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Widerstand gegen Ceta
EU setzt Belgien ein Ultimatum

Die Wallonie sperrt sich hartnäckig gegen Ceta. Nun hat die EU im Hickhack um das Freihandelsabkommen Belgien eine Frist bis Montagabend gesetzt. Dann müsse klar sein, ob die Wallonie zu einem Kompromiss bereit sei oder nicht. Ansonsten droht der geplante EU-Kanada-Gipfel zu platzen.

Von Jörg Münchenberg | 23.10.2016
    Aktivisten mit einem Banner mit der Aufschrift "3,4 Millions d'Européens comptent sur la Wallonie! #stopCETA" und einem Bild des Ministerpräsidenten Pau Magnette
    Belgiens französischsprachige Region Wallonie blockiert bisher das unterschriftsreife Ceta-Abkommen. (picture-alliance/ dpa/ Julien Warnand)
    Die EU pocht auf eine schnelle Entscheidung beim innerbelgischen Streit um das geplante Freihandelsabkommen mit Kanada. Aus EU-Kreisen hieß es dazu, bis morgen müsse klar sein, ob die Wallonie zu einem Kompromiss bereit sei oder nicht. Nachdem sich auch am Samstag der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette nach einem Vermittlungstreffen mit EU-Parlamentspräsident Martin Schulz vorsichtig optimistisch geäußert und nur noch von kleineren Schwierigkeiten gesprochen hatte, die jetzt noch gelöst werden müssten.
    Darauf verwies heute auch EU-Sozialkommissarin Marianne Thyssen im belgischen Fernsehen, mahnte die Wallonie aber auch zur Kompromissbereitschaft:
    "Wenn es noch Sorgen geben sollte - wenn sie sagen, das ist schwierig für uns, zu unterschreiben, hätte man das früher regeln müssen. Aber jetzt darf man nicht mehr von der Vergangenheit reden, sondern muss nach vorne schauen. So wie es Herr Magnette nach dem Treffen am Samstagmorgen mit Martin Schulz im Europäischen Parlament gesagt hat: Er sprach von 'ein klein wenig Zeit'. So hoffe ich, dass wir nur von ein paar Tagen reden."
    Entscheidende Telefongespräche am Montag
    Dennoch soll es morgen die entscheidenden Telefongespräche geben: Zunächst werden am Abend EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker, EU-Ratspräsident Donald Tusk und der belgischen Premierminister beraten. Charles Michel soll dann die EU-Spitze über den Verlauf der Vermittlungsgespräche informieren, bevor es dann ein Telefonat mit dem kanadischen Premier Justin Trudeau geben wird.
    Kann Belgien weiterhin wegen der Blockade der Wallonie nicht zustimmen, dürfte der für Donnerstag geplante EU-Kanada-Gipfel erst einmal verschoben werden. Ceta müsste also zumindest in die Warteschleife. Ob die kanadische Regierung auch Wochen oder Monate später zu einer Unterzeichnung bereit wäre, ist offen. Doch der Schlüssel zur Lösung der Krise liege derzeit allein in Belgien, heißt es inzwischen in der Kommission. Sozialkommissarin Thyssen:
    "Am Ende ist es Belgien, das Ja oder Nein sagen muss. Das hätte man vorher in Belgien regeln können."
    Massiver Druck auf Regionalregierung
    Ein Vorwurf, der aus dem französisch-sprachigen Teil Belgiens zurückgewiesen wird. So beklagte der wallonische Sozialistenchef und ehemalige belgische Premierminister Elio de Rupo per Twitter den massiven politischen Druck auf die Regionalregierung.
    Und im belgischen Fernsehen machte er die Kommission sowie der Föderalregierung indirekt selbst für die Krise verantwortlich, weil sie alle Warnungen aus der Wallonie schlicht ignoriert hätten:
    "Wir haben die Europäische Kommission schon vor einem Jahr verständigt. Wir haben nie eine Antwort bekommen. Und jetzt plötzlich tut man überrascht. Dabei kennt die Regierung unsere Position seit Anfang an."
    Welche Zugeständnisse die Wallonie bei der Zusatzerklärung zu Ceta genau fordert, ist weiter unklar. Zuletzt hatte es noch Kritik an den geplanten Schiedsgerichten gegeben. Zugleich gibt es Spekulationen, dass die Regionalregierung von Michel finanzielle Hilfen fordert. Die Wallonie hat mit erheblichen Strukturproblemen sowie einer vergleichsweise hohen Arbeitslosigkeit zu kämpfen, während die exportstarke Wirtschaft der Region Flandern von Ceta erheblich profitieren dürfte.