sie haben eine direkte Zuordnung der Entsorgungsverantwortung an den Verursacher und sie schaffen beim Hersteller einen direkten Anreiz, seinen Joghurtbecher so zu gestalten, dass die Entsorgung möglichst wenig kostet, also zum Beispiel weniger Material einzusetzen."

    Im Modell B bliebe alles beim Alten. Die Zuständigkeit für den Inhalt der Wertstoffsammlung würde geteilt. Konkret bedeutet dies: Verpackungsmaterialien mit dem Grünen Punkt würden weiterhin über das Duale System entsorgt. Die Verantwortung für die zusätzlich eingesammelten Wertstoffe von der Kaffeemaschine bis hin zur Plastikente läge bei den Kommunen. Die fachgerechte Entsorgung dieser Produkte würde der Bürger dann weiterhin über Müllgebühren finanzieren. Entschieden ist nichts. Nur klar ist auch, im Spiel um die Wertstoffe werden sich die Kommunen die Butter nicht vom Brot nehmen lassen.