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Windmessung
Laseraugen für Windräder

Radar ist eine bekannte Technik, etwa um Entfernung zu messen. Ähnlich, nur nicht mit Radarstrahlen, sondern mit Laserlicht, funktioniert Lidar. Diese Methode wird schon in der Atmosphärenforschung eingesetzt, jetzt ist auch die Windenergiebranche auf den Geschmack gekommen. Denn Lidar kann helfen, Offshore-Parks rentabler zu machen.

Von Frank Grotelüschen | 20.05.2015
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    Das Offshore-Windenergie-Testfeld Alpha Ventus vor der Küste von Borkum. (dpa/picture alliance)
    Es weht eine steife Brise, und um sie zu vermessen, dreht sich wie wild ein Anemometer – so heißen jene weitverbreiteten Windmesser mit ihren kleinen Schaufelrädchen. Auch der Windenergiebranche haben sie bislang treue Dienste geleistet. Doch nun bekommen sie Konkurrenz, und zwar durch eine laserbasierte Technik.
    "Das ist sozusagen ein Auge, mit dem wir in den Wind kucken können." Lidar, so nennen Fachleute wie Martin Kühn von der Uni Oldenburg das Verfahren. Das Prinzip: Ein Laser schickt kurze Pulse in die Luft. Dort werden sie von Staubkörnchen und Feuchtigkeitströpfchen reflektiert, die Reflexe fängt ein Sensor wieder auf. Da sich nun Körnchen und Tröpfchen mit dem Wind bewegen, lassen sich Windstärke und -richtung aus dem Signal herauslesen. Der Vorteil der Methode: "Das ist ein Fernerkundungsverfahren. Wir können über große Abstände bis zu mehreren Kilometern messen. Wir brauchen keine hohen Messmasten aufzubauen, was gerade Offshore von großem Vorteil sein kann."
    Lidar liefert Wind-Landkarten
    Herkömmliche Anemometer können den Wind nur punktuell messen. Dagegen scannt Lidar große Flächen ab und liefert regelrechte Wind-Landkarten. An Land kommt die Technik bereits zum Einsatz. Neu dagegen ist sie für Offshore-Anlagen, für Windparks auf hoher See. Ein Pilotprojekt lief jüngst vor Borkum, im Offshore-Windpark Alpha Ventus, sagt Kühns Kollege Jörge Schneemann. "Wir haben drei Lidar-Systeme in Alpha Ventus installiert und haben dann mit dem Fokus gemessen, dass wir die Nachlaufströmungen von Windenergieanlagen erfassen wollten."
    Nachlaufströmungen entstehen, indem ein Rotor den Wind abschwächt und verwirbelt. In einem Windpark können diese Verwirbelungen die dahinter stehenden Anlagen stören - mit der Folge, dass die ihre Leistung nicht voll abrufen können. "Und das ist gerade in großen Offshore-Windparks, wo wir viele Reihen von Windenergieanlagen haben, ein sehr wichtiges und relevantes Thema."
    In zwei Messkampagnen haben die Forscher die Möglichkeiten der Lasertechnik ausgelotet. Das Resultat: "Das Verfahren ist auf jeden Fall brauchbar." Auf Basis der Laserdaten soll es nun möglich sein, die Abstände der Rotoren so zu wählen, dass die Verluste durch Nachlaufströmungen möglichst klein werden. Hilfreich dabei könnte die Entwicklung von Bernhard Lange vom Fraunhofer Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik in Bremerhaven sein. "Wir haben uns gedacht: Wenn man offshore den Wind messen will, macht man das am besten von einer schwimmenden Plattform aus. Das ist wesentlich günstiger und einfacher, als einen Messmast aufzustellen."
    Die Laserboje trotzt Wind und Wellen
    Also bauten die Forscher das Lasersystem kurzerhand in eine Boje ein. Nur: Eine Boje bewegt sich im Seegang, und das verfälscht die Messsignale. Deshalb mussten die Experten Algorithmen entwickeln, die das Auf und Ab aus dem Signal herausrechnen. Ein weiteres Problem: Auf hoher See herrschen raue Bedingungen, die Laserboje muss Wind und Wellen aushalten. Konnte der Prototyp denn schon einem richtigen Sturm trotzen? "Ja, den Sturm Niklas, den wir im Frühjahr hier hatten, hat die Boje überstanden. Da haben wir Messwerte über den ganzen Sturm. Und die werten wir gerade aus."
    Mit den Resultaten zeigt sich Lange zufrieden. Vergleichsmessungen mit einer fest installierten Lidar-Anlage hätten gezeigt, "dass man, obwohl sich die Boje bewegt, mit sehr guten Ergebnissen rechnen kann - als wenn man einen Messmast aufgestellt hätte. Im Vergleich zu einem Messmast sind die Kosten einer Boje um den Faktor fünf bis zehn niedriger. Das kann einige Millionen ausmachen."
    Seit Kurzem lässt sich die Boje sogar mieten, was vor allem für Planer neuer Offshore-Windparks interessant ist. Denn mithilfe der Laserdaten können sie genauer abschätzen, welchen Ertrag ein Standort verspricht und wie man die Windräder auslegen sollte. Gerade habe die Fraunhofer-Forscher eine zweite Boje gebaut. Und das, so Bernhard Lange, soll noch nicht das Ende sein. "Es wird sich ein Markt entwickeln, da gehen wir stark von aus. Und wir gehen davon aus, dass wir noch mehr Bojen bauen werden."