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Tolle Idee! Was wurde daraus?
Schnelltest für Lepra

Eigentlich lässt sich Lepra gut bekämpfen - bei früher Diagnose. Doch immer noch wird die Krankheit häufig viel zu spät erkannt. Ein Schnelltest sollte vor fünf Jahren Abhilfe schaffen, hat aber noch nicht zum Durchbruch im Kampf gegen Lepra verholfen.

Von Volkart Wildemuth | 13.03.2018
    Die Tochter des an Lepra erkrankten Le Zafy, die zweijährige Tabidi, wird am 23.01.2018 in Marana (Madagaskar) auf eine mögliche Lepra-Erkrankung untersucht. Trotz der Hautflecken ist noch nicht abschließen geklärt, ob das Mädchen tatsächlich an Lepra leidet. Sie lebt mit ihrem Vater im Lepra-Zentrum Marana rund neun Autostunden südlich der madagassischen Hauptstadt Antananarivo. (zu dpa «Doppelter Fluch Lepra: Stigma und Krankheit erfassen Zehntausende» vom 26.01.2018) Foto: Laetitia Bezain/dpa | Verwendung weltweit
    Die Tochter eines an Lepra erkrankten Mannes wird auf eine mögliche Lepra-Erkrankung untersucht. Trotz der Hautflecken ist noch nicht abschließend geklärt, ob das Mädchen tatsächlich an Lepra leidet. (dpa)
    Im Café der äthiopischen Leprainitiative sitzt Arega Kassa Zelelew. Zur Begrüßung nimmt er die angebotene Hand zwischen seine Handflächen. Der typische Gruß der Leprapatienten. Der ehemalige Elektrotechniker hat nur noch wenige, verkrümmte Finger. Greifen kann er mit ihnen nicht mehr. Die Infektion wurde erst erkannt, als das Leprabakterium seine Nerven längst zerstört hatte.
    "Ich habe das nicht verstanden. Manchmal fiel mir der Schraubenzieher aus der Hand oder der Lötkolben hat mich verbrannt. Im Bus habe ich mich am Fuß verletzt und nichts gemerkt. Ich hatte meine Empfindungen verloren. Ich hatte Geschwüre, deshalb mussten meine Beine amputiert werden. Wenn man nichts spürt, kann man auch mit Geschwüren laufen."
    Früherkennung ist wichtig
    Das ist die Realität der Lepra. Eigentlich lässt sich das Bakterium gut bekämpfen, doch dafür muss man die Infektion früh erkennen.
    "Für uns ist ein Lepraschnelltest absolut entscheidend, und zwar aus dem Grund, dass wir im Feld immer wieder Fälle haben, vor allem auch bei Kindern, wo die Diagnostik nicht eindeutig ist. Und da wäre ein Bestätigungstest oft absolut notwendig."
    Berichtet Dr. Christa Kasang von der Deutschen Lepra- und Tuberkulosehilfe. Dr. Malcom Duthie von der Abteilung Globale Gesundheit der Universität von Washington in Seattle, USA, hatte 2013 so einen Schnelltest entwickelt und erklärte damals im Deutschlandfunk, wie er funktioniert.
    "Bei dem Schnelltest wird ein Blutstropfen in eine Plastikröhrchen gegeben, ähnlich wie beim Schwangerschaftstest. Sind Antikörper gegen das Leprabakterium im Blut, färbt sich ein Farbstreifen. Dann ist die Person wahrscheinlich infiziert."
    Schon nach wenigen Minuten steht das Ergebnis fest. Ist es positiv, können Gesundheitshelfer direkt vor Ort mit einer Beratung und Therapie der Infizierten beginnen.
    Schnelltest wird immer noch erprobt
    Breite Testung, schnelle Behandlung - das war seinerzeit die Vision von Malcolm Duthie. Ob sie sich in der Praxis tatsächlich umsetzen lässt, wird fünf Jahre später immer noch erprobt: in Indonesien, auf den Philippinen, in Brasilien und Indien. In Brasilien haben die Forscher ein mobiles Labor in einem Bus aufgebaut und im Norden des Landes werden systematisch Schulkinder untersucht.
    "Es ist überraschend, wie viele Leute eine Leprainfektion haben. Die offiziellen Zahlen sinken seit zwanzig Jahren. Wir entdecken jetzt aber Leute, die in den nächsten Jahren Symptome entwickelt hätten. Das ist beunruhigend, weil Gelder für die Leprakontrolle inzwischen in andere Bereiche fließen."
    Der Grund: Viele Ärzte und Gesundheitspolitiker in Brasilien und anderswo halten Lepra für ein im Grunde gelöstes Problem. Da sind schon die drei Dollar für den Schnelltest eine relevante Ausgabe, schließlich müsste er breit eingesetzt werden.
    "Es braucht viel Überzeugungsarbeit, lang etablierte Lepraprogramme zu verändern. Aber unsere Daten zeigen, dass unser Test den herkömmlichen Verfahren überlegen ist."
    Früh Infizierte erkennt der Test nicht
    Darüber lässt sich allerdings streiten. Eine Studie auf den Philippinen hat den Schnelltest mit der viel aufwändigeren etablierten Diagnose verglichen. Dabei erkannte er über 90 Prozent der Leprafälle und zusätzlich noch etliche übersehene Infektionen. Nach wie vor unklar ist aber, wie viele Menschen der Schnelltest übersieht, die im Laufe von Jahren Lepra entwickeln werden. Deshalb steht Christa Kasang einem breiten Einsatz nach wie vor skeptisch gegenüber.
    "Er ist noch nicht bereit, weil er nicht in der Lage ist, tatsächlich früh infizierte Patienten zu diagnostizieren."
    Kombinierte Tests könnten Fortschritte bringen
    Fortschritte könnte hier vor allem eine Kombination mit einem direkten Nachweis des Erbgutes des Erregers bringen, wie er etwa bei der Tuberkulose üblich ist. Solche kombinierten immunologischen und genetischen Tests werden derzeit von mehreren Forschergruppen entwickelt. Wann sie zur Verfügung stehen, ist unklar. Nur eines ist sicher, meint die äthiopische Mikrobiologin Kidist Bobosha. Fortschritte im Kampf gegen die Lepra hängen entscheidend von einer besseren Diagnostik ab.
    "Wenn wir die Lepra früher diagnostizieren könnten, bevor die Symptome auftreten, etwa bei Mitbewohnern der Patienten, dann könnten wir sie behandeln, die Infektionsraten vielleicht wirklich senken und einem endgültigen Sieg über die Lepra näher kommen."
    Das ist das große Ziel der Lepraprogramme überall auf der Welt.