Freitag, 19. April 2024

Archiv

Wissenschaftstourismus auf Sumatra
Schuften für den Tiger

Für rund 2.700 Euro gibt es bei dieser Reise vor allem Hitze, hohe Luftfeuchtigkeit und auch mal einen Blutegel: Dennoch ist diese Reise in den Dschungel Sumatras allen Teilnehmern eine Herzensangelegenheit, denn sie helfen mit, den Lebensraum des extrem gefährdeten Sumatra-Tigers zu erforschen.

Von Franz Lerchenmüller | 22.05.2016
    Ein Sumatra-Tiger, aufgenommen im Zoo von Frankfurt am Main.
    Ein Sumatra-Tiger, aufgenommen im Zoo von Frankfurt am Main. (picture alliance / dpa / Boris Roessler)
    Wedel, Dornen, Äste, Tentakel – seit drei Stunden quälen sich fünf Männer und Frauen zwischen 30 und 60 den steilen Dschungelhang hinauf. Febri, der indonesische Biologe, unermüdlich vorneweg, schlägt mit der Machete die hinderlichsten Ranken ab. Sie hangeln sich von Bäumchen zu Bäumchen, rutschen immer wieder auf schmierigen Blättern ab oder verheddern sich in einer der schlingenförmigen Lianen.
    Jetzt sind sie oben und haben gerade mal 300 Höhenmeter bewältigt. Allen läuft der Schweiß in Bächen über das Gesicht, alle dampfen sie in der Sonne, als wären sie eben einem Fluss entstiegen. Verstohlen sehen sie sich an. So brütend heiß, so kräftezehrend haben sie sich das Unternehmen Tigerforschung in Sumatra nicht vorgestellt. Auch nicht Matthias, der Architekt aus Hessen.
    "Das steile Aufsteigen, das ist bei der Hitze und der Luftfeuchtigkeit extrem belastend. Die Wege müssen freigehackt werden, das kostet auch Kraft, du musst dich mit dem Stock abstützen und wie so ein Affe den Hang hochhangeln. Du hast Lianen, manchmal sind sie wie Fußangeln, oder sie verfangen sich in deinem Rucksack und dann musst du wieder zurück und dich ausfädeln oder bleibst an Dornen hängen – das ist alles für uns Europäer sehr ungewohnt und sehr anstrengend."
    Auf seinem Hemdärmel breitet sich ein kleiner Blutfleck aus: Offenbar hat er einen der lästigen, aber harmlosen Blutegel nicht rechtzeitig entdeckt und weggespickt. Aber er und die anderen – sie haben es selbst so gewollt. Sie opfern ihren Urlaub und haben fast 2.700 Euro bezahlt, um mitarbeiten zu dürfen. Zwei Wochen lang leben sie in einem luftigen Haus des World Wildlife Fund am Subayang-Fluss in Sumatra, an der Grenze zum Rimbang Baling Schutzgebiet. Zwei Wochen lang sammeln sie Daten über den Lebensraum des Tigers und seiner Beutetiere. Biologe Matthias, der die Reise organisiert, hält die Arbeit der wissenschaftlichen Laien für enorm wichtig.
    Fußsoldaten für den sumatrischen Tiger
    "Wir sind die Fußsoldaten. Wir erledigen einfache Aufgaben: Kamerafallen aufstellen, SD-Karten in Kamerafallen wechseln, nach Spuren suchen, nach Losungen suchen, nach Beutetieren suchen. Und das Schöne an der Biologie ist: Es gibt keinen technischen Ersatz dafür. Man braucht wirklich Leute – denen kann man das innerhalb von zwei Tagen beibringen - , die dann ins Feld rausgehen, in kleinen Gruppen und ganz wertvolle Daten für den Wissenschaftler sammeln."
    Und diese Daten sollen am Ende in Vorschläge an die indonesische Regierung münden, welche Landschaftsteile besonders streng zu schützen sind - und wie.
    Das Gelände ist bergig, von tiefen Flusstälern zerschnitten und unwegsam. Nur deshalb blieb der Regenwald hier bisher erhalten und wurde nicht den Ölpalm-Plantagen geopfert, die schon weit über die Hälfte der Insel bedecken. Hier soll er angeblich noch zuhause sein, der Sumatra-Tiger, Panthera tigris Sumatrae, die kleinste aller Tigerarten. Er ist stark vom Aussterben bedroht – gibt es ihn eigentlich wirklich noch?
    "Hier auf Sumatra – na gut, die Schätzungen sind unterschiedlich, aber sagen wir, es gibt noch rund 300. Hier in dem Naturschutzgebiet, wo wir uns aufhalten, gibt es nach Schätzungen wieder 15, also fünf Prozent der gesamten Population in Indonesien."
    Seit 2004 untersucht der WWF den Bestand. Dazu haben die Forscher ganz Sumatra in zwei mal zwei Kilometer große Zellen aufgeteilt. Jeden Morgen fahren die Hobbyforscher mit dem Langboot den Subayang hinauf oder hinunter. Das Material haben sie schon am Vorabend zurechtgelegt: Karten, Kompass, GPS-Geräte. Kamera-Fallen, ein Schlangennotfallset. Dann geht es zu Fuß weiter in eines der Planquadrate – quer durch den Dschungel oder einen der zahlreichen Nebenflüsse hoch. Tessa, Designerin aus San Francisco, stört sich überhaupt nicht daran, bis auf die Knochen nass zu werden.
    "Wir waten in diesem Nebenfluss hoch und halten Ausschau nach Spuren und Anzeichen von Tigern und Beutetieren. Der Grund ist sandig mit ein paar Steinen. Das Wasser reicht uns bis zu den Knien und manchmal auch bis zur Hüfte – wir werden also ganz schön nass. Aber das ist eine nette Abkühlung, schließlich ist es richtig schwül heute. Gefährlich kommt mir da überhaupt nichts vor."
    Ganz gelassen stapft sie durch das Wasser und freut sich über Orchideenblüten am Ufer oder einen zehn Zentimeter langen, feuerroten Tausendfüßler.
    "Es ist wunderbar hier. Es ist was ganz Besonderes, an einem Ort zu sein, den bisher noch nicht viele Menschen betreten haben, schon gar nicht Menschen aus dem Westen. Das ist ein echtes Privileg. Ich bin froh, dass ich hier wissenschaftlich mitarbeiten kann. Denn ich liebe die Umwelt und ich bin sehr, sehr gerne draußen. Wir gehören alle zur Natur, und deshalb müssen wir uns auch um die Natur kümmern."
    Den ganzen Tag im Dschungel unterwegs
    Sieben, acht Stunden sind die Freiwilligen jeden Tag unterwegs. Sticht an einem Tag die Sonne gnadenlos, prasselt am anderen ein tropisches Trommelfeuer vom Himmel, als wäre die Sintflut ausgebrochen. Sie klettern über das Wurzelgewirr gestürzter Bäume und durch Felstunnel, in denen Hunderte von Fledermäusen aufflattern.
    Handtellergroße Schmetterlinge in Metallicblau gaukeln über Lichtungen, Ameisen ziehen in dichten Kolonnen an farbenfrohen Pilzen vorbei. Febri, der Biologe des WWF, der das Projekt leitet, ist das ganze Jahr in diesem Dschungel unterwegs. Er legt mit seinen Leuten allerdings ganz andere Entfernungen zurück.
    "Wir haben vier Teams zu je vier Leuten. Es dauert mindestens vier Tage, bis wir unser Forschungsgebiet erreichen."
    Unterwegs sind sie in Gummistiefeln. Zelt, Material und Verpflegung müssen sie schleppen. Der 75-Liter-Rucksack wiegt weit über 20 Kilogramm. Und was ist das Ergebnis dieser Schufterei? Konnten sie mit den Kamerafallen, die sie angebracht haben, tatsächlich schon Tiger fotografieren?
    "Ja, mehr als 50 Exemplare von 2004 bis 2013. Und im vergangenen Jahr haben wir drei hier im Schutzgebiet ausgemacht, und acht im Batabu-Nationalpark."
    Dann plötzlich ist es wieder mal soweit. Michael, Softwareentwickler aus Sidney, deutet auf den Boden.
    - Mike: "Schau mal hier, ich glaube, wir haben da ein paar Spuren."
    - Ronald: "Ja, sieht ganz so aus. Beno, was denkst du, was es ist."
    - Beno: "Tja, vermutlich ein Wildschwein, das an den Fluss zum Trinken kam."
    - Ronald: "Ja, ich glaube, hinten die Klauen, es ist wohl wirklich ein Wildschwein."
    - Mike: "Vermutlich ist es hier den Hügel runtergerannt, die Erde in den Abdrücken ist nach hinten ausgeworfen."
    - Beno: "Nein, es waren sogar zwei, und sie sind in verschiedene Richtungen gelaufen."
    Wildschweine sind Beutetiere des Tigers. Das heißt, ihr Vorkommen muss jetzt notiert werden.
    - Ronald: "So, dass muss in unser Formular, Tierpräsenz."
    - Mike: "Okay, ich mach das, Blatt Nummer 1, und wir sind im Planquadrat AB 130."
    - Ronald: "Die Art ist Wildschwein."
    - Mike: "Zwei steht für Spur, und Bemerkungen: Zwei Wildschweine."
    - Beno: "Dicht am Fluss."
    - Mike: "Und nahe bei einer Kautschukplantag."
    Es gibt eine ganze Reihe von Tieren, von denen der Tiger sich ernährt. Manuela, die in Bayern im Gesundheitswesen arbeitet, hat schon Spuren von einigen entdeckt.
    "Wildschweine, die hier sehr häufig sind. Rehe, große bis ganz kleine, die hier als Beute infrage kämen. Auch Affen, Makaken, eventuell die größeren Affen wie Gibbons oder Siamangs."
    Oft sind die Hobbyforscher Stunden unterwegs, ohne etwas Aufregendes zu sichten. Wird ihnen da nicht manchmal langweilig?
    "Nein, ich find es überhaupt gar nicht langweilig. Auch, wenn man meint, es gibt nichts zu sehen, es gibt immer was zu sehen. Ob es jetzt auf dem Boden ist, ob man einen Blutegel entdeckt, der gerade auf der Suche nach einem selber ist, oder ob es vielleicht doch ein Affe oben ist, der zufällig von Baum zu Baum springt, oder wie heute ein superschöner, riesiger Schmetterling – man muss einfach seine Augen offenhalten und man entdeckt viel."
    Wissenschaftliche Befunde werden festgehalten
    Die wissenschaftlichen Befunde sind vorerst eher rar: Ab und zu eine Hirschspur im Sand, die Kratzer eines Mailaienbärs an einem Baumstamm. Und von dem, um den sich alles dreht, dem Tiger, findet sich überhaupt kein Anzeichen. Ronald Seipold, der Expeditionsleiter, bewundert die Geduld seiner Mitarbeiter.
    "Es bedarf einer großen eigenen Motivation und mentalen Stärke, hinter diesen Spuren her zu sein und eigentlich Tag für Tag kein Ergebnis zu haben. Das Ganze ist mittel- und langfristig ausgerichtet und bedarf einfach Durchhaltevermögen, um letztendlich dann auch zu Ergebnissen zu kommen – wobei: auch nichts zu finden, ist ein Ergebnis."
    Matthias, der Biologe, hatte freilich schon von Beginn an keinen Zweifel gelassen: Die Wahrscheinlichkeit, einen Tiger zu Gesicht zu bekommen, sei wirklich minimal.
    "Also, die Chancen stehen bei ungefähr Null. Es geht nicht darum, die Viecher zu sehen. Es geht darum, den Lebensraum der Viecher zu erhalten. Wenn es ganz gut kommt, sehen wir Kamerafallenbilder von den Tieren. Oder wir lesen Losungen auf – das ist das schlaue Wort für Exkremente."
    Sicht von oben auf Palmölplantagen und Urwald.
    Die Palmölplantagen in Indonesien verdrängen den Urwald (imago/stock&people/Xinhua)
    Auch Interviews mit Vogelfängern, Fischern oder Markthändlern gehören zur Arbeit. In Tanjung Balit sind die Männer an diesem Tag in der Moschee. Die Frauen haben sich in einem Privathaus versammelt und lesen den Koran. Eine alte Dame versucht gerade, ihre Enkelin zu trösten, nimmt sich aber trotzdem Zeit, mit den Fremden zu reden.
    Nein, sagt sie, einen Tiger hätten sie in dieser Gegend noch nie zu Gesicht bekommen. Sie habe auch nie davon gehört, dass Ziegen von Tigern angefallen worden wären, wie es anderswo vorkommt. Vor vielen Jahren habe es hier wohl noch Tiger gegeben, ihr Großvater habe jedenfalls davon erzählt.
    Manuela lässt sich von solchen Nachrichten nicht entmutigen. Sie ist jeden Tag mit ganzem Herzen bei der Sache.
    "Da ich selbst nicht Biologe bin oder sonst wie im Naturschutz aktiv, mich aber sehr dafür interessiere, dass Wälder geschützt werden, war es für mich wichtig, irgendwann mal an so etwas teilzunehmen und selber mal helfen zu können. Wenn man zum Beispiel Spenden tätigt, weiß ja nie, ob es tatsächlich an das Projekt geht, wofür man gespendet hat. Und wo man jetzt teilnimmt, weiß man, okay, das Geld geht in dieses Projekt und unterstützt die Leute vor Ort und man kann selber etwas dafür tun."
    Auch Matthias bereut seinen Einsatz nicht. Auch, wenn das Leben in den Tropen doch erheblich anstrengender ist, als er erwartet hat.
    "Es ist viel heißer. Die Wege sind wesentlich schwieriger. Es trocknet nichts. Ich versuche seit drei Tagen, mein Hemd zu trocknen – also ich muss meinen Komfortanspruch deutlich reduzieren und kann halt den Hygienestandard in Europa nicht annähernd durchhalten und muss ein T-Shirt halt auch mal drei Tage tragen. Bin aber mit der Entscheidung, hierherzukommen, insgesamt sehr glücklich, da ich glaube, dass es auch, da wir die erste Gruppe sind, dem Projekt sehr viel bringt, jetzt die Erfahrung zu sammeln."
    Starke Herausforderung für die Teilnehmer
    Manuela dagegen wandert auch zuhause häufig in abgelegenen Regionen. Sie tut sich sehr viel leichter mit der neuen Herausforderung.
    "Mir macht das gar nichts aus, ehrlich gesagt. Ich habe keine Probleme mit Insekten oder sonst irgend so etwas – außer die Blutegel, die finde ich jetzt nicht so prickelnd. Mir macht es auch nichts aus, total dreckig zu werden, oder wie auch immer – ich bin recht überrascht, dass es doch ein relativ komfortables Basecamp ist, wo du ein bisschen Privatsphäre hast. Und wir haben Gott sei Dank die Dusche oben, das finde ich auch sehr, sehr angenehm."
    Auf dem Subayang, dem breiten Fluss, sind jeden Tag Boote unterwegs, die Flöße aus 40, 50 Stämmen hinter sich herziehen – illegal geschlagenes Holz. Wenn jede Woche allein hier ein paar Fußballfelder an Regenwald vernichtet werden – welchen Sinn macht dann die eigene, kleine Arbeit noch? Michael kommt immer wieder mal ins Grübeln.
    "Wenn du siehst, wie die Baumstämme im Fluss vorüberziehen, Hunderte jeden Tag, dann denkst du schon manchmal: Wenn die Indonesier sich nicht um ihre Umwelt kümmern, warum sollte ich mich dann extra anstrengen? Da fahre ich doch nach Hause und renoviere mein Haus mit indonesischem Tropenholz. Das ist die eine Möglichkeit. Wir könnten das Problem natürlich auch ganz einfach lösen, indem niemand mehr Tropenholz kauft. Aber das ist dann doch eher eine naive Vorstellung."
    Febri, der Tag für Tag mit diesen Zerstörungen konfrontiert wird, bereitet die Entwicklung großes Kopfzerbrechen.
    Illegale Abholzung des Regenwaldes auf Sumatra/Indonesien von November 2011.
    Illegale Abholzung des Regenwaldes auf Sumatra/Indonesien. (picture alliance / dpa / WWF-Indonesia )
    "Es ist einfach unglaublich, wie viele illegale Holzfäller und Wilderer im Schutzgebiet unterwegs sind – es ist schrecklich! Aber das liegt natürlich auch daran, dass es weltweit eine riesige Nachfrage nach Tropenholz und nach Tigerfellen und Tigerknochen gibt."
    Auch Matthias muss umdenken: Ganz so einfach ist die Sache mit dem Naturschutz auf Sumatra nicht.
    "Ich bin sehr ernüchtert, was meine romantische Vorstellung von der Rettung des Regenwaldes betrifft. Hier ist soviel menschlicher Eingriff. Und selbst in den Tiefen des Regenwalds, die wir betreten können, ist der Mensch allgegenwärtig. Die Flüsse sind voll von illegal geschlagenem Tropenholz – also, das lässt einen ein bisschen verzweifeln und zweifeln an der Mission, weil der Lebensraum der Tiere so schnell zerstört wird. Wohin sollen die ausweichen? Der Konflikt Mensch-Tier ist vorprogrammiert, und dann verliert das Tier."
    Lebensraum des Tigers ist gefährdet
    Steve, der in Hongkong eine Reise-Zeitschrift herausgibt, denkt über Alternativen nach: Wie kann man die Menschen in den Dörfern davon abbringen, Urwaldriesen zu fällen oder Tiere zu wildern?
    "Wenn wir ein paar Dollar in die Gegend bringen, vielleicht kriegen wir die Leute dann dazu, ihre Sichtweise zu ändern. Das dauert natürlich, aber ein einziger ausländischer Tourist bringt soviel Geld wie eine ganze Reihe einheimischer Besucher. Die Dörfer sollen schließlich nicht entvölkert werden, sondern lebendig bleiben. Wenn die Leute Gästehäuser öffnen, für Besucher kochen oder sie durch den Dschungel führen - vielleicht bietet Tourismus ihnen ja eine etwas nachhaltigere Wirtschaftsform."
    Bei aller Enttäuschung - Michael glaubt, dass die Arbeit des Teams trotzdem Sinn macht. Nur die Wissenschaft könne die entscheidenden Argumente für das Gespräch mit den Politikern liefern.
    "Der National-Park könnte erhalten bleiben, wenn genügend Druck auf die indonesische Regierung vorhanden ist. Und da kommen wir zum Punkt: Es sind die Daten. Man braucht verlässliche Daten. Und das heißt: schlichte Basisarbeit. Man braucht Leute wie uns, die aussschwärmen in den Dschungel und nach Spuren und Anzeichen von Tieren suchen. Ohne solche Daten kriegt man die Regierung nie dazu, dass sie sich darauf einlässt, dem Schutz der Tiere Vorrang einzuräumen."
    Febri ist, allen täglichen Enttäuschungen zum Trotz, Optimist geblieben. So schnell gibt er nicht auf.
    "Ich glaube, dass der Dschungel und die Tiger überleben. Denn wir haben einige Schutzprogramme und wir haben Unterstützung von außen. Wir brauchen aber noch mehr Hilfe, denn wir stehen gewaltigen Drohungen gegenüber – und dem großen Geld, das dahinter steckt. Naturschutz hat immer etwas von dem Kampf Davids gegen Goliath."
    Und auch Matthias hat die Hoffnung noch nicht verloren. Man muss einfach etwas tun, meint er.
    "Ich hoffe, dass wir langfristig das Bewusstsein der Bevölkerung ändern können. Von daher habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben, und glaube auch, kleine Schritte sind besser als gar keine Schritte. Sodass ich mir wünsche, dass mehr Leute herkommen und den Gedanken unterstützen."
    Vier Ranger für 1.360 Quadratkilometer
    Zwei Nationalpark-Ranger begleiten das Team drei Tage lang. Gerade mal vier Offizielle sind für das 1.360 Quadratkilometer große Schutzgebiet zuständig. Viel zu wenige, sagt Harahap, der ältere der beiden. Und es ist ein Job, der gefährlich werden kann.
    "Dörfler und Ranger stehen auf verschiedenen Seiten. Wir versuchen, Wald und Tiere zu schützen, sie wollen ihn nutzen. Seit 2008 haben wir 18 Holzfäller und Wilderer verhaftet und zehn Hektar illegale Kautschukplantagen zerstört. Das erzeugt Wut. Vor vier Jahren wurde ich in einem Dorf mit Waffengewalt festgehalten und erst nach acht Stunden von der Polizei befreit."
    Trotzdem wissen auch sie, dass die Menschen hier oft keine andere Wahl haben, als Bäume zu fällen und zu verkaufen, wollen sie ihre Familien durchbringen. Es gibt zu wenig Arbeit auf der Insel. Deshalb lassen sie manchmal Milde walten.
    "Den Leuten, die wir heute mit Holz getroffen haben, geben wir eine Verwarnung: Ich merke mir jetzt dein Gesicht, beim nächsten Mal bist du dran. Eine grundsätzliche Lösung für das Problem wissen wir nicht. Wir versuchen, den Leuten zu erklären, dass wir den Wald für die nächste Generation bewahren müssen. Aber die Menschen leben zum Teil vom Wald und haben keine andere Möglichkeit. Wir versuchen zumindest, das einigermaßen einzudämmen."
    Eindämmen, aufhalten, schützen, aufklären. Wie hatte Matthias, der Organisator, die Aufgabe der Naturschützer noch mal beschrieben?
    "Wir sind die Ambulanz. Wir sind die Ambulanz, die die Patienten solange am Leben erhalten, bis die Ärzte, das sind nämlich die Politiker, entscheiden, dass sie den Patienten retten möchten. Das sind größere Entscheidungen, die getroffen werden müssen. Wir tun, was wir können, um den Patient, ob das jetzt der Tiger ist, oder der Regenwald, am Leben zu erhalten, bis die großen Entscheidungen gefällt sind."
    Und so fahren die Freizeitforscher weiterhin jeden Tag hinaus und kehren spätnachmittags zurück. Sie heften die vollgeschriebenen Formulare ab, pflastern ihre Blasen zu und waschen Hemden und Socken. Andere genießen ein kühles Tiger-Bier und schärfen dabei ihre Machete.
    Am Ende des Tages berichten die Teams vom Verlauf ihrer Exkursion und der kommende wird geplant. Um halb zehn geht der Generator aus, die Lichter erlöschen. Schließlich heißt es, um sechs schon wieder aufzustehen. Die Ambulanz muss früh auf Posten sein.