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Wirtschaftsnobelpreis für Jean Tirole
Vom Zähmen mächtiger Firmen

Der Franzose Jean Tirole erhält den diesjährigen Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften. Er wird für seine Analysen zur Macht der Märkte und der Regulierung ausgezeichnet.

13.10.2014
    Jean Tirole
    Jean Tirole brauchte nach dem Anruf "eine halbe Stunde Erholung" (dpa / picture-alliance / Stephen Jaffe)
    Das Komitee würdigte den an der Universität Toulouse tätigen Wirtschaftsprofessor als einen "der einflussreichsten Ökonomen unserer Zeit". Er habe insbesondere zum Verständnis beigetragen, wie Wirtschaftsbereiche mit wenigen dominanten Konzernen zu regulieren seien. "Der diesjährige Preis handelt vom Zähmen mächtiger Firmen", sagte der Ständige Sekretär der Wissenschaftsakademie, Staffan Normark.Tore Ellingsen vom Stockholmer Nobel-Komitee sagte: "Wenn es keinen richtigen Wettbewerb gibt - mit welchen Anreizen kann man es schaffen, trotzdem noch produktiv zu sein? Viele große Firmen missbrauchen ihre Dominanz, nur um mögliche Konkurrenten mit besseren Ideen von diesem Markt fernzuhalten. Jean Tirole hat genau über diese Fragen nachgedacht - intensiver als alle anderen Wissenschaftler vor ihm."
    Tirole berichtete, wie er die Nachricht seiner Frau und seiner Mutter überbrachte: "Sie ist 90 Jahre alt. Ich bat sie zuvor, sich hinzusetzen." Er selbst habe eine halbe Stunde gebraucht, um sich "von dem Anruf zu erholen". Zu Tiroles Arbeitsschwerpunkten gehören industrielle Organisation, Banken- und Finanzwesen sowie psychologische Aspekte der Wirtschaftswissenschaft. 2011 erhielt er die Ehrendoktorwürde von der Universität Mannheim.
    BREAKING NEWS: #nobelprize2014 in Economic Sciences to French Jean Tirole @UT1Capitole pic.twitter.com/nIPAU05eTo— The Nobel Prize (@NobelPrize) 13. Oktober 2014
    Die Vergabe an einen Forscher, der nicht aus den USA stammt, ist beim Wirtschafts-Nobelpreis eine Seltenheit. In den letzten zehn Jahren wurden neben Tirole nur zwei Mal Ökonomen anderer Nationalitäten ausgezeichnet: 2004 der Norweger Finn E. Kydland, 2010 der Brite Christopher A. Pissarides. Beide waren allerdings gemeinsam mit US-Forschern geehrt worden. Nach Angaben des Nobelkomitees ist der 61-Jährige nach Maurice Allais (1988) und Gérard Debreu (1983) der dritte Franzose, der den Preis erhält.
    Der Preis ist mit knapp 900.000 Euro dotiert. Im Gegensatz zu den Nobelpreisen geht er nicht direkt auf Alfred Nobel zurück, sondern wurde im Jahr 1968 von der Schwedischen Notenbank zur Erinnerung an Alfred Nobel gestiftet. Da er zusammen mit den Nobelpreisen verliehen, nach den gleichen Kriterien vergeben wird und zudem mit der gleichen Preissumme dotiert ist, wird er im allgemeinen Sprachgebrauch allerdings als Wirtschaftsnobelpreis bezeichnet.