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Wikileaks
Obama begnadigt Whistleblowerin Manning

Nur wenige Tage vor seinem Ausscheiden als US-Präsident hat Barack Obama die Haftstrafe für die Whistleblowerin Chelsea Manning deutlich verkürzt. Sie soll schon im Mai freikommen. Manning hatte vertrauliche Dokumente des US-Militärs heruntergeladen und an die Enthüllungsplattform Wikileaks weitergeleitet.

18.01.2017
    ARCHIV - HANDOUT - Die ehemalige Wikileaks-Informantin Chelsea Manning (undatierte Aufnahme) mit Perücke. Der scheidende US-Präsident Barack Obama hat die 35-jährige Haftstrafe für die Whistleblowerin Manning verkürzt. Die ehemalige Wikileaks-Informantin solle das Gefängnis am 17. Mai 2017 verlassen dürfen, teilte das Weiße Haus am Dienstag mit.
    Chelsea Manning auf einer undatierten Aufnahme der US-Armee. (U.S. Army / dpa - Bildfunk+++)
    Manning steht auf einer Liste von 64 Begnadigungen und 209 Straferlässen, die Obama zum Ende seiner Amtszeit gewährte, wie das Weiße Haus mitteilte. Der im russischen Exil lebende Geheimdienstinformant Edward Snowden ist dort hingegen nicht zu finden. Anders als er hatte sich Manning an Obama gewandt und um ihre Entlassung gebeten.
    Die ehemalige Wikileaks-Informantin kann nach offiziellen Angaben das Gefängnis am 17. Mai verlassen. Manning war 2013 zu 35 Jahren Haft verurteilt worden. Damals war sie noch ein Mann und hieß mit Vornamen Bradley. Erst später nahm sie die weibliche Identität an. Manning hatte als Soldat geheime Informationen über Verfehlungen der US-Streitkräfte unter anderem in Afghanistan und im Irak an Wikileaks weitergereicht. Darunter waren 700.000 vertrauliche Armeedokumente sowie Depeschen der US-Diplomatie. Die 29-Jährige befindet sich seit sechs Jahren in Isolationshaft im US-Militärgefängnis in Fort Leavenworth im Bundestaat Kansas.
    Die Betreiber von Wikileaks begrüßten die Begnadigung und erklärten, der Schritt könne Mannings Leben retten. Nach Angaben von Unterstützern hat sie bereits zweimal versucht, sich in der Haft das Leben zu nehmen. Einen Hungerstreik gab sie nach Angaben ihres Anwalts im vergangenen September auf, nachdem ihr für die nähere Zukunft eine Operation zugesagt worden war.
    Wird Assange ausgeliefert?
    Am vergangenen Freitag hatte die Enthüllungsplattform bekannt gegeben, dass ihr Gründer Julian Assange zu einer Auslieferung in die USA bereit sei, sollte Manning begnadigt werden. Der 45-jährige Australier war vor über vier Jahren in die Botschaft Ecuadors in London geflüchtet. Gegen ihn liegt ein Haftbefehl wegen Vergewaltigungsvorwürfen in Schweden vor.
    Julian Assange auf dem Balkon der ecuadorianischen Botschaft in London
    Wikileaks-Gründer Julian Assange. (picture alliance / dpa )
    Assange fürchtete eine Auslieferung an Skandinavien und von dort weiter in die USA, wo ihm eine lange Haftstrafe droht. Per Twitter zeigte sich auch Assange über die Begnadigung Mannings erfreut. "Im Namen der Demokratie und zum Wohle des Rechtsstaates muss die Regierung ihren Krieg gegen Whistleblower und Veröffentlicher wie Wikileaks und mich sofort beenden", forderte er zudem. Sein Angebot, sich ausliefern zu lassen, erwähnte er jedoch nicht. Auch Vertreter des Weißen Hauses betonten, zwischen Obamas Entscheidung und Assanges Äußerung bestehe kein Zusammenhang.
    Lob und Kritik nach Begnadigung
    Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International begrüßte die Entscheidung. Snowden twitterte: "In fünf Monaten wirst du frei sein. Danke für alles, was du für alle getan hast." Der linke Regisseur Michael Moore twitterte ein großes "DANKE" an Obama.
    Kritik an Obamas Entscheidung kam aus den Reihen der Republikaner. Senator John McCain bezeichnete die Haftverkürzung als "schweren Fehler", die "andere zu Spionage und Schwächung der militärischen Disziplin verleiten" könne. Parlamentspräsident Paul Ryan bezeichnete die Entscheidung als "schlicht skandalös".
    Dokumente belegten Beschuss von Zivilisten
    Für die US-Regierung waren die Enthüllungen durch Manning desaströs. Die Veröffentlichung der Papiere unter anderem über die Kriege im Irak und in Afghanistan sorgten weltweit für Wirbel. Die Preisgabe von Diplomaten-Depeschen blamierte US-Botschafter und Politiker in aller Welt. Darunter waren auch Aufnahmen aus Bagdad, die den tödlichen Beschuss irakischer Zivilisten und Journalisten aus einem US-Kampfhubschrauber zeigen.
    (hg/fwa)