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Westerwelle-Gedenkveranstaltung
Die FDP auf den Spuren ihres ehemaligen Vorsitzenden

Gut 15 Monate ist es her, dass Guido Westerwelle mit nur 54 Jahren an den Folgen seiner Leukämie-Erkrankung starb. "Mit Leidenschaft für Freiheit und Verantwortung", so lautet der Titel eines Symposiums, das in Köln stattfand und an das Wirken des ehemalige Bundesaußenministers und FDP-Vorsitzenden erinnerte.

Von Moritz Küpper | 06.07.2017
    Guido Westerwelle
    Wie viel von ihrem ehemaligen Vorsitzenden Guido Westerwelle steckt noch in der heutigen FDP? (Julien Warnand, dpa picture alliance)
    Es war noch bei der Begrüßung durch Wolfgang Gerhardt, einst FDP-Parteichef und heute Vorsitzender der Friedrich-Naumann-Stiftung, als Guido Westerwelle auf einmal wieder präsent war:
    "Das Gespräch zwischen Westerwelle und … äh, Westerwelle. Sehen Sie, so ist dann die Erinnerung doch…."
    Mit einer lila Krawatte, im Bundestag sitzend, strahlte das Antlitz des verstorbenen FDP-Politikers in der Kölner Flora von der Leinwand. Hier, an dem Ort, an dem vor gut einem Jahr Freunde und Familie nach der Trauerfeier zusammenkamen, hatten sich rund 400 Teilnehmer zusammengefunden, um zu Gedenken:
    "Jetzt, mehr als ein Jahr später, stellt man sich doch in vielen Situationen die Frage: Was würde er jetzt sagen, denken, machen?"
    Es war an Christian Lindner, seinen Vor-Vorgänger im Amt des FDP-Parteivorsitzenden in die aktuelle politische Diskussion zu holen:
    "Mir geht es so, dass ich oft dann, auf seine Stimme höre, wie er bestimmte Dinge formulieren würde."
    Westerwelle, der überzeugte Europäer, Transatlantiker, der ehemalige Außenminister, hat den Brexit und auch die Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten nicht mehr miterlebt. Westerwelle, der mit seinem Ehemann Michael Mronz offen zusammenlebte und auch in Ländern, in denen Homosexualität geächtet ist, seine Biographie thematisierte, wurde nicht mehr Zeuge der Einführung der Ehe für alle. Und dennoch, so Lindner, sei er als politischer Beobachter heute geradezu herausgefordert, gebe es doch ein besonderes, politisches Momentum: Wurden im Jahr 2016 noch Wahlen mit Angst und Hass gewonnen, im Jahr 2017 dann mit dem Mut zur Veränderung, mit Weltoffenheit und Europa …
    "Und er würde uns anfeuern, dieses Momentum zu nutzen, um Probleme nicht länger zu bewundern oder zu beweinen, sondern endlich zu lösen. In Deutschland, wie Europa."
    Wie deutlich prägt Westerwelle seine Partei heute noch?
    Doch: Ganz ungetrübt, war es nicht, das Verhältnis zwischen dem ehemaligen Chef und seiner FDP. Denn: Nach Westerwelles Rekord-Ergebnis bei der Bundestagswahl 2009 mit 14,6 Prozent folgte danach der Abstieg. Trotz des Steuerwahlkampfs damals das Außen- statt des Finanzministeriums gewählt zu haben, gilt heute als Fehler. All das mache man nun anders, hatte Lindner zuletzt betont. In der neuen NRW-Landesregierung beispielsweise habe man auf die eigenen Kompetenzen geschaut:
    "Er würde sagen, es ist richtig, dass man in einem Kabinett Verantwortung für die Fragen auch mit Ministern übernimmt, für die man in der Opposition gestritten hat."
    Eine Aussage, die wohl auf die Bundestagwahl im September gemünzt ist. Auch da halten Umfragen eine schwarz-gelbe Koalition für möglich. Also, wie viel Westerwelle steckt noch in der heutigen FDP?
    "Es wäre eine pietätslose Antwort auf eine interessante Frage", wiegelt Linder zwar ab und auch Rainer Brüderle, einst Bundeswirtschaftsminister, sagt: "Das ist schwer zu sagen. Ein Stück sicherlich, in dem Sinne, dass man aufbricht, dass man Themen nach vorne bringt, aber Westerwelles großes Thema der Steuerreform, das ist jetzt nicht das große Thema."
    Andere Themen, nicht mehr Anhängsel der CDU sein, mit Magenta eine neue Farbe, doch: "Es steckt mehr Guido Westerwelle in der heutigen FDP als die neue Farbe Glauben machen möchte", stellt der Publizist Hugo Müller-Vogg fest.
    Und auch Ex-Parteichef Gerhardt sieht ein großes Vermächtnis von Westerwelle – und Parallelen und Unterschiede zwischen ihm und Lindner: "IIn der Innovationsbereitschaft, in der Frische, im Auftritt. In der Art, sich zu präsentieren, sehe ich große Parallelen. In dem Lernen aus Fehlern sehe ich durch Christian Lindner auch, was stark geworden ist."
    Und auch deswegen sind sie wohl eher stolz, bei den Liberalen, auf ihren ehemaligen Vorsitzenden Guido Westerwelle.