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Wirtschaftsfaktor Klimawandel

Der Klimawandel läßt sich zwar lindern, aber nicht ganz vermeiden. Um rund 0,8 Grad Celsius hat sich die Erde seit Beginn des Industriezeitalters erwärmt. Dieser Trend dürfte sich in den nächsten Jahrzehnten fortsetzen. Auch die Wirtschaft muss sich darauf einstellen, nicht nur die Energiewirtschaft, sondern auch Bauplanung, Landwirtschaft und viele andere Branchen.

Von Michael Braun | 21.01.2013
    Die Freude am Fracking, das Herauspressen von Gas und Öl aus Schiefergestein, entmutigt die Klimaforscher nicht. Sie haben die Energiewende in Deutschland gesehen, die Umbrüche in Nordafrika, sie glauben daran, dass auch die neuen Öl- und Gasvorkommen die Klimapolitik nicht zurückwerfen werden. Klimawandel – Krisen als Chancen nutzen, das war deshalb vom Fracking ungerührt das Thema des Climate Sevice Centers auf seiner dritten Jahrestagung. Da im Auftrag der Bundesregierung gegründete Hamburger Forschungszentrum versteht sich als Brücke zwischen Forschung und Gesellschaft. Eins seiner Themen: Schon jetzt an die Klimasituation der Zukunft denken. Das, so Professor Volker Mosbrugger von der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, müssten vor allem Landwirtschaft und Stadtplaner jetzt schon von sich verlangen:

    "Die Städte sind heute schon die Regionen, wo sich die Temperaturextreme besonders deutlich machen. Wir kennen Städte als Wärmeinseln in der Region. Und das wird sich insgesamt noch stärker so entwickeln im Laufe des zu erwartenden Klimawandels. Das heißt, man muss bei Stadtplanung heute bereits sich überlegen, wie wird das Klima in Frankfurt, in Hamburg, in München in etwa 30, 40 Jahren sein und entsprechende neue Konzepte mit einbauen. Das heißt, insbesondere auch Grün in die Stadt zu bringen. Denn Wälder, Pflanzen sind letztlich immer Systeme, die Klimaextreme abschwächen."

    Auch die Medizin müsse sich darauf einstellen, dass Hitzetode ein sehr viel weiter verbreitetes Phänomen werden, dass neue Krankheiten durch neue Erreger entstehen werden.

    Dennoch laufen die Bemühungen nicht aus, den Klimawandel zu stoppen, mindestens zu bremsen. Professor Christian Berg, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft Club of Rome, mahnt an, allein in Deutschland jährlich 40 Milliarden Euro Subventionen abzubauen, die der Umwelt schadeten; das steuerfreie Kerosin der Fluggesellschaften etwa. Zudem müsse das Steuersystem umgebaut werden:

    "Langfristig brauchen wir eine Verlagerung des Steuersystems, dass wir weniger die Arbeit und mehr die Ressourcen, die Energie und auch die Flächeninanspruchnahme besteuern. Das geht nicht von heute auf morgen. Das muss langfristig und vor allem – für die Industrie sehr wichtig, für die Wirtschaft – erwartungssicher geschehen. Das heißt, dass man planen kann über einen sehr langen Zeitraum. Dann aber, glaube ich, dass die Wirtschaft sehr gut in der Lage ist, auch sehr flexibel zu reagieren und aus Knappheiten Innovationen zu produzieren."

    Berg, im Hauptberuf Umweltmanager beim Softwarekonzern SAP, glaubt, dass die Unternehmen mitmachen würden:

    "Im Bereich Transport und Logistik habe ich mit Unternehmensvertreten gesprochen, die mir sagten, CO2 ist für sie eine ‚zweite Währung’, einfach weil ich auf der Input- und auf der Outputseite spare, wenn ich den Energieverbrauch reduziere. Auf der anderen Seite gibt es sicherlich gerade in diesen Zeiten, wo wir über die Finanzkrise reden, die Schwierigkeit, dass man kurzfristig auch Wachstumsimpulse braucht, um Beschäftigung zu sichern, dass wir aber langfristig sagen: Das darf nicht auf Kosten der Umwelt geschehen."

    Hätte das Klima Ohren, es würde das gerne hören. Doch es gibt auch die Lobbyisten, etwa in der Luftfahrtindustrie, die nationale CO2-Abgaben kritisieren: Sie mögen der Umwelt nützen, schadeten aber der Wettbewerbsfähigkeit.