Freitag, 19. April 2024

Archiv


"Wir gehen davon aus, dass es ein lebensmittelübertragener Ausbruch ist"

Man sei inzwischen sehr sicher, dass Lebensmittel der Übertragungsweg für den hauptsächlich bei Kindern in Ostdeutschland aufgetretenen Brechdurchfall sei, sagt Prof. Gérard Krause, Leiter der Abteilung Infektionsepidemiologie am Robert-Koch-Institut in Berlin.

Gérard Krause im Gespräch mit Carsten Schroeder | 02.10.2012
    Carsten Schroeder: Rund 9.000 Kinder und Jugendliche sind seit Ende letzter Woche an einem rätselhaften Brechdurchfall erkrankt. Rätselhaft ist, dass diese Epidemie nur in Ostdeutschland auftritt, dass sie massenhaft auftritt und dass offensichtlich hauptsächlich Kinder betroffen sind. Unklar ist, wodurch der Brechdurchfall ausgelöst wurde. Es könnten Lebensmittel sein, die an Schulen und Kindertagesstätten geliefert wurden, es könnte aber auch ein Norovirus sein. Carsten Schroeder sprach mit Prof. Gérard Krause, Leiter der Abteilung Infektionsepidemiologie am Robert-Koch-Institut in Berlin. Guten Morgen, Herr Krause!

    Gérard Krause: Guten Morgen, Herr Schroeder!

    Schroeder: Ist denn der Scheitelpunkt dieser Epidemie jetzt erreicht oder rechnen Sie mit weiteren Krankheitsfällen?

    Krause: Wir nehmen eher an, dass er erreicht ist. Aber sicher können wir davon nicht ausgehen. Im Moment werden ja die vermuteten Quellen auch nicht beliefert, so dass im Moment erstmal nicht davon auszugehen ist, dass frische Fälle dazukommen.

    Schroeder: Als Herd oder als Quelle dieser Infektion vermutete man bislang entweder Lebensmittel oder Noroviren. Was ist der Stand der Erkenntnis bislang?

    Krause: Das ist kein Widerspruch. Das können sowohl Noroviren sein, die auch über Lebensmittel übertragen wurden. Wir gehen davon aus, dass es ein lebensmittelübertragener Ausbruch ist, das ist im Moment keine Frage. Da sind die Hinweise zu deutlich. Nur was wir nicht wissen, welches Agent, also welcher Erreger oder welches Toxin, diese Krankheit verursacht hat. Aber wir sind ziemlich sicher, dass Lebensmittel der Übertragungsweg waren.

    Schroeder: Was spricht denn dafür, dass es Lebensmittel waren oder sind?

    Krause: Nun, einfach die Tatsache, dass in fast alle bekannte Fälle mit Speisungen in Schulen und Kindergärten zusammenhängen. Dass es da auch Zusammenhängen mit den Lieferwegen gibt, die auf eine Firma hindeuten. Und das ist von daher eine sehr eindeutige Sachlage, dass das mit den Lebensmitteln zusammenhängt. Da haben wir eigentlich keine Zweifel. Es gibt auch keine Hinweise für in großem Maße stattfindende Mensch-zu-Mensch-Übertragungen. Das ist also eine Punktquelle, deswegen traten auch so viele Fälle gleichzeitig auf. Also da sind wir uns schon recht sicher. Die Frage ist trotzdem: Was war der Erreger? Welches Lebensmittel genau war es? Was hat zur Krankheit genau geführt?

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.

    Das vollständige Gespräch mit Gérard Krause können Sie mindestens bis zum 1.3.2013 als MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.