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Wirtschaftsunterricht an Schulen
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Wenn es um ökonomische Bildung geht, bieten Unternehmen und Verbände den Schulen in vielfältiger Formen ihre Hilfe an. Das reicht von Vorträgen bis hin zu kostenlosen Unterrichtsmaterialien. Doch es bleibt den Lehrern überlassen, diese auf fachliche Korrektheit und didaktische Qualitäten zu prüfen.

Von Stefan Maas | 29.04.2017
    Schüler sitzen im Unterricht an einer Berliner Schule
    Viele Schüler und Schülerinnen interessieren sich für Themen wie Wirtschaftsordnung oder Globalisierung. (Imago/ Gerhard Leber)
    "Der Bankenverband kümmert sich seit etwa 30 Jahren um das Thema ökonomische Bildung in den Schulen. Verbesserung der ökonomischen Bildung bei Schülerinnen und Schülern", sagt Anke Papke. Sie leitet beim Bundesverband deutscher Banken den Bereich Bildung und Wirtschaft.
    "Wir sind der Meinung, dass junge Leute ein solides Grundgerüst an solider Bildung brauchen, wenn sie die Schule verlassen, um sich in der Welt heute zurechtzufinden, um ihr Leben eigenverantwortlich in die Hand zu nehmen. Das ist für uns zunächst einmal ein Motiv, den Wirtschaftsunterricht an Schulen zu fördern."
    Denn, das zeigt die Jugendstudie des Bankenverbandes aus dem Jahr 2015, gut ein Drittel der Befragten Schülerinnen und Schüler interessieren sich stark oder sehr stark für Wirtschaftsthemen, die große Mehrheit, nämlich 81 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen wünschen sich demnach selbst mehr "Wirtschaft in der Schule". Deshalb, sagt Anke Papke, biete ihr Verband Unterrichtsmaterialien zum Thema Wirtschaft allgemein an, also zum Beispiel zu Wirtschaftsordnung oder zur Globalisierung.
    Materialien von Firmen genau prüfen
    "Das zweite ist, wir als Banken stellen natürlich auch noch einmal speziell Materialien zur Finanzbildung zur Verfügung. Da haben wir ein eigenes Portal im Internet eingerichtet, wo jeder Lehrer sich Arbeitsblätter herunterladen kann."
    Bettina Busse vom Verbraucherzentrale Bundesverband rät, solche Materialien, die von Firmen, Verbänden, aber auch von Nichtregierungsorganisationen zur Verfügung gestellt werden, grundsätzlich erst einmal genau zu prüfen.
    "Unterrichtsmaterialien werden wahrgenommen von den Nutzern, also von Lehrkräften, aber auch von Schülern und Eltern als, was im Schulbuch steht, das stimmt normalerweise, da kann man sich auf eine gewisse Qualität verlassen."
    Materialkompass der Verbraucherzentrale
    Das stimme manchmal, aber eben nicht immer. Die Verbraucherzentralen haben Unterrichtsmaterialien, die von Wirtschaft und Verbänden angeboten werden, überprüft und die Ergebnisse in ihrem Materialkompass online einsehbar gemacht. Fachliche Korrektheit, didaktische Qualitäten, angemessene Gestaltung würden bewertet, sagt Bettina Busse.
    "Aber ein ganz wichtiges Kriterium ist, Unterrichtsmaterialien müssen werbefrei sein, Werbung hat in der Schule nichts zu suchen. Und sie sollten die Themen, die sie darstellen, und gerade aktuelle, wichtige Themen neutral behandeln, verschiedene Standpunkte zeigen, zeigen, dass ein Zustand in der Welt auch veränderbar ist, das ist ein wichtiger Grundsatz."
    Werbung, das ist etwa das Firmenlogo auf jeder Seite. Aber es geht auch viel subtiler. Der Autokonzern, zum Beispiel, der in seinem Material zwar erwähnt, dass seine modernste Technologie zu weniger Umweltbelastung führt, aber nicht, dass auch ein besser ausgebauter öffentlicher Nahverkehr oder häufigeres Fahrradfahren hilft. Oder Versicherungsmakler, die an Schulen "ehrenamtlich" über Sparpläne, Darlehen, Inflation und Altersvorsorge aufklären.
    Lehrer sehen sich in der Pflicht
    Anke Papke vom Bankenverband kennt den Vorwurf der Einseitigkeit, der Manipulation.
    "Sie werden in keinem unserer Materialien Werbung finden, für keines unserer Produkte, noch für Banken, noch für die Branche. Wir haben uns da hohe Standards auferlegt und haben gesagt, bei uns kommt das nicht vor, bei uns geht es ausschließlich um die Vermittlung von Wissen."
    Die Materialien würden von Fachleuten erarbeitet und überprüft. Sie glaube, mit einer zentralen Stelle, die Unterrichtsmaterialien bewerte, hätte der Bankenverband zwar kein Problem, sagt Anke Papke, aber eigentlich sei sie nicht notwendig:
    "Ich glaube auch, dass es eine solche Stelle, die Materialien prüft, bereits gibt. Und diese Stelle sind die Lehrer."
    Eine repräsentative Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes vom vergangenen November zeigt, dass sich 72 Prozent der Befragten Lehrerinnen und Lehrer selbst in der Verantwortung sehen, Unterrichtsmaterialien zu prüfen, die von der Wirtschaft kommen. Genauso viele sagen allerdings auch, dass sie dafür eigentlich keine Zeit haben.
    Qualitätsprüfung zur Orientierung
    Man solle die Verantwortung nicht auf die Lehrer abwälzen, findet Bettina Busse. Eine zentrale Stelle, die alle Unterrichtsmaterialien prüfen und freigeben müsse, hält sie aber auch nicht für die Lösung.
    "Niemand will eine zentrale Zensurbehörde für Unterrichtsmaterialien einführen. Aber wenn für wichtige, vielgenutzte Materialien und Angebote so eine zentrale Qualitätsprüfung existiert, dann orientieren sich auch andere Anbieter daran."
    Und das führe, hat ihre Erfahrung gezeigt, oft zu einer deutlich besseren Qualität der Angebote.