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Wir müssten miteinander reden

Nachlassende Kräfte, Krankheit, Sterben und Tod: Vielen fällt es unendlich schwer, am Lebensende über existenzielle Fragen zu reden. Dabei können intensive Gespräche trösten, befreien und versöhnen.

Eine Sendung von Judith Grümmer und Andreas Stopp (Moderation) | 16.09.2011
    Wenn Eltern alt werden, wenn Lebenspartner, Freunde unheilbar erkranken und wenn absehbar ist, dass das Leben so wie bisher nicht weitergehen kann, spätestens dann sollte es heißen: "Wir müssten miteinander reden." Jetzt! Doch nicht selten wird der richtige Zeitpunkt verpasst.

    Denn wer redet schon gerne über "Pflegeheim oder Zuhausebleiben" und "Wer pflegt und kümmert sich, wenn die Kräfte nachlassen" oder über den Letzten Willen.

    Es müsste doch möglich sein, beizeiten und ohne den Druck des nahenden Todes in Ruhe miteinander reden zu können. Zu einem Zeitpunkt, an dem noch alles "in Ordnung" ist.

    Schon lange bevor die letzte Lebensphase wirklich absehbar ist, gibt es heikle Themen, die von allen Seiten am liebsten umgangen werden: beispielsweise wenn Hörvermögen, Sehkraft oder Gedächtnis nachlassen und eigentlich über Fahrtüchtigkeit, Harninkontinenz oder Einsamkeit gesprochen werden sollte.

    Dabei stecken hinter vielen dieser nie stattfindenden Gespräche vor allem Angst, Verlust, Trauer, Gefühle, die man im Alltag gerne ausklammert. Aber auch (unausgesprochene) Liebe!

    Schwere Gespräche über die letzte Lebensphase schaffen nicht nur Klarheit, sondern auch Nähe. Diese fast intimen Gespräche bringen Erleichterung und Zuversicht – denn Unausgesprochenes belastet alle Beteiligten oftmals mehr als das, was auf den Tisch kommt.

    Tatsächlich liegt in den vermeintlichen inhaltsschweren Gesprächen über die letzte Lebensphase auch die Chance, endlich ohne Maske, ohne Ausflüchte und ohne Aufschub anzusprechen zu dürfen, was schon lange anstand. Vielleicht werden nun endlich alte Verwerfungen geglättet, Irrtümer geklärt, Geheimnisse gelüftet und Entschuldigungen ausgesprochen. Oder einfach nur gesagt: "Ich liebe dich. Danke, dass du bei mir bist."

    Diese intensiven, persönlichen Gespräche, so schwer sie zunächst auch fallen mögen, sind tröstend, befreiend, versöhnend und sogar heilend in dem Sinne, dass nun die letzte Lebensphase schmerzfreier für Körper und Seele erlebt und begleitet werden kann.

    Wir laden Sie ein, gemeinsam mit unseren Gästen in der "Lebenszeit" darüber nachzudenken, wie diese "schweren" Gespräche gelingen können und welche Themen wirklich wichtig sind.

    Wie können Familien, Lebensgefährten, Freunde den Weg zu tiefen, persönlichen Gesprächen finden, die alle dann sogar als Glücksmomente bereichern können?

    Gäste im Studio:
    - Gertrud Teusen,Kommunikationswissenschaftlerin, Journalistin und Buchautorin

    - Renate Hofer, Koordinatorin des Palliativ- und Hospiznetzes in Köln
    Homepage Deutscher Hospiz- und PalliativVerband e.V. (DHPV)

    - Gerda Graf, Geschäftsführerin eines Alten- und Pflegeheims in Niederzier

    Literatur:

    Gertrud Teusen:"Höchste Zeit, darüber zu sprechen! 30 heikle Fragen, die Sie Ihren alten Eltern schon lange stellen wollten"
    Kreuz-Verlag (vergriffen)

    Gertrud Teusen:"Da sein - nah sein. Wie wir unseren alten Eltern guttun können"
    Verlag Kreuz 2010

    Hilarion G. Petzold, Erika Horn, Lotti Müller: "Hochaltrigkeit. Herausforderung für persönliche Lebensführung und biopsychosoziale Arbeit"
    Herausgegeben: Integrative Modelle in Psychotherapie, Supervision und Beratung 2010
    VS Verlag

    Klaus Dörner: "Leben und sterben, wo ich hingehöre. Dritter Sozialraum und neues Hilfesystem"
    Edition Jakob van Hoddis
    2010 Paranus Verlag