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Black Friday
Eine Rabattaktion, die polarisiert

Ausgerechnet am Black Friday, dem großen Schnäppchentag, wird der Online-Händler Amazon bestreikt. Die Beschäftigten am Standort Bad Hersfeld fordern seit langem Tarifverhandlungen. Aktivisten haben daneben zum "Kauf-nix-Tag" aufgerufen, um zum Nachdenken über das eigene Konsumverhalten anzuregen.

Von Silke Hahne | 23.11.2018
    Menschen kaufen in Macys in New York ein
    Am Black Friday bieten viele Einzelhändler große Rabatte - viele Konsumenten nutzen den Tag zum Großeinkauf (imago stock&people)
    Was wollen die Beschäftigten mit dem Streik erreichen?
    Laut der Gewerkschaft Verdi das Gleiche wie schon seit vier Jahren: Tarifverhandlungen, die Amazon aber kategorisch ablehnt. Verdi hingegen fordert, dass die Beschäftigten nach dem Tarif für den Einzel- und Versandhandel bezahlt werden.
    Der Black Friday, argumentiert die Gewerkschaft, ist außerdem für die Beschäftigten besonders stressig: Da müssten sie gleichzeitig die Regale für das Weihnachtsgeschäft auffüllen und tausende Bestellungen abarbeiten – dabei würden viele Überstunden anfallen. Und die würden bei Amazon deutlich schlechter bezahlt als bei tarifgebundenen Unternehmen.
    Deswegen also ruft Verdi die Beschäftigten in Bad Hersfeld und Rheinberg heute dazu auf, ihre Arbeit niederzulegen. Am großen Bad Hersfelder Standort ging es mit Beginn der Nachtschicht los und soll bis Mitternacht weiter geführt werden.
    Gedeckt wird der Ausstand auch durch ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts in dieser Woche: Das erlaubt den Aufbau von Streikposten auf dem Firmengelände, sodass Mitarbeiter sogar gezielt auf eine Teilnahme am Streik angesprochen werden können.
    Gibt es noch andere kritische Aktionen rund um den Black Friday?
    Ja, vor allem auf lokaler Ebene – am bekanntesten könnte vielleicht noch der "buy nothing day" sein, also der "Kauf-Nix-Tag" – heute in den USA, morgen in Europa. Statt einzukaufen werden Konsumenten dazu aufgerufen, einen Tag lang gar nichts zu kaufen. Und das soll zum Nachdenken über das eigene Konsumverhalten anregen – Stichwort: Braucht man das?
    Aber auch über die Auswirkungen des eigenen Konsums, zum Beispiel was das für diverse Arbeitnehmer heißt. Erfunden hat den "buy nothing day" 1992 ein Kanadier. Aber vielleicht ist er in diesem Jahr so aktuell wie selten. Nachdem wir ja zumindest hier in Europa einen heißen, trockenen Sommer erlebt haben, gab es ja auch Debatten darüber, ob unser aktueller Lebensstil für Umwelt und Menschen so in Ordnung geht.
    Was würde passieren, wenn wirklich einen Tag lang niemand etwas kaufen würde?
    Das ist schwer zu sagen, weil man ja davon ausgehen müsste, dass dieser Konsum nicht nachgeholt wird – da geht es schon los mit Theorie und Praxis, bei Lebensmitteln etwa ist das ja eher unwahrscheinlich. Was man aber sagen kann: Dieses Jahr werden die deutschen laut Handelsverband wohl 525 Milliarden Euro beim Einzelhandel ausgeben.
    Wenn man das auf Verkaufstage, online und offline runterbricht bedeutet das: Im Schnitt geben wir an einem Verkaufstag im stationären Handel 1,55 Milliarden Euro aus. Online-Shops haben immer auf, die machen im Schnitt fast 147 Millionen Euro Umsatz am Tag in Deutschland. Das sind schon große Summen, nicht umsonst erheben Ökonomen ja monatlich das Konsumklima. Der private Konsum macht laut Konjunkturforschern inzwischen mehr als 55 Prozent am Bruttoinlandsprodukt aus.
    So viel lässt sich also sagen: Ohne Konsum ginge es unserer Wirtschaft vielleicht nicht so gut wie jetzt – ohne das weiter bewerten zu wollen.
    Denn so viel steht wohl fest: Das ist ein moralisch sehr aufgeladenes Thema.