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Wirtschaftssanktionen
"Das ist ein sehr deutlicher Schritt"

Auf dem EU-Gipfel in Brüssel war grade erst eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland beschlossen worden, die auch schon Wirkung auf den Aktienmarkt in Moskau hatte. Das war vor dem mutmaßlichen Abschuss der Passagiermaschine von Malaysian Airline. Jetzt wird die nächste Stufe der Strafmaßnahmen wahrscheinlicher.

Von Brigitte Scholtes | 18.07.2014
    US-Präsident Barack Obama
    Die Sanktionen der USA richten sich vor allem gegen staatsnahe Unternehmen. (dpa / Rainer Jensen)
    Die russische Wirtschaft gerät durch die Verschärfung der Sanktionen immer stärker unter Druck. Schon die kleineren punktuellen Sanktionen gegen einzelne Wirtschaftsführer hatten Einfluss auf die russische Währung. Doch nun wird auch die Europäische Union ihre Sanktionen verschärfen. So bestätigte Bundeskanzlerin Angela Merkel heute mittag, dass man eine neue Qualität der Strafmaßnahmen plane:
    "Jetzt erweitern wir die Listung auf "entities", also auch Unternehmen, und nicht nur die, die in einer engen Beziehung zur Krim stehen, sondern die auch in einer engen Beziehung zur Destabilisierung der Ukraine zum Beispiel stehen und einer Verletzung der territorialen Integrität des Landes über das Thema Krim hinaus. Das ist ein sehr deutlicher Schritt."
    Russische Wirtschaft unter Druck
    Diese Liste werde voraussichtlich beim nächsten Außenministertreffen der EU in einigen Tagen abgesegnet. Erst dann dürfte man auch wissen, welche Unternehmen betroffen sein werden. Zusammen mit den verschärften Sanktionen der USA gegen Russland dürfte das einen erheblichen Einfluss auf die russische Wirtschaft haben, glaubt Ulrich Leuchtmann, Volkswirt der Commerzbank:
    "Die Gefahr ist jetzt natürlich, dadurch dass der Konflikt eskaliert, dass der Westen weitere Sanktionen in diese Richtung beschließen würde, also weitere Sanktionen, die gesamtwirtschaftlich spürbar werden. Und das wäre natürlich gerade in der jetzigen Phase, in der Russlands Konjunktur eh nicht gut läuft, dann noch mal sehr relevant für Russland und könnte hier also den russischen Rubel weniger attraktiv machen, Anlagen in Russland insgesamt weniger attraktiv machen, weil dann die Gefahr einer Rezession sicherlich größer würde."
    Die Sanktionen der USA richten sich vor allem gegen staatsnahe Unternehmen: den Energiekonzern Rosneft etwa, acht staatliche Rüstungsfirmen oder die Gazprom-Bank. Diese Strafmaßnahmen dürften größeren Einfluss haben als die der EU, meint Leuchtmann:
    "Die Amerikaner haben in anderen Fällen gezeigt, dass sie ihre Sanktionen gegenüber anderen Ländern durchsetzen können über den Einfluss auf das Weltfinanzsystem quasi weltweit. Und deshalb ist letztendlich nicht relevant, was für Sanktionen die Westeuropäer beschließen. Dadurch, dass die Amerikaner über ihren Einfluss auf das Finanzsystem, Sanktionen, die sie beschließen, weltweit durchsetzen können, ist vor allen Dingen relevant, was die Amerikaner mit ihren Sanktionen vorhaben."
    Besorgniserregende Entwicklung
    Das liegt natürlich auch daran, dass die Handelsbeziehungen mit Russland auch die europäische Volkswirtschaft treffen, so natürlich auch die exportstarke deutsche Wirtschaft. Die Entwicklung sei besorgniserregend, meint Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg-Bank:
    "Zum anderen aber dürften die Spannungen in der Ukraine und dürften die jüngsten Ereignisse, der mögliche Abschuss eines Verkehrsflugzeugs, auch die allgemeine Stimmung der Verbraucher und Unternehmen bei uns etwas belasten. Auch das wird in unserer Konjunktur kurzfristig Spuren hinterlassen. Aber die deutsche Wirtschaft ist in einer ausgesprochen robusten Verfassung. Sie kann auch einen kurzen Rückschlag dieser Art gut wegstecken."