Barbara Cantini: "Mortina. Das große Verschwinden"

Ein Zombiemädchen zum Verlieben

04:57 Minuten
Cover von Barbara Cantinis "Mortina. Das große Verschwinden” vor DLF Kultur Hintergrund.
Mortina elektrisiert: Man will sofort mehr wissen über das Leben als Zombie. © DTV / Deutschlandradio
Von Kim Kinderman · 08.07.2020
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Mortina, das bleichgesichtige Zombiemädchen, ist schnell zur Kultfigur avanciert. Jetzt ist Band zwei erschienen. Und wieder überzeugt Barbara Cantini auf ganzer Linie: Geschichte und Illustrationen sind hinreißend gut.
Was, Sie kennen Mortina nicht? Dann müssen wir das ändern. Denn Mortina, dieses Zombiemädchen mit den schwarzen Haaren, den riesigen Glubschaugen und dem leichenblassen Gesicht, also diese etwa 10-jährige, die regelmäßig ihre Gliedmaßen verliert oder freiwillig abnimmt und die zusammen mit ihrem Zombiehund bei ihrer nicht weniger erstaunlichen Tante Dipartita in einem großen Geisterschloss lebt, ja also: Dieses Mädchen ist einfach unglaublich.
Und zwar in jeder Hinsicht: Mortina ist schlau, hat gute Einfälle, kümmert sich gut um ihre Freundinnen und Freunde, kann Ingwertee mit Spinneneiern kochen und macht aus jeder Situation das Beste. Kurz: ein tolles Mädchen!

Der Cousin kommt, die Tante verschwindet

Ging es in Band eins noch darum, zusammen mit den Kindern aus dem Dorf Halloween zu feiern, dreht sich in Band zwei alles um den unerwarteten Besuch von Cousin Dilbert und das zeitgleiche Verschwinden von Tante Dipartita. Beides sehr ungewöhnlich – und spannend.
Denn niemand weiß Bescheid im Zauberschloss: nicht die Gespenster, nicht Mesto, der Hund, nicht der Kopf von Onkel Funesto, der mal wieder auf der Kommode vor sich hindöst, noch das Geisterfoto vom Großvater Feretro, der mit der Tante zum Schachspielen verabredet war.
Keiner kann Mortina helfen. Zumal der Cousin, der sich als eitler, meckernder Gockel entpuppt, einzig auf Einladung eben jener verschwundenen Tante angereist ist. Als dann auch noch eines der Dorfkinder verschwindet, schwant Mortina Böses.

Jeder hat ein Talent

Eine aufregende, amüsante Suche nach dem Bösewicht beginnt – durch sämtliche düster-schaurige Zimmer im Schloss. Eine Suche, an deren Ende nicht nur Mortina lernt, dass jeder eine zweite Chance verdient und nicht immer alles so ist, wie es scheint.
Erfunden hat die liebevolle Zombie-Geschichte die italienische Kinderbuchillustratorin Barbara Cantini. Mortina ist ihr erstes, eigenes erzähltes und bebildertes Buch.
Aber das merkt man auf keiner der jeweils 48 Seiten. Tatsächlich sind Text und Bild so gut gelungen, dass man sofort mehr wissen will über das Leben als Zombie.
Das liegt auch am Stil der Italienerin, denn obwohl sie sich einer einfachen Sprache bedient, der Kinder gut folgen können, entfaltet sie schon nach wenigen Sätzen einen ganz eigenen ironischen Stil.

Farbgewaltige Bilder, bleiche Zombies

Genauso ist es bei den farbgewaltigen Bildern, die im krassen Kontrast zu den bleichen Zombies stehen - und die damit den Büchern ihren eigenen Charme geben.
Auch wimmelt es auf jeder Doppelseite nur so von zahlreichen lustigen Details und Anspielungen: Urnen, Spinnen, ausgestopfte Tiere, Totenbilder, Fenster, die die Form eines Sarges haben, Kerzen, die unheimlich flackern und an den Wänden hängen. Für die Profis unter den Leserinnen und Lesern gibt es auch ein Foto von Edgar Allen Poe oder das Gemälde "Der Schrei" von Edward Munch.
All das macht so großen Spaß, dass man nach dem ersten Durchlesen gleich noch einmal von vorn beginnt. Und so ist "Mortina" ideales Lesefutter für alle Mädchen und Jungen ab sechs Jahren. Bleibt nur zu hoffen, dass Band drei nicht allzu lang auf sich warten lässt.

Barbara Cantini: Mortina. Das große Verschwinden
übersetzt aus dem Italienischen von Knut Krüger
dtv juninor, München 2020
48 Seiten, 10,95 Euro

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