Aus den Feuilletons

Dialekte sterben - und damit die Kreativität

Kinderlieder auf Platt.
Immer weniger Menschen lernen einen heimatlichen Dialekt © dpa / picture alliance / Bernd Wüstneck
Von Klaus Pokatzky · 28.11.2017
"Die Welt" sorgt sich um das Aussterben der Dialekte. Denn viel gehe verloren, wenn Kinder vom Hochdeutsch der Nachrichtensprecher und nicht mehr vom elterlichen Dialekt geprägt werden. Wie soll man zum Beispiel "dem Volk" noch "aufs Maul schauen", wenn alle gleich reden?
"Die deutschen Dialekte sterben – und vielen Menschen ist es egal."
Das lesen wir in der Tageszeitung DIE WELT, die als einen Grund für das Dialektsterben sieht, "dass seit der Einführung von Radio und Fernsehen erstmals in der Geschichte unserer Muttersprache schon Kinder in der Lage sind, genormtes Hochdeutsch sprechende Menschen zu hören und sich nach ihnen zu richten. Bis vor 100 Jahren hatten sie diese Möglichkeit nicht, weil einfach jeder Deutsche seinen Dialekt oder zumindest eine dialektnahe regionale Umgangssprache sprach."
So schreibt Matthias Heine und lässt einen "Weckruf" für die kreativen Dialekte ertönen: "Wenn alle nur noch das gereinigte Deutsch der Nachrichtensprecher nachreden, nützt es nichts mehr, dem Volk aufs Maul zu schauen." Woll? – können wir Ruhrpötter da nur sagen: Komm wa zu Weihnachten.

Gutmenschen bedrohen den Weihnachtsmarkt

"Wie wir alle seit der ‚Flüchtlingswelle‘ wissen", steht in der Tageszeitung TAZ, "ist die heilige Tradition des Weihnachtsmarktes bedroht von Gutmenschen, die es den Muslimen recht machen wollen und den Weihnachtsmarkt aus Gründen der Pietät nicht mehr Weihnachtsmarkt nennen, sondern ANDERS", schreibt die Schriftstellerin Katrin Seddig in ihrer satirischen Betrachtung.
"Heißt ein Weihnachtsmarkt stattdessen Wintermarkt, dann stürmen bekanntlich auch die Muslime den Weihnachtsmarkt, der jetzt zum Beispiel Wintermarkt heißt, um Glühwein zu saufen und kandierte Mandeln zu essen."
Mit der Sprache ist das eben so eine Sache – Woll?

Fotos können vieldeutig sein

"Wie man das Internet schöner bebildert", will uns die TAZ in einem anderen Artikel beibringen. "Kennen Sie die Springerstiefel mit den weißen Schnürsenkeln, um Rechtsextremismus zu bebildern?", fragt Svenja Bednarczyk.
Ja, kenne ich, Frau Kollegin; nur sind das gar keine Springerstiefel. Kein Fallschirmjäger, der bei Verstand ist, würde mit diesem rechten Schuhwerk samt seinen Stahlkappen und anderem gefährlichen Beiwerk jemals aus dem Flugzeug springen. Dann würde er sich nämlich die Füße brechen. Das sind Kampfstiefel, die irgendwann einmal ein unwissender Journalist als Springerstiefel bezeichnet hat und nun werden wir die nicht mehr los.
"Redaktionen beziehen viele ihrer Bilder von Foto- und Nachrichtenagenturen, die das aktuelle Zeitgeschehen gut abdecken, deren Fotografen sich aber auch immer gültige Symbolfotos ausdenken", heißt es in der TAZ noch zur Frage, welche Bilder die Medien im Internet zu ihren Artikeln bringen.
"Fotos auf einer Nachrichtenseite funktionieren anders als Fotos in einer Zeitung. Sie dienen als Anker fürs Auge, strukturieren die Seite. Die Fotos sollten so klar sein, dass die LeserIn das Artikelthema auf einen Blick erfassen kann. Das geht gut bei der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die kennen alle."

Minderheitsregierung als Chance für die Demokratie

Und Springerstiefel kennen eben nicht alle – und eine Minderheitsregierung bei uns kennt überhaupt keiner. "Kaum ein Staat bietet für eine Minderheitsregierung so gute Voraussetzungen wie Deutschland", macht uns da die FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG schon mal Mut auf das, was das deutsche Regierungssystem so alles draufhat.
"Es bietet mit Blick auf das Grundgesetz, den kooperativen Föderalismus, seine vielgelobte und oft gescholtene Konsenskultur und die Funktionsweise des Parteienwettbewerbs im Bundesstaat die besten Voraussetzungen für eine Minderheitsregierung", schreibt Roland Czada. "Minderheitsregierungen zwingen alle Parteien und Abgeordneten dazu, ihre Positionen öffentlich zu begründen. Damit würde den Wählern eine besser informierte, rationale Stimmabgabe ermöglicht."
Fazit des Professors für Staat und Innenpolitik an der Universität Osnabrück: "Dies könnte auf eine Wiedergeburt des Parlamentarismus in Deutschland hinauslaufen." Da können wir nur sagen: Woll?