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Wie bitte geht’s zum Sprachzertifikat?

Eine Internationale Tagung an der Uni Bremen beschäftigt sich mit der Frage, wie Hochschulen Nachweise von Fremdsprachenkenntnissen, die immer häufiger für die Zulassung zum Studium verlangt werden, sicher und standardisiert erzielen können.

Von Christina Selzer | 04.03.2011
    Im Sprachlernzentrum der Universität Bremen ist nicht ganz so viel los wie sonst: Es sind schließlich gerade Semesterferien. Von den 40 Lernplätzen mit Computer sind rund 20 besetzt. Konzentriert sitzen Studierende mit Kopfhörern an den Tischen, vor sich auf dem Bildschirm Sprachübungen. Denn alle lernen für ein Sprachzertifikat.

    "In Köln wartet der weltberühmte Dom und der Rheinländer mit seinem Humor."

    Fatima aus Libyen möchte in Deutschland studieren. Dafür braucht sie einen Sprachnachweis. Sie macht gerade eine virtuelle Reise durch Deutschland und lernt Wörter und Sätze, die sie im Alltag braucht.

    "Am Hauptbahnhof."

    Der Hauptbahnhof ist eine klassische Situation, in der bestimmte Sprachkenntnisse gefordert sind, erklärt Bärbel Kühn, die Geschäftsführerin des Fremdsprachenzentrums Bremen:

    "Das ist Alltagssprache. Wenn man an der Uni ist, wird das eigentlich vorausgesetzt, gerade wenn man aus Japan kommt, nicht. Verreisen, wichtig, zu lernen, fragen, wo man hinfahren kann. Es gibt auch Übungen, die die Grammatik üben. Wer und Was, also Subjekt, immer mit Situationen gearbeitet, bei der Sprachreise fährt man von einer Stadt in die andere."

    Fatima lernt für den sogenannten "DAF"-Test, die Abkürzung für Deutsch als Fremdsprache. Den Test macht die Uni Bremen zusammen mit dem Goetheinstitut. Fatima braucht ihn, wenn sie sich später für einen Studienplatz in Deutschland bewerben möchte.

    Neben ihr sitzt der Bremer Stefan Köhler. Er lernt Englisch und schaut sich am Computer Sprach-Videos an. Anschließend muss er Übungstexte ausfüllen und zeigen, was er verstanden hat. Stefan Köhler macht seinen Master in Geschichte. Wenn er seine Abschlussarbeit anmeldet, dann braucht er auch den Nachweis über gute Englischkenntnisse. Sein Schulenglisch beschreibt er als mittelgut, deshalb muss er sich verbessern. Im Lernzentrum macht ihm das viel mehr Spaß als früher in der Schule.

    "Die Zeit, sich hinzusetzen, sein eigenes Tempo zu machen, selbstständig arbeiten zu können, ohne den Lehrer, sein eigenes Tempo, anhören, wie ist die Grammatik. Großer Unterschied."

    Bärbel Kühn nickt bei dieser Aussage heftig. Ihr ist es wichtig, dass Studierende individuell lernen und möglichst mit Freude. Doch das ist inzwischen gar nicht mehr so einfach. Denn seit in vielen Studiengängen in Deutschland Englisch-Kenntnisse vorausgesetzt werden, rollt eine regelrechte Testwelle über die Hochschulen.

    Auf diese neuen Herausforderungen und die zunehmende Bürokratie müssen sich die Hochschulen einstellen, sagt Professor Hans Krings, der Direktor des Bremer Sprachenzentrums. Ein großes Problem sei dabei die knappe Personalausstattung. Ein zweites Problem: Die Testerei wirke sich auf den Unterricht aus. Und so werde nur noch für den Test gelernt.

    "Die Frage, ob zu viel getestet wird, die Gefahr, dass wir vom lernzentrierten zu einem testzentrierten Unterricht kommen. Statt zu fragen, welche Testform gibt dem Lerner das Optimale. Dass zu viel getestet wird, und dass das was im Unterricht passiert, davon beeinflusst wird. Der Test wirkt von hinten in den Unterricht."

    Das lässt sich aber kaum ändern, denn die Studierenden müssen Standards erfüllen, die in einem "Europäischen Referenzrahmen" festgelegt sind und danach bewertet werden. Vor zehn Jahren wurde der Rahmen eingeführt und sortiert die Kenntnisse unter die Buchstaben A, B und C: A für Anfänger, B für Mittelstufe und C für Fortgeschrittene. Abgefragt wird darin unter anderem, wie man kommunizieren, Texte lesen oder wiedergeben kann. Das sei zwar eine Währung, die grenzübergreifend verstanden werde, sagt Doris Geber, die das Sprachzentrum an der Uni Potsdam leitet. Dennoch: Zufrieden ist sie damit nicht.

    "Es spielt eine Rolle die Vergleichbarkeit, für mich ist der Rahmen kein Allheilmittel. Keine Garantie, dass da, wo A1 drauf steht auch A1 drin ist. Das Problem ist, dass die Beschreibungen vage sind, zum Beispiel was für Texte müssen verstanden werden können."

    Doris Gebert glaubt, dass es ein langer Weg ist, Testsysteme zu verändern, einheitliche Standards zu schaffen und differenzierter zu bewerten. Doch das, glaubt sie, wäre der richtige Weg. Damit es weniger Etikettenschwindel gibt.