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Windkraftanlage
Bau-Boom vor EEG-Reform

Im ersten Halbjahr 2014 sind deutlich mehr Windkraftanlagen aufgestellt worden als im Jahr zuvor. Das liegt auch daran, dass die Strompreis-Debatte und die Neufassung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes für Unsicherheit sorgten. Dieser Effekt kann sich nun aber ins Gegenteil verkehren.

Von Christel Blanke | 29.07.2014
    Windräder stehen auf einem Feld bei Wormlage in der brandenburgischen Lausitz vor dem vom Sonnenuntergang rot gefärbten Abendhimmel.
    Das monatelange Tauziehen um die EEG-Reform ließ die Windbranche bauen. (dpa picture alliance / Andreas Franke)
    Die Bilanz kann sich sehen lassen: Für das erste Halbjahr 2014 verzeichnet die Branche ein Plus von 66 Prozent gegenüber dem gleichen Zeitraum im vergangenen Jahr. 650 neue Windkraftanlagen an Land wurden gebaut mit einer Gesamtleistung von mehr als 1.700 Megawatt. Zum einen, so Hermann Albers, Präsident des Bundesverbandes WindEnergie, hätten mehrere Bundesländer neue Flächen für Windräder ausgewiesen. Außerdem hätten viele Investoren Projekte wegen der Novelle des EEG, des Gesetzes zur Förderung erneuerbarer Energien, die am kommenden Freitag in Kraft treten wird, vorgezogen. Hinzu komme der technische Fortschritt:
    "Wir haben eine sehr, sehr erfreuliche, sehr deutliche technologische Entwicklung hin zu Binnenlandwindkraftanlagen, die es einfach in den vergangenen Jahren möglich gemacht haben, klassische Binnenländer, die Mitte Deutschlands und den Süden, heute wirtschaftlich zu erschließen."
    Mit deutlich höheren Windrädern und größeren Rotorblättern kann dort inzwischen in etwa die gleiche Leistung erzielt werden, wie mit kleineren Anlagen an der Küste. In Rheinland-Pfalz stieg der Zubau um mehr als neun, in Bayern um gut acht Prozent. Spitzenreiter ist aber Schleswig-Holstein. Dort wurden fast 160 neue Anlagen gebaut, das ist ein Plus von fast 26 Prozent. Erstaunlich dagegen die Situation im grün-rot regierten Baden-Württemberg. Nur ein Windrad wurde dort im ersten Halbjahr gebaut, obwohl das Land den Ausbau eigentlich deutlich forcieren will:
    "Was wir sehen ist, dass sehr viele Projekte dort vor Gericht liegen. In der Regel auf der Basis von Konflikten zwischen Naturschutz und Energiewende, erneuerbare Energien."
    Verunsicherung in der Branche durch Gesetzesnovellen
    Trotz der guten Zahlen: Ganz zufrieden ist die Branche nicht. Denn die Vorzieheffekte werden nach Einschätzung von Knud Rehfeldt, Geschäftsführer der Deutschen WindGuard, zu einem geringeren Ausbau im zweiten Halbjahr führen. Schuld daran seien auch die immer kürzeren Abstände zwischen den Gesetzesnovellen, die zu Verunsicherungen führten. So sei zum Beispiel die aktuelle Novelle noch gar nicht in Kraft, da werde schon die nächste angekündigt:
    "Diese Zeiträume passen überhaupt nicht mehr zusammen zu den eigentlichen Entwicklungszeiträumen von Windenergieprojekten. Das heißt also, die Projekte können sich gar nicht mehr auf die Rahmenbedingungen anpassen."
    Trotzdem räumt WindEnergie-Präsident Albers ein: Der Zubau wird in diesem und im kommenden Jahr wahrscheinlich über dem von der Bundesregierung vorgesehenen Ausbaudeckel von 2.500 Megawatt liegen:
    "Was dann nach sich zieht, dass ja ab dem 1. Januar 2016 es eine zusätzliche Degression geben wird, das heißt unter Umständen müssen wir davon ausgehen, dass die Vergütung ab 2016 deutlich stärker sinkt als es sozusagen bisher der Fall wäre."
    Ab 2017 soll die Vergütung dann nach dem Willen der Bundesregierung über Ausschreibungen ermittelt werden. Eine Vorgabe, die Albers sehr kritisch sieht:
    "Es ist sicherlich nicht richtig, dem Verbraucher zu sagen, mit Ausschreibungen wird alles ganz billig und das EEG ist immer zu hoch finanziert worden."
    Denn in vielen Ländern, in denen es Ausschreibungen gibt, lägen die Strompreise deutlich höher als in Deutschland, so Albers.