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Wettbewerbshüter
Irreführung bei Bio-Label verhindern

Wo "Bio" oder "Öko" draufsteht, muss auch ein Bioprodukt drin sein. Nicht immer ist das aber so. In diesen Fällen kann die Wettbewerbszentrale als Institution der Selbstkontrolle der Wirtschaft aktiv werden. Doch die Wettbewerbshüter haben noch viele andere Baustellen.

Von Michael Braun | 26.10.2017
    Ein Einkaufswagen mit Bioprodukten aus einem Supermarkt.
    Marken- oder Produktnamen, die Bio führen, müssen auch die Biovoraussetzungen erfüllen. (picture alliance / dpa / Daniel Karmann)
    Die Packung Hähnchenfleisch, die das Transportband an die Kasse brachte, war nicht nur mit einem hübschen Serviervorschlag bebildert - Salat, Peperoni, rote Pfefferbeeren -, sondern auch mit dem Markennamen "Biodama". Es stand also "Bio" drauf, doch es war nicht "Bio" drin. Vergleichbares wurde der "Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs" auch vom Hagebuttentee der Marke "Biojoy" zugetragen oder – optisch noch dreister – von einem Speiseöl, auf dessen Etikett "100 Pro Bio" stand. Es kam auch vor, dass im Laden ein Korb mit "Bioprodukten" ausgestellt war, sich darin aber auch Waren fanden, die mit "Bio" nichts zu tun hatten. Keine massenhaften Vorkommnisse, aber doch auffällige.
    Peter Breun-Goerke, Mitglied der Geschäftsführung der Wettbewerbszentrale in Bad Homburg, berichtet über die Herbstbilanz im Lebensmittelsektor:
    "Also, wir hatten 13 Beschwerden zu dem Thema, natürlich unterschiedlicher Art. Zum einen ging es um Bioprodukte, die tatsächlich Bioprodukte sind, denen aber dann beim Verkauf unter dieser Rubrik auch Produkte beigegeben waren, die eben nicht diese Biovoraussetzungen erfüllt haben. Es gab zum anderen aber auch Produkte, herkömmliche Produkte, die mit Biobezeichnungen wie "Biosin" oder "Biodama" oder irgendwas gekennzeichnet waren, wo es sich aber nicht um Bioprodukte handelt und der Verbraucher aber den Eindruck erhält, er kauft ein Bioprodukt."
    Das ist juristisch aber eine Irreführung. Denn nach der EG-Öko-Verordnung sind Bezeichnungen wie "Bio-" oder "Öko-" sowohl allein als auch in Kombination mit anderen Silben reserviert: Wo das draufsteht, müssen auch Waren drin sein, die der EG-Öko-Verordnung entsprechen. Die Wettbewerbszentrale fordert das auch im Sinne des Verbrauchers ein. Als Institution der Selbstkontrolle der Wirtschaft, getragen von Unternehmen, Kammern und Verbänden der Wirtschaft, denkt sie aber in erster Linie an ihre Mitglieder, die unter solcher Irreführung mit dem Bio-Label leiden:
    "Also, man unterwirft sich ja einer strengen Kontrolle, die Produkte sind sicher auch etwas aufwendiger herzustellen. Und dieses Kontrollsystem, das kostet natürlich die Unternehmen auch Geld. Das heißt, sie müssen ja diese Kontrollen und diese Zertifizierung bezahlen. Und das sparen sich natürlich die Unternehmer, die das dann nicht tun."
    Außergerichtliche Einigung in den bekannten Fällen
    Die würden sich also einen unlauteren Vorteil verschaffen, wenn sie ein konventionelles Produkt als "Bio"-Produkt vermarkten. Und das aufzudecken, anzuprangern und den Frevel notfalls gerichtlich stoppen zu lassen, ist Kernaufgabe der Wettbewerbszentrale. In diesen 13 Fällen kam man jedoch außergerichtlich überein: Nach einer Abmahnung haben sich die Unternehmen verpflichtet, die Produkte umzubenennen.

    Ruhe im Lebensmittelmarkt wird es gleichwohl nicht geben. Die Wettbewerbshüter haben neben "Bio" noch viele andere Baustellen. So haben sie beim Landgericht Offenburg klären lassen, dass die Aussage "nach traditioneller Metzgerkunst" irreführend sei für einen Betrieb, der täglich 375 Tonnen Fleisch und Wurst produziert, also industriell fertigt.
    Noch nicht geklärt ist, ob Kultur-Champignons wirklich die Angabe "Ursprung: Deutschland" tragen dürfen, wenn die Pilze tatsächlich in den Niederlanden gewachsen sind und nur für die Ernte nach Deutschland gebracht werden. Das wollte der Bundesgerichtshof noch nicht selbst entscheiden und hat erst einmal beim Europäischen Gerichtshof angefragt, was der darüber denke.