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Wie Fische schweben

Biologie. – Forscher aus Großbritannien haben die Evolution der Schwimmblase erkundet. Vier Elemente mußten zusammengefügt werden, damit Fische im Wasser schweben können. In der aktuellen Ausgabe von "Science" berichten die Wissenschaftler darüber.

18.03.2005
    Sich wie ein Fisch im Wasser zu bewegen, ist gar nicht einfach, selbst wenn man für eine vernünftige Sauerstoffversorgung gesorgt hat. Denn auch unter Wasser fordert die Schwerkraft ihren Preis. Körper, die schwerer als Wasser sind, sinken zu Boden. Fische haben in ihrer Schwimmblase ein Mittel gefunden, im Wasser zu schweben. Die einfachste Variante hat etwa der Hering. Er muss regelmäßig an die Oberfläche und Luft schnappen, um die Schwimmblase wieder aufzutanken. Der entscheidende Durchbruch gelang daher, als die Schwimmblase mit Sauerstoff aus dem Blutkreislauf aufgefüllt werden konnte. Das Verfahren ist jedoch technisch anspruchsvoll. Michael Berenbrink, Zoologe im englischen Liverpool: "Mit zunehmender Tiefe wird der Wasserdruck, der auf dem Fisch lastet, enorm groß, er erreicht über 100 Atmosphären. Diese Fische haben einen Mechanismus entwickelt, Gas gegen diesen enormen Druck in ihre Schwimmblase zu pressen."

    Berenbrink wollte mit 50 verschiedenen Fischarten herausfinden, wie sich dieses Organ herausgebildet hat. An Anfang stand dabei der rote Blutfarbstoff. Alle Fische verfügen über eine Hämoglobinvariante, die Sauerstoff im Vergleich zum Hämoglobin der Landwirbeltiere besonders leicht abgibt. Der nächste Schritt in der Evolution war vor 250 Millionen Jahren die Entstehung eines engmaschigen Adergeflechts, bei dem das Blut in Arterien und Venen im Gegenstromprinzip aneinander vorbei fließt. Dabei entstehen hohe Sauerstoffkonzentrationen, die zunächst einmal den besonders empfindlichen Augen zugute kamen. Parallel hatten die Fische eine primitive Form der Lunge entwickelt, die von manchen Arten auch schon zur Regelung des Auftriebs verwendet wurde. Damit waren die wichtigsten Bausteine der Schwimmblase vorhanden. Vier Fischgruppen kombinierten sie unabhängig voneinander und konnten so erstmals die Schwimmblase unter Wassern füllen. Damit war der Lebensraum Tiefsee freigegeben, außerdem mussten die Fische nicht mehr ständig mit den Flossen um Auftrieb rudern.
    Die Schwimmblase ist ein entscheidender Vorteil im Kampf ums Überleben. Denn die Fische können mit den Flossen, die nicht mehr rudern müssen, verfeinerte Bewegungen steuern. "So etwas", so Berenbrink, "sieht man beispielsweise bei heutigen Korallenfischen, die sich durch sehr enge Nischen hindurchmanövrieren können." Andere Gruppen, wie die Elefantenfische in Afrika können mit Hilfe der Schwimmblase kommunizieren. Berenbrink: "Sie erzeugen Laute und Schwimmblasen erlauben eine Verstärkung dieser Schallwellen, so dass sie besser hören können."

    [Quelle: Volkart Wildermuth]