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Wieder nicht mehr

Auch wenn Bafög-Empfänger darauf hoffen, eine Erhöhung der Unterstützung scheint nicht in Sicht. Und das, obwohl der Bafög-Beirat der Bundesregierung eine Erhöhung für nötig hält. Nach Ansicht von Jochen Dahm müsste der Betrag eigentlich um 50 Euro steigen. Grund seien die Einführung von Studiengebühren, der Wegfall des Kindergeldes im höheren Lebensalter sowie die Erhöhung der Mehrwertsteuer.

Moderation: Kate Maleike | 06.02.2007
    Maleike: In gut einer Woche, am 14. Februar nämlich, will Bundesbildungsministerin Schawan dem Kabinett in Berlin das neue Bafög-Gesetz vorlegen, und so wie es im Moment aussieht, ist darin wieder, muss man sagen, keine Erhöhung des Bafögs vorgesehen. Damit würde zum fünften Mal in Folge eine Anpassung dieser Ausbildungsförderung an die gestiegenen Lebenshaltungskosten ausgesetzt. Und diese Anpassung aber hatten Studentenorganisationen, Studentenwerk und Gewerkschaften immer wieder eingefordert, zumal durch die Einführung von Studiengebühren eine weitere finanzielle Belastung entsteht, die man nicht unterschätzen sollte. Auch der Bafög-Beirat der Bundesregierung hält eine Erhöhung der Förderung für nötig. Jochen Dahm ist Mitglied des Beirats, im richtigen Leben studiert er in Münster Politikwissenschaften und sitzt gerade an seiner Magisterarbeit. Herr Dahm, der Bafög-Beirat berät die Bundesregierung ja in Fragen der Ausbildung. Sagen Sie uns kurz mal ein paar Worte zu dieser Arbeit. Wer ist Mitglied?

    Dahm: Im Bafög-Beirat sind so um die 22 Personen Mitglied, und zwar aus allen möglichen Bereichen, also Studierende natürlich, das Deutsche Studentenwerk, Gewerkschaften, Arbeitgeber, Arbeitnehmer, außerdem noch Vertreter aus Verwaltung und Juristen.

    Maleike: Also alles sachkundige Vertreter, die aber einstimmig auch eine Erhöhung der Ausbildungsförderung gefordert hatten, ich hatte es schon angesprochen. Was schwebt Ihnen vor?

    Dahm: Das ist richtig. Also es sind Experten, und die haben sich angeguckt die Berichte der vergangenen Jahre und geguckt, wie sich die Lebenshaltungskosten und die Löhne entwickelt haben, und haben dafür eine Erhöhung der Bedarfsätze, also sagt in etwa, wie viel die Studierenden bekommen, um 10,3 Prozent gefordert und der Freibeträge der Eltern, das regelt ungefähr, wer Bafög bekommt, also wie viele, um 8,7 Prozent.

    Maleike: Nun kommt es aber vermutlich nicht zu dieser Erhöhung. Wie kommt das zusammen? Sie empfehlen, es kommt aber nicht dazu. Woran liegt das?

    Dahm: Na ja, der Bafögbeirat stellt quasi auf Expertenmeinung fest, wie hoch aus seiner Sicht der Bedarf wäre, und dann liegt es letztlich natürlich an der Bundesregierung und an dem Bundestag zu sehen, ob er dafür das Geld ausgeben möchte oder ob er das Geld in anderen Bereichen investiert.

    Maleike: Über die Erhöhung haben wir jetzt schon kurz gesprochen. Bringt der Entwurf, der jetzt vorliegt, also die Gesetzesnovelle, andere Verbesserungen denn mit sich zum Beispiel?

    Dahm: Also über den Entwurf selber, der im Bafögbeirat beraten wird, darf ich so nichts sagen, aber was jetzt als Antrag diskutiert wird in den vergangenen Tagen im Bundestag, da scheint es ein paar Verbesserungen zu geben, aber das Wesentliche, also die Erhöhung der Freibeträge, scheint nicht vorgesehen zu sein.

    Maleike: Der Bafögrat hatte auch schon beklagt, dass es sich bei der Studienfinanzierung in der Bundesrepublik Deutschland inzwischen ja um einen regelrechten Dschungel an Möglichkeiten handelt. Also wir haben total verschiedene Darlehensmodelle und Zinsmodelle, Rückzahlungsweisen. Was wäre denn für Sie die Alternative dazu?

    Dahm: In der Tat hat sich der Bafögbeirat damit beschäftigt. Wenn man sich anguckt, es gibt jetzt allein vom Bund den KfW-Kredit und den Bildungskredit, es gibt darüber hinaus Kredite von den Studentenwerken, den Studierendenschaften, und dann jeweils noch die Kredite im Bafög selber, den Kreditanteil, und noch die Kredite für Studiengebühren der Länder. Das ist für alle Studierende sehr undurchsichtig. Der Bafögbeirat hat noch keine richtige Idee, wie das letztlich geregelt werden soll, aber er hat den Handlungsbedarf erkannt und appelliert an die Bundesregierung auch, im Bafögbericht tätig zu werden und versuchen ein transparentes System zu schaffen.

    Maleike: Ist denn das Bafög als Förderungsinstrument für Sie eigentlich noch zeitgemäß, oder müsste man was ganz Neues schaffen?

    Dahm: Gut, da kann ich natürlich nur als Privatperson reden. Ich glaube auf jeden Fall, dass das Bafög gegenüber einfach Kreditmodellen ein Riesenfortschritt ist. Das Bafög ist in seiner 35jährigen Geschichte eigentlich ein Erfolgsmodell gewesen. Als Studierender könnte ich mir auch vorstellen, dass man noch ein bisschen stärker, fortschrittlicher fördert, dass es einen höheren Zuschussanteil gibt und dass es stärker elternunabhängig gefördert wird. Aber da muss man halt gucken, ob es dafür politische Mehrheiten gibt in Deutschland.

    Maleike: Dann frage ich Sie jetzt noch mal als Privatperson oder als Student: Also die nochmalige Nichterhöhung, wie wird sich die Ihrer Meinung nach auswirken? Im Moment, wenn ich die Zahlen richtig verstanden habe, liegt die Höchstförderung der Studierenden bei 585 Euro monatlich. Wenn man da mal die 500 Euro Studiengebühren abzieht, bleibt ja nicht mehr viel.

    Dahm: Das ist richtig. Also der Bafög-Beirat hat ja, wie gesagt, gesagt, man müsste eigentlich 50 Euro erhöhen den Betrag für Studierende, und wenn man sich anguckt, dass die Kosten für Studierende in den letzten Jahren immer höher geworden sind, Studiengebühren haben Sie schon erwähnt, dazu der Wegfall des Kindergeldes im höheren Lebensalter, dazu jetzt neu die Mehrwertsteuererhöhung. Das sind alles Kosten, die auf die Studierende zukommen, und wenn man sich überlegt, man ist am Ende seiner Schulzeit und möchte ein Studium ergreifen oder nicht, dann werden natürlich die Leute, bei denen das Geld knapp ist, sich immer mehr gegen ein Studium entscheiden, und das finde ich schade, und da sollten wir in Deutschland gegen ankämpfen.

    Maleike: Das Argument der Regierung ist ja immer das große Ziel der Haushaltskonsolidierung, also wir müssen sparen, sparen, sparen, und wenn, wäre Ansprechpartner der Bundesfinanzminister Steinbrück. Jetzt gilt aber die Bundesbildungsministerin Schawan ohnehin schon nicht als die unbedingte Bafögfreundin. Rechnen Sie denn damit, dass diese Nullrunden jetzt ein Dauerzustand werden?

    Dahm: Na ja, ich kann mich natürlich da jetzt nicht zu den Vorlieben meiner Ministerin äußern. Ich hoffe, dass es in der Großen Koalition, wenn auch vielleicht nicht mehr kurzfristig, so doch in nächster Zeit, eine Erhöhung gibt, und wenn man sich die Debatte anguckt, die jetzt im Bundestag vor einigen Tagen geführt wurde, dann gibt es doch aus Teilen der SPD, aber auch aus Teilen der CDU die Bestrebung, dass man zumindest in dem Haushalt 2008 - und dessen Haushaltsberatungen laufen ja demnächst an – das Geld einstellt, und das würde ich mir als Privatperson wünschen, aber ich glaube, das wäre auch im Sinne des Bafögbeirats.