Mit drei kleinen Kindern im Homeoffice

"Papaaa – abputzen!"

04:15 Minuten
Deutschlandradio-Korrespondent Michael Watzke im Kinderzimmer. Neben ihm sitzt ein Plüschelch.
Volle Familienpackung: Unser Autor Michael Watzke hat seine drei kleinen Kinder jetzt rund um die Uhr zu Hause. © Michael Watzke / Deutschlandradio
Von Michael Watzke · 01.04.2020
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Was macht der hart recherchierende Radiojournalist, wenn die Kinder mitten im Interview Carrera-Bahn spielen wollen oder Hilfe auf der Toilette brauchen? Immer schön die Nerven behalten. Einblicke ins Homeoffice des Kollegen Michael Watzke.
Was macht der hart recherchierende Radiojournalist, wenn die Kinder mitten im Interview Carrera-Bahn spielen wollen oder Hilfe auf der Toilette brauchen? Immer schön die Nerven behalten. Einblicke ins Homeoffice des Kollegen Michael Watzke.
"Können wir jetzt die Carrera-Bahn aufbauen?"
"Wir wollen doch gleich einen Ausflug machen!"
"Nach dem Ausflug!"
"Nach dem Ausflug können wir über die Carrera-Bahn reden! Wenn das dann noch passt. Jetzt machen wir erst Hausaufgaben und dann den Ausflug, okay?"
"Du hast gesagt später!"
"Genau! Nach dem Ausflug!"
Corona-Alltag im Homeoffice. Zwischen Spielen, Arbeiten und Frische-Luft-Schnappen. Die drei Kinder haben sich an den immer gleichen Tagesrhythmus gewöhnt. Sogar die Kleinste, zwei Jahre alt, kann inzwischen Corona sagen. Und ihr älterer Bruder, gerade fünf geworden, weiß sogar schon, was man gegen das Virus tun muss:
"Händewaschen!"
"Was noch?"
"Gute Sachen essen!"
"Und den anderen nicht zu nahe kommen, richtig?"
"Ja, denn wenn man ihnen zu nahe kommt, kriegt man auch den Corona!"

Die Große vermisst sogar ihre Lehrerin

Die Älteste, sechs Jahre alt, ist in der ersten Schulklasse. Anfangs fand sie es toll, nicht mehr in die Schule zu müssen. Aber mittlerweile vermisst sie ihre Freundinnen und sogar ein bisschen ihre Lehrerin. Jeden Vormittag ist jetzt für etwa zwei Stunden Hausaufgabenzeit.
"Bin fertig!"
"Fertig? Und jetzt lesen!"
"Aber mit dir, Papa!"
"Mit mir? Dann komme ich!"
Und ich weiß, es wird irgendwann passieren im Corona-Homeoffice. Ich werde gerade ein Livegespräch im Deutschlandradio zu den neuesten Maßnahmen der bayerischen Staatsregierung haben – und plötzlich hört man ein lautes "Papaaa, abputzen!"
Das wäre dann die Kleinste, die gerade lernt, aufs Töpfchen zu gehen. Ihre körperlichen Bedürfnisse mit den beruflichen Verpflichtungen ihrer Eltern zu verzahnen – das ist die nächste Herausforderung. Meistens gehe ich für die Livegespräche vor die Haustür – zumindest wenn es nicht regnet. Beiträge schneiden kann ich auch daheim am Computer, wenn mir nicht gerade ein Rennwagen über die Tastatur saust.
"Warum möchtest du mit der Carrera-Bahn spielen?"
"Weil wir noch lange nicht mehr aufgebaut haben!"
"Stimmt! Jetzt wäre die Gelegenheit."
"Jetzt, wo der Corona ist."
"Vielleicht ist das das Gute an Corona – dass wir endlich mal wieder mit der Carrera-Bahn spielen können!"
Der Fußboden des Kinderzimmers ist mit einem Spielteppich und vielen Papierschnipseln bedeckt. Zu sehen sind unscharf drei kleine Kinder.
Es geht rund im Kinderzimmer der Watzkes: Die drei kleinen Kinder wollen sich austoben.© Michael Watzke / Deutschlandradio
Mindestens einmal am Tag müssen die Kinder raus. Leider gibt es keine Spielplätze mehr. Unser Hausmeister Jörg hat sie absperren müssen.
"Mir tut es in der Seele weh, dass die Kinder nicht mehr an die Spielplätze können", sagt er. "Aber ich kann’s leider nicht ändern. Klar, jedes Kind will spielen und will nicht den ganzen Tag in der Bude sitzen. Das geht nicht. Aber ich geb‘ dem Söder nicht die Schuld. Weil er hat die Verantwortung über Bayern. Und jetzt muss man diese Einschränkung machen."*
Also gehe ich mit den Kindern einmal täglich raus in den Park:
"Weißt du, was das für Vögel sind?
"Adler?"
"Nein, die sind etwas kleiner als Adler!"
"Bussarde!"
"Richtig, Bussarde. Was machen die für Geräusche?"
"Kiiijaaa!"
Dann geht es von der großen Freiheit wieder zurück in unsere kleine, enge Innenstadtwohnung in München. Ich hoffe für die Kinder, dass nicht der ganze Frühling dieses Jahr dem Coronavirus zum Opfer fällt. Aber wenn sich tausende Menschenleben nur so retten lassen, dann müssen wir da durch und werden es schaffen.
Die Kinder werden sich, wenn sie größer sind, an diesen seltsamen Coronafrühling erinnern. Und dann fahren wir wieder zu unserer alten Tante, 88 Jahre alt, in die Schweiz. Die dann hoffentlich immer noch lebt und sich über ihre kleinen Besucher freut, die damals Rücksicht genommen und begriffen haben, dass in Coronazeiten Abstand Nähe bedeutet.
*Wir haben das Manuskript an dieser Stelle um eine Passage gekürzt.