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Windenergie
Schutz für empfindliche Kabel

Offshore-Windparks weit draußen auf dem Meer erzeugen relativ viel Energie. Besonders fehleranfällig und zugleich teuer sind jedoch jene Kabel, die die einzelnen Anlagen mit den Umspannwerken und dem Festland verbinden. Hierfür entwickeln norwegische Ingenieure eine kostengünstige Lösung.

Von Monika Seynsche | 27.06.2016
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    Das Offshore-Windenergie-Testfeld Alpha Ventus vor der Küste von Borkum. (dpa/picture alliance)
    Eigentlich ist die Sache ganz einfach. Das Windrad auf hoher See dreht sich und produziert Strom. Dieser Strom muss dann nur noch von der Anlage zum Umspannwerk und an Land kommen. Aber genau da fangen die Probleme an.
    "Im Prinzip nutzt man dafür statische Kabel, die einfach auf dem Meeresboden liegen oder darin vergraben sind. Aber da müssen sie ja erstmal hinkommen. Die kritische Stelle ist genau dieser Übergang vom Fundament der Windenergieanlage in den Boden hinein. Dort ist das Kabel Strömungen ausgesetzt und es scheuert an den großen Steinen, die oft um die Windenergieanlagen herum verteilt werden, um Auskolkungen zu verhindern. Sie müssen das Kabel also irgendwie schützen, aber diesen Schutz brauchen Sie nicht auf der gesamten Länge des Kabels."
    Es gebe bereits Schutzsysteme für Offshore-Stromkabel, die allerdings das gesamte Kabel umhüllen und dadurch sehr teuer seien, sagt Henrik Bang-Andreasen von der norwegischen Firma Seaproof Solutions. Und für die Öl- und Gasindustrie wurden dynamische Kabel entwickelt, die wesentlich flexibler und damit weniger bruchanfällig als statische Kabel sind. Aber auch die sind sehr teuer. Deshalb werde bis heute in vielen Offshore-Windparks ganz auf einen Kabelschutz verzichtet.
    "Das Problem ist: Die Betreiber nutzen aus Kostengründen statische Kabel, die aber nicht für die dynamischen Bedingungen am Meeresboden geschaffen wurden. Dadurch leiden die Kabel sehr stark, und es kommt zu Ausfällen, wenn die Kabel brechen. Irgendwann können Sie dann keinen Strom mehr von der Windenergieanlage an Land transportieren. Und das schon lange, bevor die durchschnittliche Lebensspanne der Windparks von mindestens 25 Jahren erreicht ist."
    Die Folge sind sehr hohe Kosten für die Ausbesserung der Kabel sowie ein langer Stillstand der Anlagen während der Reparaturen. Während die Kabel nur etwa elf Prozent der Gesamtkosten beim Bau eines Offshore-Windparks ausmachen, betragen die Versicherungsfälle ein Vielfaches davon.
    "Die neuesten Zahlen der Versicherungen von 2015 zeigen, dass Kabelschäden mittlerweile 40 Prozent aller Schadensfälle in Offshore-Windparks ausmachen. Und wenn man sich die Kosten anschaut, so sind kaputte Kabel sogar für 82,3 Prozent aller Kosten verantwortlich, die in den Meeres-Windparks verursacht werden. Die Kabel haben also einen enormen Einfluss auf die Betriebskosten der Windparks."
    Henrik Bang-Andreasen und seine Kollegen haben deshalb ein neuartiges Schutzsystem entwickelt, das die Kabel genau dort schützt, wo sie am anfälligsten sind: am Übergang zwischen Fundament und Meeresboden. Es besteht aus einem Faserverbundwerkstoff.
    "Die Fasern dienen dabei als eine Art Skelett, das vollständig von Polyurethan ummantelt ist. Dadurch vereint dieses Material die flexiblen Eigenschaften des Polyurethans mit den starren Eigenschaften der Fasern. So können wir die Biegung der Kabel kontrollieren und verhindern, dass sich die Kabel zu stark biegen."
    Woraus genau die Fasern bestehen, möchte Henrik Bang-Andreasen nicht verraten. Mit ihrer Mischung können die Norweger jedes beliebige Kabel ummanteln und den Windparkbetreibern hohe Reparaturkosten ersparen. Im Jahr 2012 haben sie den ersten Windpark, Riffgat vor der Insel Borkum, mit ihrem Kabelschutzsystem ausgerüstet. Seitdem sind zahlreiche weitere in Deutschland, Großbritannien sowie China und Dänemark gefolgt.