Freitag, 29. März 2024

WM-Finale
"Alemanha, Alemanha"

Mühevoll gewinnt Deutschland das WM-Finale von Rio de Janeiro gegen Argentinien. In Sao Paulo fiebern tausende Brasilianer mit den Deutschen mit. Eindrücke vom Finaltag.

von Jonas Reese | 14.07.2014
    Brasilianische Fans in Sao Paulo feiern den deutschen WM-Titel
    Brasilianische Fans in Sao Paulo feiern den deutschen WM-Titel (picture alliance / EFE / Carlos Villalba Racines)
    Anders hätte es wohl auch nicht geklungen, wenn Brasilien gewonnen hätte. Rund 40.000 Menschen, fast ausschließlich Brasilianer, jubeln im Ausgehviertel Vila Madalana in Sao Paulo. Dicht an dicht stehen sie auf der schmalen Straße Rua Aspicuelta, gucken auf die Fernseher vor den zahlreichen Kneipen und feiern das 1:0 von Mario Götze. Das 1:0 für die Mannschaft, die das eigene Heim-Team mit 7:1 aus dem Wettbewerb befördert hatte.
    Doch die Halbfinal-Blamage ist jetzt vergessen. Jetzt drückt man Deutschland die Daumen. Nichts wäre schlimmer, als der Titel für Argentinien. Den Erzrivalen aus dem Nachbarland. "Ich unterstütze Deutschland, Argentinien ist unser direkter Rivale. Argentinien geht gar nicht. Das ist unser Konkurrent."
    Gabriel und Natalie haben beide ein Deutschlandtrikot an. Sie stehen in der Menge, aber achten nicht so wirklich auf den Spielverlauf. Ihre Shirts haben sie sich schon vor der WM gekauft. Eine gewisse Sympathie hatten sie da schon für die DFB-Elf empfunden. Wenn Deutschland den Titel holt, würde sie das mit der WM versöhnen, sagen sie.
    Kaum jemand trägt heute das brasilianische Nationaltrikot. An den sonstigen Spieltagen leuchtete die Straße nur so vor dem Kanariengelb der Selecao. Doch jetzt nach dem vierten Platz ist der Stolz dahin.
    Ortswechsel. Kein Einlass mehr. Eine halbe Stunde vor Spielbeginn. An der Eingangstür des Goethe-Instituts Sao Paulo steht ein kräftiger Türsteher und bittet die lange Schlange davor, sich zu gedulden. 400 bis 500 Menschen sind schon gekommen, um das Finale inmitten deutscher Anhänger zu gucken, sagt eine Institutsmitarbeiterin.
    Schwarz-Rot-Gold, wohin das Auge reicht. Für Currywurst und deutsches Bier muss man eine halbe Stunde anstehen. Während der WM hat das Goethe-Institut jedes Spiel live gezeigt und ein kulturelles Begleitprogramm veranstaltet. Die deutsche Community der Stadt hat sich hier regelmäßig getroffen.
    Größter Jubel bricht in der ersten Halbzeit dann aus, als der Schiedsrichter ein argentinisches Tor wegen Abseits nicht gibt. Zunächst war das Entsetzen groß. Die Erleichterung noch größer. Der einzige, der da nicht mitjubelt, ist Thiago. In seinem dunkelblauen Argentinien-Trikot fällt der 20-Jährige auf in all dem schwarz-rot-golden Farbenmeer. Dennoch steht er mitten in der Menge und hält sich an seinen zwei riesigen aufblasbaren Klatschhänden fest.
    "Ich bin hier, weil ich mich hier wohlfühle. Ich fühle mich hier willkommen. Es ist ein sehr familiäres Klima hier."
    Thiago ist eigentlich Brasilianer. Warum er dennoch für Argentinien halte?
    "Ich empfinde einfach keine Liebe und keine Emotion für Brasilien, sondern für Argentinien."
    Zurück auf der Partymeile in Vila Madalena. Die Brasilianer skandieren jetzt "Deutschland, Deutschland". Es ist kurz vor Schluss der Verlängerung. Die DFB-Elf führt 1:0. Die ersten Böller werden gezündet. Der Schiedsrichter solle endlich abpfeifen, fordert die Menge. Die ersten Schmähgesänge auf Argentinien werden angestimmt.
    Endlich ertönt der Schlusspfiff. Brasilien jubelt so, als wenn es selbst gewonnen hätte. Die folgende Siegerehrung geht im Samba unter. Auch die Pfiffe im Stadion gegen Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff.