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Wespen
Leben mit ungebetenen Mitbewohnern

Wer mit Wespennestern im Garten zu kämpfen hat, muss vor allem Ruhe bewahren. In Delmenhorst geht der Wespenberater Harald Hesse von Haus zu Haus und klärt Bewohner darüber auf, wie sie am Besten mit den Insekten leben, wenn die ihre Nester auf Balkonen und Terrassen bauen.

Von Beate Hinkel | 07.08.2015
    Die "Deutsche" Wespe baut ihre Nester auch auf Balkonen.
    Die "Deutsche" Wespe baut ihre Nester auch auf Balkonen und Terrassen (dpa/picture alliance/Klaus Nowottnick)
    Eine kleine schmale Straße mit schmucken Einfamilienhäusern. Hier wohnt die Familie Geis aus Delmenhorst. Für drei Wochen war sie im Urlaub. Für die Zeit hatte sie eine Palme in eine Nische im Garten gestellt. Direkt neben den Wasserhahn, den sie zum Gartensprengen nutzt. Kaum angekommen, hatte Hans-Gerd Geis ein Problem:
    "Wie wir wieder kamen, habe ich dahinten die Blume zurückgeschoben. Und dann war alles plötzlich schwarz. Bin nur noch weggerannt. Und fünf haben mich dann gestochen. Ans Ohr und hinten in Nacken."
    Damit war dem Familienvater klar: Bei diesem Wespennest in der Palme müssen Profis ran. Und die gibt es bei der Stadt Delmenhorst. Einer von zwei so genannten Hautflügler-Beratern ist Harald Hesse. Der pensionierte Postbeamte ist Hobby-Imker und hat eine Fortbildung zum "Wespenberater" gemacht, wie er es nennt. Denn das verstehen alle.
    "Das ist hier drinnen, in der Erde. Da hat die Königin ´nen Hohlraum gefunden im Frühjahr, im April und hat da angefangen zu nisten. Und jetzt sind natürlich schon allerhand Tiere geschlüpft und die helfen dann mit, Nahrung und Baumaterial zu holen."
    Wespenberater schafft Abhilfe
    Harald Hesse holt sein Insektenfanggerät aus der Tasche. Er will wissen, um welche Wespenart es sich handelt. Wahrscheinlich ist es die "Deutsche" oder die "Gemeine" Wespe:
    "Gemein, von allgemein. Aber sie können sehr gemein werden. So, da hab' ich sie. Ich schaue jetzt auf die Kopfzeichnung. Na, nun dreh dich mal um. So jetzt, ja habe ich gesehen. Die hat auf der Kopfmaske, Gesichtsmaske, so eine Keule drauf, schwarzer Strich mit ´ner Verdickung unten. Ist die gemeine Wespe, die gewöhnliche Wespe. Ist die häufigste Art der Faltenwespen, der Staaten bildenden Wespen. Ist 'ne Dunkelhöhlen-Nisterin, die in Dächer rein geht, in hohle Wände, aber auch wenn sie ein Loch in der Erde findet. Ist 'ne langlebige Art, die bis Ende Oktober, Mitte November leben kann und dann sterben sie praktisch ab."
    Rund fünf Mal am Tag rückt Hesse derzeit aus, um sich Nester von Wespen, Bienen, Hornissen und Hummeln anzugucken. Meist, wenn sie unglücklich an Terrassen, Garagen oder in einem Loch mitten auf dem Rasen gebaut haben. Er versteht sich als Anwalt der Tiere, klärt die Leute über die verschiedenen Arten auf: Wie lange leben die Insekten, wie verhält man sich am besten, um mit den Plagegeistern in Frieden leben zu können. Das nimmt häufig auch die Angst:
    "Es ist so, wenn man ein Wespennest erschüttert, den Einflug intensiv stört oder sie anatmet, dann werden Wespen aggressiv. Also ganz einfache Verhaltensregel: Störst du mich, steche ich dich".
    Anwalt der Tiere
    Die "Deutsche" und die "Gewöhnliche" Wespe sind neugierige Tiere. Sie bestäuben Blumen, fressen Aas, Mücken, Fliegen und halten einem Spinnen vom Leib. Denn ein Wespenvolk vertilgt mehrere 1000 Insekten am Tag. Die meisten Nester hängen frei an Häusern oder Garagen und werden von friedliebenden Wespen bewohnt. Trotzdem sollte man ihre Nähe meiden und sich ruhig verhalten. Viele Wespenarten sterben auch nach wenigen Wochen und alte Nester werden nicht wieder bewohnt. Fühlt man sich von den Wespen dennoch bedroht, können die Nester im Einzelfall auch versetzt oder vernichtet werden. Es kommt immer auf die Menschen, die Lage der Nester und die Einflugschneise der Tiere an, sagt Hesse. Besprüht man die Insekten beim Einflug mit Kontaktgift, tragen sie das Gift ins Nest und töten auch die anderen Tiere. Das sollte jedoch die letzte Möglichkeit sein und immer ein Fachmann machen, zumal die Nester unter Naturschutz stehen. - gefährlich, sind Wespen- wie auch Hornissenstiche nicht, - sofern man nicht allergisch ist:
    "Da kann man auch dutzende Stiche ab, ohne aus den Puschen zu kippen."
    Wird man doch einmal gestochen, hilft kühlen oder mit einer Zwiebel abreiben. Und was rät Harald Hesse nun der Familie Geis? Geht es nur darum, zum Wasserhahn zu kommen, bietet sich eine ganz simple Lösung an: den Blumentopf zu verrücken. In drei Etappen, immer einen Meter weiter: Dann finden die Tiere auch zurück:
    "Und wenn man das abends macht, im Dunkeln, eben ein Stück weiter zieht, kann man das machen. Bloß, muss man sich schnell wegbewegen. Eben kurz dran ziehen und dann schnell weg, und dann beruhigen die sich auch wieder."
    Und was sagt Hans-Gerd Geis zu dem Vorschlag?
    "Das sehe ich als eine Möglichkeit an. Ich hab keine Angst."