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"Wir sind in der Bundesrepublik Vorreiterland"

Der CDU-Klimaexperten Klaus Lippold hat mehr internationale Anstrengungen beim Klimaschutz gefordert. Wichtig sei es, stärker das Gespräch mit den USA zu suchen. Auch fehle ein wirksamer und effizienter Technologietransfer in die so gannte Dritte Welt, kritisierte Lippold.

Moderation: Dirk Müller | 16.11.2006
    Dirk Müller: Mit den Zahlen geht das seit Jahren hin und her: 5,2 Prozent bis 2012, Minus 7,6 Prozent in den vergangenen drei Jahren, 25 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes, 300 bis 400 Millionen Euro für einen Fonds, Verschmutzungsrechte ab 2008 und so weiter und so weiter. Zahlen aus den Strategiepapieren der Umweltschützer, der Klimaforscher und auch der Regierungen. Es wird dauerhaft geredet über schmelzende Gletscher, über steigende Meeresspiegel, über schrumpfende Pole, über schlechtere Luft. Unter dem Strich jedoch bleibt: die Verschmutzung der Erde, der CO2-Ausstoß, nimmt von Minute zu Minute zu: nicht nur in den Entwicklungsländern, sondern gerade auch in den Industrieländern. Es wundert demnach nur noch wenige Experten, wenn auch die aktuelle Weltklimakonferenz in Nairobi keine wirklichen Fortschritte bringt, um die Umwelt besser zu schützen.
    Am Telefon sind wir nun verbunden mit dem CDU-Klimaexperten Klaus Lippold. Guten Morgen!

    Klaus Lippold: Einen schönen guten Morgen Herr Müller!

    Müller: Herr Lippold, ist Weltklimapolitik immer noch das Prinzip Hoffnung?

    Lippold: Wir sind mit dem Kyoto-Protokoll damals einen wenn auch nicht hinreichenden Schritt weitergekommen, aber man sollte es auch nicht klein reden. Wenn wir es vernünftig ergänzen können um weltweite Anstrengungen, wenn wir die USA, wenn wir Kanada mit andocken, aber auch wenn wir die Schwellenländer wie China und Indien mit ins Boot nehmen, haben wir durchaus eine Chance, die Schnelligkeit des Vorgehens zu erhöhen und wirklich bessere Schritte auf dem Weg zum Klimaschutz zu tun.

    Müller: Ist das, Herr Lippold, politisch und wirtschaftspolitisch völlig naiv, dass diese Staaten, die Sie gerade genannt haben, bereit sind, mit ins Boot zu kommen?

    Lippold: Ich glaube, dass man wesentlich stärkere Anstrengungen darauf verwenden muss, hier zu internationalen Vereinbarungen zu kommen, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Ich gehe davon aus, dass man wesentlich stärker zum Beispiel auch das Gespräch mit den USA suchen muss, um hier voranzukommen, und ich gehe davon aus, dass wir auch wesentlich mehr Anstrengungen unternehmen müssen, Technologietransfer in die Länder der Dritten Welt wirklich und effizient zu organisieren. Das fehlt! Und wir haben auch noch die eine oder andere Aufgabe zu Hause zu erledigen.

    Müller: Ist das denn auch für die Politik dann unter dem Strich eine ausgemachte Sache, dass die Verschmutzung, dass der CO2-Ausstoß auf jeden Fall in den nächsten Jahrzehnten extrem nach oben geht?

    Lippold: Ich bin davon überzeugt, wenn wir die Entwicklung, wie wir sie jetzt beobachten - sehen Sie insbesondere die Vorgehensweise Chinas -, einfach so laufen lassen, dass wir dann zu unvertretbaren was den Klimaschutz angeht Ergebnissen kommen werden und das muss verhindert werden. Ich glaube hier haben wir wirklich einen Auftrag und vielen ist noch nicht bewusst, dass Klimaschutz keine Frage von Umwelt alleine ist, sondern dass wir damit auch die Reserven an Energievorräten in der Welt schonen, was dringend notwendig ist, denn sie sind endlich und wir können viele Stoffe besser gebrauchen, als sie zur Energiegewinnung zu verbrennen.

    Müller: Schauen wir einmal konkret auf unser Land, Herr Lippold. Hat das die deutsche Industrie begriffen?

    Lippold: Die deutsche Industrie hat begriffen und wir sind in der Bundesrepublik, auch wenn einige das nicht wahr haben wollen, Vorreiterland. Wir haben viele Instrumente geprägt. Wir haben den Ausstieg aus den FCKWs vorangetrieben. Wir haben deutlich gemacht mit der Selbstverpflichtung, dass wir unsere Reduktionsverpflichtung ernst nehmen. Wir sind auf dem Gebiet durchaus führend und ich bin dafür, dass wir diese führende Rolle beibehalten, aber ich beachte natürlich auch, dass wir uns dadurch nicht aus dem internationalen Wettbewerb werfen dürfen, denn wir alleine in Deutschland können das Problem nicht lösen. Deshalb bestehe ich auf internationalen Lösungen und ich bestehe auch auf der Fortführung des Kyoto-Protokolls.

    Müller: Sie sind also davon überzeugt, Deutschland ist nach wie vor in der Vorreiterrolle. Bei den Kritikern ist das naturgemäß umstritten. Warum sind dann die Emissionswerte der deutschen Industrie gerade in den vergangenen zwei Jahren - das belegen jedenfalls die jüngsten Zahlen - wieder nach oben gegangen?

    Lippold: Ich gehe davon aus, dass ein Teil sicherlich der anspringenden Konjunktur zu verdanken ist. Darauf wird man Antworten finden können; darauf kann man Antworten finden. Ich glaube aber auch, dass wir in Deutschland eine Politik gemacht haben und machen, wie zum Beispiel mit der Energieeinsparung im Altgebäudebestand, die vorbildlich ist. Das bedeutet, ich setze auf Anreize und nicht auf Strafen. Deshalb halte ich auch die eine oder andere Diskussion in Kyoto nicht für richtig. Ich muss die Menschen anreizen. Unser CO2-Einsparprogramm im Altgebäudebestand läuft hervorragend, weil wir Anreize geben, nicht weil wir bestrafen. Und wir müssen uns natürlich in Deutschland auch von der Vorstellung trennen, dass Kernenergie nicht gebraucht werden sollte zur Bekämpfung des Klimaproblems.

    Müller: Herr Lippold das heißt also, die deutschen Unternehmen dürfen nach wie vor freiwillig entscheiden, ob sie etwas machen oder nicht?

    Lippold: Wir haben mit den Selbstverpflichtungen der Industrie, über die erneut gesprochen werden muss, die man fortschreiben muss, einen guten Anreiz gehabt. Das ist ein Weg, den man weitergehen muss, wenn ich sehe, dass wir mit zirka 19 Prozent Minderung international durchaus führend sind. Mit uns können lediglich noch Staaten wie England mithalten. Ich glaube dann ist das ein durchaus positives Zeichen, aber wir dürfen nicht nachlassen. Wir müssen den Technologietransfer in die Länder der Dritten Welt stärken. Wir müssen hier Anreizmechanismen finden, dies zu tun. Wir dürfen auch hier keine Bestrafungsmechanismen gebrauchen. Das sind Positionen, die man vertreten kann.

    Ich muss auch sehen, dass wir im weltweiten Maßstab neue Technologien einsetzen: Biogentechnologie zum Beispiel, graue Gentechnologie zur Bekämpfung des Energieverbrauchs. Das sind alles Positionen, wo man ideologische Hürden überwinden muss, und ich glaube das können wir tun.

    Müller: Der CDU-Klimaexperte Klaus Lippold war das. Vielen Dank für das Gespräch. -