LED-Beleuchtung in Roms Innenstadt

Welches Licht passt zu Rom?

Der Petersdom im Vatikan vor dem abendlichen Himmel. Vorne verläuft die Engelsbrücke über den Tiber.
Der Petersdom und die Engelsbrücke in Rom - Kritiker der neuen Beleuchtung meinen, der inspirierende Charme der Altstadt gehe verloren. © picture alliance / dpa / Kevin Kurek
Von Thomas Migge · 15.04.2017
In Roms Innenstadt werden zurzeit massenweise LED-Lichter in Straßenlampen eingebaut. Kritiker der neuen Beleuchtung bezeichnen das kalt wirkende Licht als Skandal. Ein Experte für Lichttechnik ist der Meinung, es hätte auch andere LED-Varianten gegeben.
"Mit einer Investition von rund 50 Millionen Euro erreichen wir jährliche Einsparungen für die Beleuchtung der römischen Innenstadt in Höhe von 26 Millionen. Innerhalb von zwei Jahren amortisiert sich diese Ausgabe. Das bedeutet auch: 350 Tausend Tonnen weniger Co2-Ausstoss zur Stromerzeugung in zehn Jahren."
Paolo Fioroni von der städtischen Stromgesellschaft ACEA kann die heftigen Proteste gegen die LED-Lampen in der Altstadt nicht nachvollziehen. Da betreibe die Stadt Rom, verantwortlich für die neue Beleuchtung, endlich konkreten Umweltschutz, so der Manager, und werde dann aggressiv kritisiert. Auch Andrea Bossola aus dem Vorstand der ACEA ist angesichts der Polemik um die neue Beleuchtung Roms fassungslos:
"180.000 Lampen für die Straßenbeleuchtung Roms werden jetzt ersetzt. Das Licht, das auf diese Weise produziert wird, ähnelt dem einer wolkenlosen Vollmondnacht. Wir wollen diese Beleuchtung auf alle Nachbarstädte ausdehnen."

Bürgerinitiative gegen das "Eislicht"

Vollmondnachtlicht: Darüber können die Kritiker des LED-Projekts - Umfragen zufolge mehr als 60 Prozent aller Bewohner der römischen Altstadt - nur bitter lachen. Ihrer Meinung nach ist das grelle, weiße und ungemein kalt wirkende Licht ein Skandal. Sie verweisen darauf, dass Roms Altstadt seit vielen Jahren dank warm wirkender Glühbirnen einen so eigenen Charme ausstrahle, dass sich davon international bekannte Filmemacher wie Woody Allen und Mario Monicelli, Fotografen wie Oliviero Toscani und Schriftstellerinnen wie Dacia Maraini und Eva Menasse inspirieren ließen.
Zu den entschiedensten Gegnern der LED-Lampen mit ihrem kalten Licht gehört die Journalistin Dina Nascetti. Sie wohnt im Stadtteil Trastevere, der auch neu ausgeleuchtet wird. Nascetti leitet eine Bürgerinitiative zur, wie sie sagt, richtigen und traditionellen Beleuchtung der historischen Straßen Roms:
"Wir haben bereits zwei Demos gegen dieses Eislicht organisiert. Hunderte von Leuten, auch viele junge, haben daran teilgenommen."

Roms historisches Zentrum - Weltkulturgut der UNESCO

Der Musikkritiker Franco Soda, er wohnt im nun ebenfalls kalt ausgeleuchteten Stadtteil Monti, wundert sich, dass die Stromgesellschaft eine Genehmigung für das neue Licht erhalten habe:
"Es ist doch absurd, dass man dieses kalte LED-Licht nutzt, das nicht unserer italienischen Tradition der Beleuchtung öffentlicher Räume entspricht. Ebenso absurd ist der Umstand, dass die für unsere historischen Innenstadt verantwortliche Altertümerbehörde kein Veto gegen diese Beleuchtung einlegt."
Tatsache ist, dass die römische Altertümerbehörde ihr Plazet zur neuen LED-Beleuchtung gegeben hat – ist sie doch auch für die Beleuchtung der Altstadt zuständig. Eine Behörde, so erklärte ein Sprecher des FAI, der größten privaten Vereinigung Italiens zum Erhalt von Kulturgütern, die sich anscheinend nicht dafür interessiert, in welchem Licht Roms historisches Zentrum, immerhin ein Weltkulturgut der UNESCO, erstrahlt. Nachfragen bei der Altertümerbehörde werden seit Tagen nur mit Schweigen beantwortet.

Lichttechniker bewertet Farbtemperatur als "extrem kalt"

Das Problem der neuen Beleuchtung der Altstadt Roms sind aber nicht die LED-Lampen an sich. Der Streit um die LED ist wegen der sogenannten Farbtemperatur entbrannt. Licht wird von Lampen in verschiedenen Farbtönen abgegeben. Farbtemperaturen werden in Kelvin angegeben. In Roms Altstadt werden derzeit massenweise LED installiert, die - und das erklärt den kühlen Mondlichteffekt - bei über 5000 Kelvin liegen. LEDs mit einer deutlich niedrigeren Farbtemperatur, die warme Lichtfarben produzieren, hätten keinen Bürgerzorn provoziert, meint Marco Frascarolo, Dozent für Lichttechnik an der Universität Rom:
"Die Beleuchtung mit LED hat den großen Vorteil, dass sie nicht nur preiswert und umweltfreudlich ist, sondern dass man ihre Farbtemperatur der Umgebung anpassen kann. Genau das ist aber in Rom nicht geschehen! Und deshalb sind so viele Leute sauer."
Frascarolo beklagt, dass die meisten italienischen Städte, vor allem jene mit bedeutenden historischen Altstadtkernen wie Rom, keine Fachleute für eine entsprechende Beleuchtung beschäftigen. Und er beklagt, dass sich die Stadtverwaltung Roms für extrem kaltes Licht entschieden habe, dass nicht der römischen Tradition entspreche.
Wie man LED-Lampen sinnvoll einsetzen kann, also der Umgebung entsprechend, bewiesen Frascarolo und die Lichtexperten eines großen Lampenherstellers in der sixtinischen Kapelle. Für die wichtigste Kapelle der katholischen Christenheit entwickelten sie ein hochmodernes Lichtprojekt. Vor zwei Jahren wurden in der "Sistina" 7.000 LED-Lampen installiert, um die weltberühmten Fresken von Michelangelo und anderer Renaissancemaler richtig, also mit einer nicht grell wirkenden Farbtemperatur an- und auszuleuchten.
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