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Warum Südosteuropa auf China setzt

Nicht nur amerikanische Großkonzerne interessieren sich für den osteuropäischen Markt, auch die chinesische Regierung will sich dort stärker engagieren. Mit Kreditzusagen in Höhe von zehn Milliarden Dollar hat die chinesische Regierung ihr neues Auslands-Engagement verpackt - Gelder, die hochwillkommen sind.

Von Ralf Borchard | 16.12.2014
    Die neue Brücke über die Donau am Rande der serbischen Hauptstadt Belgrad
    Die neue Brücke über die Donau am Rande der serbischen Hauptstadt Belgrad ist eine erste chinesische Großinvestition in die Infrastruktur der Region - weitere sollen folgen. (Picture Alliance / dpa / Thomas Brey)
    Li Keqiang wird in Belgrad der ganz große rote Teppich ausgerollt. Die Stadt hat sich herausgeputzt für den chinesischen Regierungschef. Zwischen dem Weihnachtsschmuck prangen überall chinesische Flaggen. Li Keqiang hat vorab eine besonders verlockende Zahl genannt: China wolle umgerechnet zehn Milliarden Dollar an günstigen Krediten in der Region Südosteuropa investieren, mit Serbien als Schlüsselland. Ivona Ladjevac vom Institut für internationale Politik und Wirtschaft in Belgrad betont:
    "Serbien ist momentan auf den Abschluss großer Infrastruktur-Projekte fokussiert. Im Mittelpunkt steht dabei der Bau der Eisenbahnstrecke zwischen Budapest und Belgrad mit der Weiterverbindung zum griechischen Hafen Piräus."
    Und der serbische Außenminister Ivica Dacic fügt hinzu:
    "Serbien ist von den beteiligten 16 Ländern fast das einzige Land, das bereits große Projekte mit chinesischer Beteiligung begonnen hat – die Erneuerung des Kohlekraftwerks Kostolac, die Brücke über die Donau in Belgrad, die wir bisher als 'chinesische' Brücke bezeichnet haben, auch wenn sie offiziell anders heißen wird - und die Autobahn durch Zentralserbien, die wir in Zusammenarbeit mit den Chinesen bauen."
    Auch in Montenegro hat das Parlament gerade grünes Licht für ein Autobahnteilstück mit chinesischer Finanzierung gegeben und in Mazedonien bauen chinesische Firmen bereits eine Autobahn, die die mazedonische Regierung als "die größte Investition in die Infrastruktur seit 50 Jahren" lobt.
    China versucht Wirtschaftsmacht auszubauen
    In den serbischen Medien wird betont, gerade jetzt dürfe man die "chinesische Chance" nicht verpassen. Denn von Russland sind Serbien und andere Länder der Region gerade enttäuscht worden, durch die Absage an die geplante Gas-Pipeline South Stream. Und von der EU, heißt es in serbische Kommentaren, gebe es bisher nur das Versprechen eines serbischen Beitritts - irgendwann in ferner Zukunft. Das kommt der chinesischen Strategie entgegen: Peking versucht weltweit, seine Wirtschaftsmacht auszubauen, und treibt mit seinen schier unbegrenzten finanziellen Ressourcen gerne Keile zwischen andere rivalisierende Länder – gerade auch in Europa.
    "Serbien ist sicherlich der größte Freund Chinas in Europa", sagt der serbische Außenminister Ivica Dacic und ergänzt: "Serbien kann China kein Partner auf Augenhöhe in Form von Größe, Bevölkerungszahl oder wirtschaftlicher Kraft sein. Aber wir sind sicherlich Chinas strategischer Partner, wenn es um ein gegenseitiges Gefühl der Nähe geht."
    Und die serbische Wirtschaftsexpertin Ivona Ladjevac betont:
    "Nach den Worten des chinesischen Premiers Li handelt es sich um ein wachsendes Interesse Chinas für den 'Westen Euro-Asiens'. Das ist interessant. Das, was wir als Südosteuropa bezeichnen, betrachten die Chinesen als den Westen Euro-Asiens. Das macht deutlich, warum sie sich sowohl strategisch als auch wirtschaftlich für diese Region interessieren."
    Der Gipfel von Belgrad steht also nicht nur für chinesisches Geld, mit dem in Südosteuropa Autobahnen, Brücken, Zugstrecken und Häfen ausgebaut werden – der Gipfel steht auch für politische Querschüsse aus Peking, auf die sich die Europäische Union neben Querschüssen aus Moskau einstellen muss.