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Wie die Parallelwährung 'Geuro' in Griechenland funktionieren könnte

Der "Geuro" – klingt irgendwie nach einem kleinen Kuschelmonster und so gar nicht nach Finanzkrise. Doch in Sachen Problemlösung soll der "Griechenland-Euro" das nächste große Ding sein: Das sagt zumindest der Chef-Volkswirt der Deutschen Bank, Thomas Mayer.

Von Michael Braun | 22.05.2012
    Oft wird eine Parallelwährung eingeführt, weil die eigene Währung zu schwach ist, niemand ihr vertraut, niemand Ware gegen diese Geld herausgibt. Dann muss, wie im Kosovo oder in Montenegro, eine harte Parallelwährung her. Aber es gibt auch für das, was nun für Griechenland im Gespräch ist, Vorbilder, also für eine schwache Parallelwährung.

    "Es gibt einen Vorläufer, ist noch gar nicht so lange her, in Kalifornien gab es den Fall, dass der Bundesstaat Kalifornien Ausländerschuldverschreibungen aus gegeben hat. Es kann spontan dazu kommen, dass diese Schuldverschreibungen zu einer Währung werden. Es hängt davon ab, wie die Menschen damit umgehen, und ob sie diese Zertifikate, sag ich jetzt mal, auch als solche benutzen, um andere Dinge zu kaufen."

    Meint Thomas Meissner, Volkswirt bei der DZ Bank. Es wäre die griechische Regierung, die solche Schuldverschreibungen oder Zertifikate ausgeben müsste: letztlich nur ein Papier, auf dem steht, dass der Besitzer dieses Papiers zu gegebener Zeit hartes Geld zurückbekomme. Wenn genügend Menschen das Papier akzeptieren, dafür Lebensmittel oder Dienstleistungen hergeben und merken, dass sie ihrerseits das Papier wieder in Waren einlösen können, dann kann solche eine Parallelwährung funktionieren. Vor allem könnte sie funktionieren, wenn dem Ausland Leistungen gegen harte Währungen angeboten werden, im Inneren aber gegen Weichwährung abgerechnet wird. Der griechischen Tourismusindustrie, meint Thomas Mayer, Chefvolkswirt der Deutschen Bank, könnte die weiche Parallelwährung nutzen:

    "Der Hotelier, der Reiseveranstalter würde die Hartwährung einnehmen und die Bediensteten dort würden im abgewerteten 'Geuro', der Weichwährung, bezahlt werden, solange diese Parallelwährung existiert. Damit wäre der Reiseveranstalter in der Lage den deutschen Touristen einen geringeren Preis in Hartwährung zu berechnen. Damit würde er wieder Wettbewerbsfähigkeit gewinnen gegenüber seinen Wettbewerbern, zum Beispiel der Türkei."

    Der Mechanismus zeigt: Es geht darum, vor allem über sinkende Kosten, namentlich sinkende Arbeitskosten, die Wettbewerbsfähigkeit wiederherzustellen. Für inländische Produkte, die zu inländischen Kosten hergestellt wurden, könnte die mit Weichwährung erlangte Kaufkraft genügen. Für Importe aus dem Ausland, auch für Autos, dürften die Löhne nicht reichen. Denn was an Hartwährung hereinkommt, wird der Staat abschöpfen müssen. Denn Rohstoffe, Investitionsgüter und dazugehörige Dienstleistungen können nur gegen konvertible Währung im Ausland gekauft werden. Griechenland dürfte wegen seiner schwachen Exportleistung so wenig hartes Geld einnehmen, dass es seine Altlasten an die EU abtreten müsste. Thomas Mayer:

    "Man muss zwei Dinge tun, damit es nicht schief geht. Das eine ist, die Troika, IWF, EU muss sich darauf verständigen, dass sie den Schuldendienst weiterzahlt. Das Geld wird dann auf ein Sperrkonto eingezahlt, das Geld geht dann an die ausländischen Gläubiger Griechenlands, sodass es da keinen kräftigen Staatsbankrott gibt. Der zweite Punkt ist: Es wäre ratsam, dass sich die griechischen Banken in eine europäische bad bank hineinbegeben. Dann haben die Leute das Gefühl, dass ihre Einlage sicher ist. Die werden ja dann von EU gemanagt und garantiert."

    Dann wären zumindest die internationalen Gläubiger Griechenlands einigermaßen gerettet. Möglich, dass auch diese Perspektive hinter der Idee der Parallelwährung steht.