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AfD-Europa-Wahlkampf
Überschatteter Wahlkampf

Die AfD startet ihren Europa-Wahlkampf unter schwierigen Rahmenbedingungen: Die Spendenaffäre schwelt weiter. Medien melden enge Verbindungen zwischen dem Kreml und einem AfD-Abgeordneten. Und nachdem Mariana Harder-Kühnel nicht ins Bundestagspräsidium gewählt wurde, setzt die Partei auf Konfrontation.

Von Nadine Lindner | 06.04.2019
12.01.2019, Sachsen, Riesa: Eine Fernsehkamera steht bei der Europawahlversammlung der Alternative für Deutschland in der Sachsen-Arena. Im Hintergrund ist ein Banner mit AfD-Logos zu sehen.
Die AfD steht durch mehrere Vorwürfe unter medialer Beobachtung (picture alliance/dpa)
Zwei Botschaften waren Wolfgang Kubicki, Bundestagsvizepräsident der FDP, heute Morgen im Interview mit dem Deutschlandfunk wichtig. Erstens: Er möchte, dass die anderen Fraktionen gelassener mit AfD-Provokationen umgehen. Es gehe um Mäßigung. Und zweitens: Auch die AfD dürfe nicht ständig Öl ins Feuer gießen:
"In den letzten Sitzungswochen hat die AfD erneut im Parlament sehr stark provoziert. Ich habe versucht, die parlamentarischen Geschäftsführer der AfD und Herrn Gauland davon zu überzeugen, dass es vielleicht sinnvoll wäre, mal etwas die Füße stillzuhalten, wenn man einen Kandidaten durchsetzen will. Aber das hat die AfD offenbar nicht für notwendig erachtet. Ich glaube auch, dass es ihnen in der Opferrolle gefällt."
Die AfD-Abgeordnete Mariana Harder-Kühnel war am Donnerstag bei der Wahl zur Vizepräsidentin des Bundestages auch im dritten Anlauf durchgefallen. Und das überraschend deutlich.
Neue Kandidaturen
Nach Mäßigung sieht es auf Seiten der AfD aber nicht aus. Hans-Jörg Müller, parlamentarischer Geschäftsführer, verteidigte gestern früh im Deutschlandfunk den Entschluss, bei jeder Gelegenheit einen neuen Kandidaten der AfD aufzustellen und damit auch in Kauf zu nehmen, dass dies zu Lasten der Arbeitszeit des Parlaments geht:
"Dass wir jetzt mal eine gewisse Stärke zeigen müssen, dass man mit uns nicht alles machen kann. Dass wir auch hier unseren Stolz haben, dass das so nicht geht. Und deswegen haben wir dann beschlossen, dass wir bei jeder sich bietenden Gelegenheit praktisch einen nach dem anderen AfD-Parlamentarier aufstellen werden."
Das war schon vor dem dritten Wahlgang am Donnerstag angedroht worden. Die anderen Parteien hätten mit den Kindereien angefangen, so Müller im Deutschlandfunk. Die AfD-Fraktion habe im biblischen Sinne, die Backe hingehalten mit zwei Kandidaten und sechs verlorenen Wahlgängen. Jetzt sei Schluss. Kubicki, Bundestags-Vize der FDP, reagierte heute Morgen gelassen. Die AfD überschätze sich mit dieser Strategie:
"Zunächst einmal kann sie nicht jede Sitzungswoche einen Kandidaten präsentieren. Die AfD scheint die Geschäftsordnung nicht ordentlich zu kennen. Sie hat die Möglichkeit der Aufsetzung eines Tagesordnungspunktes, den sie jetzt erzwingen kann, alle fünf Sitzungswochen. Aber auch so ein Wahlgang hält uns vielleicht eine halbe Stunde auf, maximal."
Weitere Vorwürfe
Die Personalie Harder-Kühnel ist aber nur eines von drei Problem-Themen, das die Woche der AfD geprägt hat. Hinzu kommen - zweitens - die seit Wochen drängenden Fragen zu Parteispenden an die AfD-Spitze rund um Jörg Meuthen. Möglicherweise ließ der Deutsch-Schweizer Immobilien-Milliardär Henning Conle auch AfD-Chef Jörg Meuthen Geld zukommen. Dazu gab es Medienberichte.
Und drittens sind da die Vorwürfe, die ZDF, Spiegel und BBC gegen den Bundestagsabgeordneten Markus Frohnmaier erheben. Er soll laut eines Strategiepapiers als Abgeordneter unter der Kontrolle Moskaus stehen. In einem Interview mit der BBC sagte Frohnmaier, dass er die belastenden Dokumente nicht kenne.
Später bricht Frohnmaier das Interview ab. Der Kreml hat noch nicht auf die Veröffentlichungen reagiert. Hinzu kommen weitere Verwerfungen in der Partei auf Landesebene. In Bayern trat der Co-Fraktionsvorsitzende Markus Plenk aus Fraktion und Partei aus. Der Grund: Protest gegen den Rechts-Kurs seiner Partei. Außerdem sorgt im Landesverband Baden-Württemberg eine E-Mail Affäre rund um den Bundestagsabgeordneten Martin Hess und Landeschef Bernd Gögel für Unruhe.
Die AfD-Spitze versucht nun von den schlechten Nachrichten wegzukommen und läutet heute in Offenburg ihren Europawahlkampf unter dem Motto "Freiheit statt Brüssel" ein. Die AfD liegt in Umfragen für Brüssel aktuell zwischen neun und elf Prozent. Das ist solide, aber nicht berauschend. Es muss sich noch zeigen, wie viele kritische Fragen sich Europa-Spitzenkandidat Jörg Meuthen heute von seinen Anhängern gefallen lassen muss.