Alexander Liebreich und das RSO Prag

Martinůs Doppelschlag

Detailaufnahme einer Paukentimpani.
Die Pauken spielen eine Hauptrolle im Doppelkonzert von Bohuslav Martinů © imago/ Panthermedia
Moderation: Volker Michael · 08.01.2020
Pulsierende Rhythmen, Trauergesänge und schottische Schönheit - all das verspricht dieses Konzert des Prager Radio-Sinfonieorchesters unter der Leitung des Chefdirigenten Alexander Liebreich mit Werken von Vivaldi, Martinů und Mendelssohn Bartholdy.
Aus dem tschechischen Schicksalsjahr 1938 datiert Bohuslav Martinůs verstörendes Doppelkonzert für Streicher, Klavier und Pauken. Alexander Liebreich hat es in diesem Konzert des Prager Radio-Sinfonieorchesters mit Vivaldis kurzer Streichersinfonia und Mendelssohn Bartholdys Schottischer Sinfonie kombiniert.
Die Sinfonia des Venezianers Vivaldi gehört in die Karwoche - es ist eine musikalische Untermalung für die Errichtung eines Santo Sepolcro, eines heiligen Grabes. Hierhinein betten die Gläubigen den Leichnam des Gekreuzigten Erlösers - entsprechend inbrünstig und gar nicht fröhlich-virtuos ist das kurze Streicherstück Vivaldis. Alexander Liebreich und die Prager Musikerinnen und Musiker fahren gleich danach bruchlos fort mit dem Doppelkonzert Bohuslav Martinůs.

Vorahnungen und Heimatverlust

Dieses Werk, ursprünglich entstanden für Paul Sacher, den Basler Dirigenten und Mäzen und für dessen Stiftung, nimmt den tragischen Ton, aber auch den angstvollen Aktivismus auf und weitet die Passionserfahrung ins allgemein Menschliche. Martinů wusste bereits 1938, was mit seiner Heimat Tschechien und dem Rest Europas, vor allem den Menschen dort geschehen würde. Solist im Doppelkonzert von Martinů war Martin Kasik, mehrfach ausgezeichneter tschechischer Pianist und Hochschullehrer. Das andere selten anzutreffende Solo-Instrument spielte der Solopauker des Prager Radio-Sinfonieorchesters, Tibor Adamský.
Der Dirigent Alexander Liebreich leitet das Prager Radio-Sinfonieorchester am 16.12.19 im Dvorak-Saal des Rudolfinums
Der Dirigent Alexander Liebreich leitet das Prager Radio-Sinfonieorchester am 16.12.19 im Dvorak-Saal des Rudolfinums© Vojtech Brtnický/Český rozhlas
Restlos begeistert von der schottischen Landschaft war der reiselustige Komponist Felix Mendelssohn Bartholdy. Er konnte es sich leisten, wie ein Adliger auf Bildungsreise zu gehen und die verschiedenen Regionen West- und Südeuropas näher kennen zu lernen. Am besten kam er in England mit seiner Musik an, am kritischsten sah er das Musikleben in Paris (nicht weniger skeptisch betrachtete er die Kulturszene in seiner Heimatstadt Berlin).

Gruselige Schlösser und Höhlen

Seine dritte Sinfonie greift Stimmungen und musikalisches Material auf, die er von seiner Reise durch Schottland mitgebracht hatte. Vor allem die leicht gruselige Atmosphäre der Schlösser und Höhlen und die blutige Geschichte des Landstrichs spricht aus Mendelssohn Bartholdys Sinfonie, an der er über zwölf Jahre gearbeitet hat und die zu seinen beliebtesten Werken gehörte und immer noch gehört, neben dem Violinkonzert, den Oratorien und der "Italienischen" Sinfonie.
Rudolfinum Prag
Aufzeichung vom 16. Dezember 2019
Antonio Vivaldi
Sinfonia h-Moll RV 169 ("Al Santo Sepolcro")
Bohuslav Martinů
Doppelkonzert für zwei Streichorchester, Klavier und Pauken H. 271
Felix Mendelssohn Bartholdy
Sinfonie Nr. 3 a-Moll op. 56 ("Schottische")

Martin Kasik, Klavier
Tibor Adamský, Pauken
Prager Radio-Sinfonieorchester
Leitung: Alexander Liebreich

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