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Wettbewerbsrecht
Wie soziale Medien die Marktmacht verändert

Große amerikanische Internet-Konzerne verändern nicht nur unsere privaten Lebens- und Arbeitsbereiche, sondern beeinflussen auch die Unternehmenswelt und das Kartellrecht. Wettbewerbsrechtler müssen künftig Wege finden, digitale Monopolisten zu finden.

Von Daniela Siebert | 04.02.2015
    Auf dem Display eines Smartphones sind die App-Logos verschiedener Social Media Plattformen zu sehen Derweil der Anbieter Facebook seit einiger Zeit Nutzer verliert, werden Dienste wie Snapchat, Tumblr, Twitter und Vine immer beliebter.
    Unklare Wettbewerbsbedingungen im Social Web erschweren die Arbeit der Kartellbehörden. (picture alliance / dpa / Jens Büttner)
    Der Brite Matt Brittin ist nicht nur Googles Direktor für die Region Europa, er ist auch das personifizierte Understatement - etwa wenn es um die Macht seiner Firma geht.
    Es sei keineswegs garantiert, dass die großen Namen von heute sich auf Dauer an der Spitze halten können so Brittin. Die Suchmaschine AltaVista beispielsweise, in den 1990ern Marktführer, kenne heute kaum noch jemand. Und den heutigen Konkurrenten aus China Ali Baba nimmt Google offenbar sehr ernst.
    Brittin antwortet auch auf alle heiklen Fragen, die Google derzeit gestellt werden. Doch pariert sie so, dass der Internetriese Google ganz harmlos da steht. Marktmacht? Nein sagt Brittin, andere Anbieter würden doch auch prosperieren. Google unterdrückt Wettbewerber? Keineswegs so Brittin: Beschwerdeführer wie Expedia und Tripadvisor hätten durch Google sogar mehr Zugriffe auf ihre Seite bekommen und nicht weniger.
    Meldungen dass Google eine App entwickelt, mit der Fahrgäste private Fahrer finden können, ein direktes Konkurrenzangebot zu Uber kommentierte Brittin heute nicht. Wir sagen dazu nichts heißt es, was allerdings auch kein wirkliches Dementi ist.
    Es sind Internetriesen wie Google, die das Wirtschaftssystem vor große Herausforderungen stellen. Denn die bestehenden Strukturen etwa im Wettbewerbsrecht wurden nicht für Internetanbieter geschaffen, die global agieren.
    Herausforderungen für das Kartellamt
    Andreas Mundt, der Präsident des Bundeskartellamtes sieht gesetzlichen Änderungsbedarf, um wieder Wettbewerbsgleichheit zwischen klassisch und online handelnden Unternehmen herzustellen.
    "Ich glaube das ist eine ganz schwierige Aufgabe in Zukunft für den Gesetzgeber, weil es in vielen Fällen wahrscheinlich ja nicht gehen wird, dass sie die Regulierung einfach auf das Internet übertragen, sondern es wird prospektiv wahrscheinlich eher so sein, dass sie in nicht wenigen Bereichen eine andere, vielleicht auch wenigere, Regulierung brauchen.
    Konkrete Vorschläge für Gesetzesänderungen macht der Kartellamtspräsident keine. Mundt stellt aber klar, dass er das, was derzeit in der Internetwirtschaft vor sich geht, für revolutionär hält. Auch das Kartellamt stehe vor ganz neuen Fragen. Etwa bei Plattformen, die große Mengen Daten sammeln:
    "Wo man sich dann die Frage stellen muss, wie messe ich die Marktkraft von Daten?"
    Den Streit zwischen der Taxibranche und dem Transportunternehmen UBER, das per App Fahrer und Fahrgäste zusammenbringt, hält Mundt für prototypisch für die neuen Konflikte, die die Internetwirtschaft hervorbringt.
    "Das ist sicherlich ein Bereich, wo der Gesetzgeber sich fragen muss, bin ich hier nicht gefordert, ein "level playing field" zu schaffen für alle, die diese Transportleistungen erbringen. Weil so wie es jetzt ist, kann es ja aus meiner Sicht nur schwer bleiben, schlicht und ergreifend, weil wir keine gleichen Wettbewerbsbedingungen in diesem Bereich haben."
    Bei UBER gibt man sich diesbezüglich gelassen. Die Firma darf in Deutschland zwar nur an drei Orten ihr Geschäftsmodell praktizieren. Trotzdem sagt Fabien Nestmann - UBER Unternehmenssprecher für Deutschland – diplomatisch:
    "Wir haben in vielen Ländern historisch bedingt, gesetzlich geregelte Monopole, im Transportwesen namentlich bei Taxi. Das hatte damals sicher Sinn und Zweck, das ist aber heute zumindest hinterfragbar. Und nichts anderes wünschen wir uns. "
    Eines Tages könnte UBERS Angebot in Deutschland schon so normal sein wie in den USA hofft Nestmann. Tatsächlich hält Professor Klaus Zimmermann, der Direktor des Forschungsinstitutes zur Zukunft der Arbeit das für realistisch. Er hält das was UBER macht für einen Vorboten der kommenden Arbeitswelt. In der werde es weniger Angestellte geben, dafür aber mehr Individuen die ihre Arbeitskraft autonom anbieten und unternehmerisch denken prognostiziert Zimmermann:
    "Das UBER-Prinzip lässt sich auf Aufträge aller Art ausweiten, auch auf Fach- und Geistesarbeiter, Werbetexter, Programmierer, Designer, auch Wissenschaftler arbeiten so."