Freitag, 29. März 2024

Archiv

Prozess um Geflügelmast in Mecklenburg-Vorpommern
24 Hühner pro Quadratmeter

Seit den 1990er Jahren ist die Erzeugung von Geflügelfleisch um 75 Prozent gestiegen. Allein in Mecklenburg-Vorpommern gibt es mehr als 400 Intensivanlagen. Gegen den Bau einer neuen Geflügelmast hat der Bund für Umwelt und Naturschutz geklagt. 1,5 Millionen Hühner sollen dort pro Jahr schlachtreif gemästet werden.

Von Silke Hasselmann | 20.12.2017
    Mehrere Kücken versammeln sich in einer Geflügelmast um einen Strohballen.
    Bilder aus eine Geflügelmast-Anlage: Die Erzeugung von Geflügelfleisch ist seit den 90er-Jahren um mehr als 75 Prozent gestiegen. (dpa/Marc Müller)
    Wer derzeit nach Wattmannsdorf bei Teterow fährt, findet dort zwar Geflügelanlagen vor. Doch von einem Megastall ist nichts zu sehen, zu hören oder zu riechen. Kein Wunder – denn obwohl seit 2011 geplant und bereits zweimal genehmigt, hat nicht einmal der Bau begonnen.
    Das würde sich ändern, kämen die Schweriner Verwaltungsrichter zu dem Schluss, dass das zuständige Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Rostock den Bau der Großanlage letztlich zu Recht genehmigt hat. Gegen deren ersten Genehmigungsbescheid aus dem Jahr 2012 war die Naturschutzorganisation BUND zunächst in einem Eilverfahren erfolgreich vorgegangen.
    Denn damals verlangte das Gericht von dem Antragsteller, dem vor Ort sitzenden Agrarbetrieb Streeb, eine ausführliche Umweltprüfung nach Europäischem Naturschutzrecht vorzulegen. Das geschah, und auf der Grundlage dieser FFH-Prüfung erklärte die Landesbehörde die geplante Anlage mit vier Einzelställen für jeweils 50.000 Hähnchen für umweltverträglich.
    BUND: Jährlich fast zehn Tonnen Ammoniak
    Heute geht das Gericht ins Detail, denn der BUND Mecklenburg-Vorpommern will weiterhin diverse Verstöße gegen Rechtsvorschriften erkannt haben. So fehle ein Brandschutzkonzept für die mit Stroh eingestreute Anlage. Die Prognose für die Ammoniakausbreitung sei fehlerhaft berechnet worden. Laut dem BUND würden über die Abluft der Stallanlage jährlich fast zehn Tonnen Ammoniak im Gemisch mit Bioaerosolen und Feinstaub freigesetzt. Es würde im Dorf stärker stinken als erlaubt.
    Selbst laut dem Genehmigungsbescheid sei "mit Absterbe-Erscheinungen des nahen Waldgebietes" und "mit Nitrateinträgen in das Grundwasser zu rechnen". Warum, so Anwohner wie Umweltaktivisten, muss die Anlage nicht wenigstens kleiner ausfallen?
    Doch nicht nur das: Die vom Rostocker Umweltamt genehmigte Höchstgrenze für den Tierbesatz würde es dem Betreiber der Mastanlage Wattmannsdorf erlauben, bis zu 24 Masthühner pro Quadratmeter zu halten. Damit aber, so die Kläger, könnten die Tiere nicht ungestört ruhen, scharren, auf Sitzstangen schlafen, die Flügel strecken und im Sand baden - Grundbedürfnisse von Hühnern, die laut dem Tierschutzgesetz gerade auch von Betreibern industrieller Mastanlagen zu beachten sind.
    Die beklagte Rostocker Genehmigungsbehörde meint, alle bau-, immissions- , natur- und tierschutzrechtlichen Vorschriften sauber beachtet und den Bau der Anlage zu Recht genehmigt zu haben, in der pro Jahr bis zu 1,5 Millionen Broiler bis zur Schlachtreife gemästet werden sollen.