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Wie ein Bienenschwarm

Internet und Mobilfunk etablieren sich auch in Entwicklungsländern immer mehr - zur Freude ansässiger internationaler Hilfsorganisationen. Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen - UNICEF - präsentierte jetzt ein mobiles Kommunikationsgerät für Katastrophenfälle.

Von Arndt Reuning | 08.11.2008
    Das Gerät sieht so aus, wie man sich einen Computer aus der späten Eisenzeit vorstellen würde. Ein glänzender Metallkasten mit einer Tastatur aus Edelstahl. Rechts davon zwei Maustasten und ein Touchpad. Der Flachbildmonitor steckt ebenfalls in einer Metallhülle. Alle Kanten sind vernietet, teilweise lassen sich auch noch Schweißnähte erkennen. Die Schnittstellen hinten links an der Seite haben die Entwickler von UNICEF hinter Plastikkappen versteckt, die nur bei Bedarf abgenommen werden, sagt Gerrit Beger von der Division of Communication in der UNICEF-Zentrale New York.

    "Wir sehen das ja hier direkt vor uns: Das ist alles sehr robust gebaut mit einem Stahlkeyboard. Es ist wirklich was, wo kein Staub, keine Feuchtigkeit ran kann. Die Komponenten sind alles Sachen, die man sich in einem Computerladen kaufen kann. Deshalb ist es auch nichts Hochkompliziertes, es ist vielmehr die Kombination von diesen Teilen und dann eben auch diese feste Verschalung und dieser robuste Bau dieses Geräts."

    Robust und widerstandsfähig gegen Staub und Feuchtigkeit muss das Gerät auch sein. Es soll in Katastrophengebieten, zum Beispiel in Afrika, dabei helfen, die Hilfsmaßnahmen zu koordinieren. Einfache Technik also für eine anspruchsvolle Aufgabe. Gerrit Berger entwirft ein Szenario, bei der die Metallbiene die Helfer unterstützen könnte.

    "Erdbeben, Katastrophengebiet. Die wichtigsten Hilfsmittel werden eingeflogen, werden da hin transportiert. Es gibt eine Gruppe von UNICEF oder anderen Kollegen, die in diesem Katastrophengebiet arbeitet. Die müssen sich verständigen: Welche Straßen sind blockiert, welches sind die besten Routen, um da rein zu kommen? Was sind die Sachen, die am dringendsten benötigt werden? Und alle diese Informationen können gemanagt werden mit dieser Bee als Schaltzentrale."

    Die UNICEF-Biene ist so etwas wie das Schweizer Offiziersmesser der Notfallkommunikation. Verschiedene Techniken sind in dem Gerät zu einer Universal-Plattform verschmolzen. Der Computer bietet Zugang zum Internet. Wenn nicht über Kabel, dann zum Beispiel auch über WLAN. Eine kleine Webcam kann Bilder einfangen. Außerdem besitzt das System einen Radiosender. Der Metallkasten kann sich mit Laptops in einem Umkreis von bis zu zehn Kilometern zu einem so genannten Mesh-Netzwerk verbinden. Und er bietet den Helfern vor Ort die Möglichkeit, Nachrichten von ihrem GSM-Mobiltelefon aus zu übermitteln, zum Beispiel zu der Lage der Menschen im Krisengebiet.

    "Es gibt dann irgendwelche Formulare, wo bestimmte Fragen gestellt werden, um eben die Situation zu analysieren. Zum Beispiel, wenn wir jetzt dreißig, vierzig Kollegen haben mit einem Mobiltelefon, die können dann eben da rein texten, und das Programm kann dann sofort Grafiken erstellen und kann eben die Situation analysieren. Also von daher hilft so ein Setup im Katastrophengebiet schon ungemein, um einfach sich besser zu organisieren."

    UNICEF möchte dabei ausnutzen, dass auch in Entwicklungsländern in den vergangenen Jahren immer mehr Menschen Zugang zu modernen Kommunikationsmitteln gefunden haben.

    "Mehr Menschen haben Zugang zu Internet-Cafes. Mehr Menschen haben ein Mobiltelefon oder Zugang zum Mobiltelefon. Und das heißt für Entwicklungsarbeit eben auch, dass man diese Verbesserung, diesen Zugang von Menschen in Entwicklungsländern zu Technologien nutzen kann für unsere Arbeit. Und es ist auch einfach klar, dass eben dieser GSM-Standard einfach der Standard für Telefonie sein wird. Ja, es wird keiner mehr in Afrika jetzt irgendwie die Straßen aufgraben, um irgendwelche Telefonkabel zu legen."

    Und sollte tatsächlich keine Internet- oder Mobilfunkverbindung im Katastrophengebiet möglich sein, zum Beispiel, weil die Infrastruktur durch ein Erdbeben zerstört worden ist, kann die Bee immer noch eine Verbindung über Satellit herstellen und einmal am Tag Informationen von draußen empfangen oder senden. Mit Energie lässt sich das System entweder über das normale Stromnetz oder über Solarzellen oder eine Autobatterie versorgen. Dass das tatsächlich funktioniert, konnte das Gerät schon in verschiedenen Tests unter Beweise stellen. Zuerst im US-Bundesstaat New York und in Südafrika. Weitere Feldversuche stehen an in Uganda und Äthiopien.