Präsidentenwahlen in Somalia

Ungewisse Zukunft im Zeichen alter Clans

Präsident von Somalia Hassan Sheikh Mohamud im April 2014.
Somalias noch amtierender Präsident Hassan Sheikh Mohamud. Er gehört zu den Kandidaten, die bei den heutigen Präsidentenwahlen antreten. © picture alliance / dpa - Julien Warnand
Marc Engelhardt im Gespräch mit Nana Brink · 08.02.2017
In Somalia finden heute Präsidentenwahlen statt. Die wählenden Abgeordneten seien in einem "undurchsichtigen Prozess" bestimmt worden, kritisiert der Afrika-Experte Marc Engelhardt. Auch der Rückgriff auf Clan-Strukturen nutze nur dem Machterhalt bestimmter Kreise.
"Die Lage ist nach wie vor schwierig", so beschreibt Marc Engelhardt die politische Situation Somalias. Dort finden heute Präsidentenwahlen stattfinden. Der amtierende Präsident Hassan Sheikh Mohamud habe seinen Bürgern zwar vor vier Jahren Volkswahlen versprochen – das habe vor allem wegen der Sicherheitslage nicht verwirklicht werden können, sagt der Afrika-Experte und UN-Korrespondent Engelhardt im Deutschlandradio Kultur.
Stattdessen habe es ein System aus 14.000 Wahlmännern und Wahlfrauen gegeben, die dann 275 Abgeordnete bestimmt hätten. Letztere würden dann heute den Präsidenten wählen:
"Das war ein relativ undurchsichtiger Prozess. Da soll auch sehr viel Korruption im Spiel gewesen sein mit wirklich atemberaubenden Summen für somalische Verhältnisse. Und das ist natürlich auch ein Problem der Legitimität der Person, die heute gewählt wird."

Rückgriff auf die somalische Clan-Struktur

Man habe bei den Wahlen eine Hilfskonstruktion gewählt, die bei der Aufteilung der Wahlmänner und Wahlfrauen auf die Clan-Struktur der somalischen Gesellschaft zurück gegriffen habe, schildert Engelhardt. Doch genau diese Clan-Strukturen seien für den seit mehr als 25 Jahren herrschenden Bürgerkrieg in Somalia verantwortlich:
"Wenn man mit Somalis spricht, die im Ausland sind, dann sagen sie: 'Mit dieser Struktur, da können wir überhaupt nichts mehr anfangen. Das ist absolut gestrig.' Aber natürlich: die Leute, die an der Macht sind in dem Land, die halten daran fest, weil es ihre Macht stützt. Und damit ist auch das Problem beschrieben: Es ist eben auch ein Problem zwischen Generationen."

Wie Al-Shabbab mit der Regierung spielt

Mehr als zwei Jahrzehnte gab es keine funktionierende Zentralregierung in Somalia. Ein großer Teil des Landes wird nach wie vor von der islamistischen Al-Shabaab Miliz kontrolliert. Die Regierung habe ein großes Problem, sagt Engelhardt: Wenn die Armee auf dem Land Dörfer befreie, stoße sie dort kaum auf Widerstand. Aber dann fehlten Einsatzkräfte, um diese Orte dauerhaft zu sichern:
"In dem Moment kommt Al-Shabaab zurück. Das ist ein Spiel, was wir jetzt seit Jahren sehen. Und das ist für die Bevölkerung wirklich sehr schwierig, weil es dann immer wieder Vergeltungsaktionen gibt. Und die Regierung ist einfach ganz offensichtlich nicht in der Lage, ihr eigenes Land zu kontrollieren."

"Diese Hungersnot ist dramatisch"

Engelhard ging auch auf die Hungernot in Somalia ein. Warum bekommt man diese schreckliche Situation nicht in den Griff? Engelhardt kritisierte die fehlende Kontinuität internationaler Hilfsmaßnahmen: :
"Das hängt eben auch damit zusammen, dass die internationale Gemeinschaft dann Gelder zusagt, wenn es ganz besonders schlimm ist. Und wenn es auch nur irgendwelche Anzeichen von Entspannung gibt, dann werden alle Hilfsgelder wieder gestrichen. Und dann geht es den Leuten wieder schlechter. Also: diese Hungersnot ist dramatisch. Die UNO hat vor wenigen Tagen gesagt: Es gibt mehr als sechs Millionen Hungernde und 360.000 Kindern droht der Hungertod. Die UNO hat aufgerufen, mehr Geld für Nothilfe zu geben. Es ist nicht einmal ein Prozent bisher zusammen gekommen. Also das sind schon dramatische Zahlen."
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