Dokumentarfilm "Fighter"

Über die Sehnsucht des modernen Mannes nach dem Wilden in sich

Der MMA-Kämpfer Fedor Emelianenko aus Russland während eines Kampfes.
Mixed Martial Arts-Kämpfer in einem Käfig. © dpa / picture-alliance / Mikhail Kireev/Sputnik
Susanne Binninger im Gespräch mit Max Oppel · 03.05.2017
Auf der Bühne betreiben die Kämpfer der Mixed Martial Arts den wohl männlichsten Sport der Welt. Doch hinter der Bühne herrsche durchaus auch Zärtlichkeit, hat die Regisseurin Susanne Binninger bei der Arbeit für ihren Dokumentarfilm "Fighter" herausgefunden.
"Blutboxer", brutale Schläger ohne Regeln - das ist das bekannte Bild von Kämpfern der Mixed Martial Arts. Die Regisseurin Susanne Binninger zeichnet in ihrem Dokumentarfilm "Fighter" (Kinostart 4.5.2017) ein ganz anderes Bild jenseits von Prügelklischees: Man sieht dort auch sanfte Männer, die trotz der Brutalität ihres Sports fürsorglich und fast zärtlich miteinander umgehen.
Binninger sprach im Deutschlandfunk Kultur über ihre Motivation für die Beschäftigung mit dem Thema und dem Männer-Typ "archaischer Kämpfer". Über Männerbilder habe sie schon in ihrem letzten Film "Reine Männersache" von 2011 nachgedacht:
"Mich interessieren Geschlechterrollen, mich interessieren männliche Stereotype, mich interessieren Rollenbilder. Und das war jetzt sozusagen eine Exkursion in eine völlig andere Richtung. Ich wollte mir anschauen, wo noch so ein extrem archaisches Männerbild vorherrscht und was das für Männer sind, die das vorleben. Ich wollte sozusagen auch in ihre Köpfe gucken."

Auf der Bühne sind die Männer anders als hinter der Bühne

Wie es dann in dieser Szene unter Männern tatsächlich zuging – das habe sie schon überrascht und auch gewisse Weise auch angezogen, erzählt Binninger. Schon bei den ersten Recherchen sei ihr klar geworden, dass es einen Riesenunterschied zwischen der Präsentation der Männer vor der Bühne und deren Verhalten hinter der Bühne gebe. Manches habe sich ins Gegenteil verkehrt:
"Dadurch, dass die Männer mit ihrem Körper agieren, haben sie auch einen sehr körperlichen Umgang miteinander. Sie können sich erlauben, zärtlich – wir lesen das als zärtlich, sie wahrscheinlich nicht – sein zu dürfen. Weil: Sie betreiben den sogenannten männlichsten Sport der Welt. Insofern können sie dann dort ausbrechen aus diesem Bild des starken Mannes."

Moderne Rollenentwürfe und das Wilde, Rohe im Mann

Diese Männer treibe eventuell die moderne Sehnsucht vieler Männer, die sich selbst als zu feminin empfinden würden, meint Binninger. Diese Erkenntnis habe sie bereits in ihrem letzten Film gewonnen:
"Ich habe mit sehr vielen Männern gesprochen, die den sogenannten modernen Rollenentwurf leben, also gute Väter sein, fürsorgliche Partner und so weiter. Und die oft gesagt haben, sie vermissen einen Teil von sich: nämlich das Wilde, das Rohe, das vielleicht Brutale, das körperliche Ausagierende. Und diesen Part der männlichen Identität, das leben natürlich die Kämpfer auf sehr extreme Art und Weise."
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