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"Wir machen Politik für die Menschen"

"Mir ist ein schwieriges Dreikönigstreffen lieber, in dem es Deutschland gut geht, als ein einfaches Dreikönigstreffen und Deutschland geht es schlecht", sagte FDP-Vorsitzender Guido Westerwelle angesichts der niedrigen Umfragewerte seiner Partei und den Rücktrittsforderungen an seine Person. Sabine Adler über die kämpferische Rede.

Sabine Adler im Gespräch mit Friedbert Meurer | 06.01.2011
    Friedbert Meurer: Im Staatstheater Stuttgart - da wollen wir noch einmal hingehen zum Ende der Sendung - trifft sich die FDP heute an Dreikönig vor festlicher Kulisse, eine Heerschau des deutschen Liberalismus, allerdings FDP-Chef Guido Westerwelle steht heftig unter Beschuss, hält seine Rede heute Mittag. Sabine Adler für uns vor Ort: Wie ist denn die Rede bisher angekommen?

    Sabine Adler: Na, er ist sehr kämpferisch und kriegt viel Applaus, und er erinnerte gleich zu Anfang daran, dass Dreikönigstreffen ja schon viel schwieriger seien, nämlich es hätte Treffen gegeben, da in Deutschland fünf Millionen Menschen ohne Arbeit gewesen seien oder die Wirtschaft unter einem Nullwachstum gelitten habe – das seien schwierige Umstände gewesen, aber doch nicht die in diesem Jahr, nur weil seine Partei Probleme habe.

    Guido Westerwelle:
    "Wir haben so wenig Arbeitslosigkeit wie seit der deutschen Einheit nicht mehr. Die Renten, sie können wieder steigen. Junge Menschen, sie haben wieder Einstiegschancen. Das sind also die schwierigen Umstände eines Dreikönigstreffens! Wofür machen wir eigentlich Politik? Wir machen Politik für die Menschen. Mir ist ein schwieriges Dreikönigstreffen lieber, in dem es Deutschland gut geht, als ein einfaches Dreikönigstreffen und Deutschland geht es schlecht."

    Adler: Ja, und selbstbewusst verwies Westerwelle auf die Erfolge, vor allem für die Wirtschaft in Deutschland. Er reklamierte sie nicht völlig, aber doch zumindest teilweise für seine Partei:

    Westerwelle:
    "Es gibt kein Land auf der Welt, das mit uns auch nur ansatzweise vergleichbar wäre und das so gut aus der Wirtschaftskrise herausgekommen ist. Ja, natürlich ist das zuerst die Leistung der Bürgerinnen und Bürger, aber man muss auch Leistungsbereitschaft sich entfalten lassen. Und das haben wir durch mehr Freiheit bewirkt, seitdem wir regieren. Es geht Deutschland heute besser als vor der Bundestagswahl, und ich spreche das aus, meine Damen und Herren."

    Adler: Also an Selbstbewusstsein mangelt es ihm nicht, und er forderte die Liberalen, seine Partei also, auf, doch Mut zu haben, Mut, schwere Zeiten durchzustehen. Maßstab der Meinungen dürften nicht Umfragen sein, sondern Werte.

    Westerwelle:
    "Es muss eine Partei in Deutschland geben, die ohne Wenn und Aber für Freiheit, so Verantwortung kämpft. Das ist in aller Konsequenz, bei allen Erfolgen in den letzten Jahren nicht genügend deutlich geworden. Das haben wir verstanden, das werden wir ändern. Aber gekämpft werden muss, weil Deutschland nicht Links überlassen werden darf, meine Damen und Herren."

    Adler: Na ja, und damit war es dann schon fast vorbei mit der Selbstkritik. Westerwelle machte lange Exkurse in die Geschichte, auch im Hinblick auf die FDP eben als Freiheitspartei. Er erinnerte daran, dass vor 50 Jahren die Mauer gebaut worden ist. Westerwelle zufolge könnte Deutschland für seine Erfolge noch viel mehr von anderen Ländern lernen.

    Westerwelle:
    "Ob in Lateinamerika, in Südafrika oder auch in Asien, eines verbindet die Aufsteigerländer: Das sind junge, dynamische Gesellschaften, für die drei Ziele zentral sind: Sie setzen auf eine wachsende Mittelschicht, sie investieren in Bildung und Ausbildung ihrer Jugend, und sie haben Lust auf Veränderung, weil sie in der Veränderung die Chance auf Verbesserung sehen."

    Adler: Also Westerwelle gab sich sehr, sehr – oder gibt sich immer noch, er redet ja noch – sehr kämpferisch. Vor allem aus Rheinland-Pfalz, aber auch aus Baden-Württemberg, wo er eben ja jetzt in diesem Moment ist, wird er Wahlkampfveranstaltungen durchführen, das hat er angekündigt. Er wurde genau aus diesen Ländern zum Rücktritt aufgefordert, er denkt natürlich überhaupt nicht daran, hat das Thema gar nicht berührt. Und er hat noch ja doch einigermaßen generös auf seine Gegner gegenüber reagiert. Die haben ein Transparent ausgerollt, "Stuttgart 21 stoppen, FDP tiefer legen" stand drauf, und er sagt: Bleibt doch hier, Jungs!

    Meurer: Ja, schönen Dank, Sabine Adler.